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Kaffee zum Mitnehmen - Wenn der Ober Pause macht

  • Coffee to go in neun Filialbetrieben
  • Starbucks, Coffeeshop & Co
  • Teurer als im Kaffeehaus

"Coffee to go". Wieder so eine trendige Wortschöpfung aus dem Amerikanischen, für die es keine treffende Übersetzung ins Deutsche gibt. "Kaffee über die Gasse" hätte man früher vielleicht dazu gesagt, aber das würde heute auch nicht mehr jeder verstehen. Es handelt sich um die immer stärker werdende Konkurrenz zu den guten alten Kaffeehäusern. Während man in letzteren den ganzen Nachmittag bei einer Schale Melange verbringen konnte, sind das Selbstbedienungslokale, wo man den Kaffee rasch hinunterkippt oder ihn überhaupt im Plastikbecher mitnimmt.

"Coffee to go"-Betriebe im Test

Nur jene Betriebe haben wir für diesen Test ausgewählt, in denen die Möglichkeit geboten wird, den Kaffee (in einem verschlossenen Becher) mitzunehmen. Das gibt’s schon seit geraumer Zeit bei der bereits etablierten Stehcafé-Kette Tchibo oder in Bäckerei-Ketten wie Anker oder Mann. Doch erst mit dem Auftreten der US-Kette Starbucks in Europa wurde die gängige Praxis zu einem (medial entsprechend aufbereiteten) Trend. Andere Anbieter, die den Amerikanern nicht das Feld überlassen wollten, haben frühzeitig darauf reagiert.

So hat der Wiener Neustädter Kaffeemaschinenhersteller Schärf bereits im Jahr 1999 die erste Filiale seiner Coffeeshop Company in Wien eröffnet. Der Schweizer Gastronomiekonzern Mövenpick hat neben seinen Autobahn-Restaurants vorerst eine Cliccadou-Filiale in der Wiener City laufen. Eingesessene Stehcafé-Betreiber reagierten mit Marketing-Maßnahmen auf die US-Expansion. Mit "Melange to go" versucht etwa der Großbäcker Mann, dem "Coffee to go"-Konzept eine wienerische Note zu verleihen.

Neue Käuferschichten

Anfängliche Befürchtungen, die Stehcafé-Ketten könnten der Altwiener Kaffeehaus-Tradition den Garaus machen, haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Kaffee zum Mitnehmen spricht neue Käuferschichten an. Und die Hochpreispolitik von Starbucks hat verhindert, dass es zu einem Preiskampf kommt, eher im Gegenteil. Die Kaffeehauspreise liegen immer noch unter denen von Starbucks. So kostet ein Caffè Latte (Espresso mit Milch) oder die hierzulande gebräuchlichere Melange in einem gediegenen Wiener Kaffeehaus kaum mehr als 2,80 Euro. Bedienung und das obligate Glas Wasser inklusive. Bei Starbucks ist dieser Kaffee selbst als Mitnahmeartikel nur um 2,90 Euro zu haben.

Melange: beliebtestes Kaffeegetränk

Da es sich beim Caffè Latte (bzw. der Melange) Branchenangaben zufolge um das beliebteste Kaffeegetränk handelt, haben wir es für unseren Vergleich ausgewählt. Von neun Anbietern von Mitnahme-Kaffee im Raum Wien wurden mehrere Filialen (ob in Einkaufszentren, auf Bahnhöfen oder in der Innenstadt) mit einbezogen. Österreichweit präsent sind derzeit nur drei Ketten, die Kaffee zum Mitnehmen anbieten: Tchibo, McDonald’s und Anker. Weitere werden folgen. Denn nicht nur bei Starbucks werden eifrig Expansionspläne (heuer noch Linz, Salzburg und Innsbruck) gewälzt.

Preisliche Situation

Um gleich beim Preis zu bleiben: Der Milchkaffee kostet beim Newcomer aus den USA mit den erwähnten 2,90 Euro mehr als doppelt so viel wie bei Mann. Auch bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Füllmenge ist die US-Kette deutlich teurer. Einen Preisnachlass für treue Kunden (in Form eines Sammelpasses) bieten vier Ketten: Coffeeshop Company, Starbucks, Tchibo und Mann. Es wird aber eher selten darauf hingewiesen.

Teurere Produkte: besser

Das Testergebnis spricht jedenfalls für die Hochpreisprodukte: In Geruch und Geschmack wurden nur solche Kaffees mit "sehr gut" ausgezeichnet, die über 2 Euro kosten. Am wenigsten konnte der Kaffee in den Anker-Backstuben die Gaumen der Tester überzeugen (nur "durchschnittlich").

Becher

Die Becher haben im Großen und Ganzen ihre Funktion erfüllt. Nur bei Mann wurde die schlechte Verschließbarkeit des Styroporbechers bemängelt. Die Verpackungen hielten den Kaffee ausreichend warm, und mehr als das: Sehr oft verbrannten sich unsere Tester die Zunge. Bei McDonald’s wurde fast jede zweite Probe als zu heiß klassifiziert (11 von 25).

Schnelligkeit bzw. Wartezeiten

Schnelligkeit sollte in dieser Branche doppelt zählen. Dennoch sind Wartezeiten von fünf Minuten und mehr keine Seltenheit. Am meisten wurden die Nerven unserer Tester bei McDonald’s strapaziert: Der Spitzenwert wurde am Standort Singerstraße mit 17 Minuten gemessen. Natürlich ist die Wartezeit in Relation zum Publikumsandrang zu sehen. Aber auch im Hinblick auf unnötige Wartezeiten schneidet der Hamburger-Konzern am schlechtesten ab. Auch das zweigeteilte System von Starbucks – einer nimmt die Bestellung auf, ein zweiter bereitet das Getränk zu – bewirkt nicht gerade eine Verkürzung der Wartezeit. Am ehesten entsprechen Coffeeshop Company, Nescafé Bar und Mann.

Auch Atmosphäre zählt

Wie’s in den Lokalen aussieht, mag vielleicht den Laufkunden (durchaus wörtlich zu nehmen) egal sein, doch viele Leute möchten zumindest für ein paar Minuten im Shop verweilen. Da sind die neuen Coffeeshop-Ketten mit ihrer Detailverliebtheit den älteren Anbietern, wo die Funktionalität dominiert, überlegen. So bieten die Neuen die Möglichkeit, sich neben Milch und Zucker den Kaffee auch noch mit anderen Zutaten zu verfeinern: mit Kakaopulver, Zimt, Muskatnuss oder auch fettreduzierter Milch. Am schlechtesten wurden die Bedingungen der Nescafé Bar am Wiener Westbahnhof eingestuft, der Charme eines Bahnhofslokals ist nicht zu leugnen.

Bereiche für Nichtraucher

Wie steht’s mit Nichtraucherzonen? Die US-Ketten sowie die Bäckereien Mann und Anker ersparen sich den Aufwand, denn dort darf generell nicht geraucht werden. Die meisten anderen verfügen über Nichtraucherzonen; wobei in kleineren Lokalen die Abgrenzung zu den Rauchern nicht immer ausreichend ist. Darunter leiden vor allem die Tchibo-Standorte, wo es (bedingt durch den Platzmangel) oft nur einen oder zwei Nichtrauchertische gibt, die von den Rauchertischen nicht getrennt sind.

Fazit

Alles in allem haben die beiden direkten Rivalen Coffeeshop Company und Starbucks am besten abgeschnitten. Der Abstand zum breiten Mittelfeld ist recht deutlich. Dass die Bäckerbetriebe Mann und Anker das Schlusslicht bilden, liegt nicht daran, dass die kleinen Geschäftslokale zwangsläufig mit den großzügig ausgestatteten Coffeeshops nicht mithalten könnten. Entscheidend für ihr Abschneiden ist die Bewertung des Kaffees gewesen – und da haben sie die gleichen Startbedingungen wie alle anderen auch. Letztlich muss sich jeder sein Urteil selbst bilden – es soll ja immer noch Leute geben, die es grundsätzlich ablehnen, Kaffee aus einem Wegwerfbecher zu trinken…

Große Worte. "Wir sind uns bewusst, dass wir jeden Tag unser Unternehmen auf eine Weise führen müssen, die Ihre Bewunderung und Ihr Vertrauen verdient." (aus dem Sozialbericht 1991 von Starbucks).

Mit dem Auftritt des rührigen US-Konzerns Starbucks ist das soziale und ökologische Verantwortungsbewusstsein der Coffeeshops ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Ähnlich aktiv ist auch die Fastfood-Kette McDonald’s. Mit großem Aufwand wird versucht, das ethisch korrekte Verhalten des Konzerns unter Beweis zu stellen: Sozialberichte werden veröffentlicht, Sozialprojekte finanziell unterstützt...

Kleinere im Hintertreffen. Andere Anbieter fallen im Vergleich zu den beiden US-Platzhirschen deutlich ab. Selbst größere Europa-Konzerne können da nicht mithalten. Die meisten Mitbewerber haben sich mit der unternehmerischen Verantwortung in gesellschaftlichen Belangen noch nicht auseinandergesetzt; auf ihren Websites findet das Thema keine Erwähnung (was natürlich auch mit der unterschiedlichen Finanzkraft der Unternehmen begründet werden kann).

Fair und öko die Ausnahme. Starbucks ist die einzige der von uns untersuchten Kaffeehaus-Ketten, die auch fair gehandelten Kaffee anbietet (den Kaffeebauern werden ein Mindestpreis und die Einhaltung sozialer Mindeststandards garantiert). Kaffee mit dem Fair-Trade-Logo wird in den Starbucks-Filialen allerdings nur abgepackt verkauft, zum Trinken bekommt man ihn allenfalls bei speziellen Aktionen. Doch selbst in diesem Nebengeschäft ist die Fair-Trade-Sorte nur eine von 17 Kaffeesorten im Angebot.

Auch biologischer Kaffee fristet in den Coffeeshops ein Schattendasein. Immerhin gibt es hier neben Starbucks einen zweiten Anbieter: Heissenberger, der kleine Mitkonkurrent mit dem Stammhaus in Graz, hat ebenfalls Öko-Kaffee in seinem Sortiment.

Kluft zur Praxis. Die praktische Umsetzung von Unternehmensethik ist selbst bei den lautstarken Weltkonzernen noch nicht sehr weit gediehen. Das gilt auch im Verhältnis zu den eigenen Arbeitnehmern. Gewerkschaftliche Vertretung im Betrieb? "Wir kommen ohne das aus. Ich bin der, der entscheidet" (Starbucks Österreich-Chef Franz Holzschuh). Da sind eher jene Unternehmen im Vorteil, die mit der in Europa üblichen Form der Konfliktbewältigung vertraut sind. "Wenn im Unternehmen was nicht passt, muss man darüber reden. Das ist kein Problem" (Harald Sükar, Geschäftsführer Mann-Backwaren). Auch McDonald’s Österreich hat sich längst an diese Gepflogenheiten gewöhnt und steht laut eigenen Angaben "in gutem Einvernehmen mit der Gewerkschaft".

Zuletzt noch ein Tipp: Fragen Sie als Coffeeshop-Kunde, warum es in dieser Filiale keinen Fair-Trade- oder Bio-Kaffee gibt. Es sollte zur Selbstverständlichkeit werden.

Ankerbrot AG, Absberggasse 35A, A-1101 Wien, (01) 601 23-200

Cliccadou Coffee Shop, Kärntner Straße 20, A-1010 Wien,( 01) 513 43 94

Coffeeshop Company: Schärf Coffeeshop GmbH & Co KG, Dr. Alexander Schärf Straße 2, A-2700 Wiener Neustadt, (02622) 24 210

Der Mann: Ludwig Mann Bäckerei KG, Perchtoldsdorfer Straße 25, A-1230 Wien, (01) 866 99-0

Heissenberger: H & H Tee und Kaffee Import GmbH & Co, Hauptplatz 6, A-8010 Graz,( 0316) 82 26 55

McDonald´s Österreich, Campus 21, Liebermannstr. A01601, A-2345 Brunn am Gebirge, (02236) 3070-0

Nescafé Bar: Nestlé Österreich GesmbH, Emil-Kralik-Gasse 6, A-1050 Wien, (01) 546 71-0

Starbucks: Austrian Star Gastronomie GmbH, Arestower, Donau-City-Straße 11, A-1220 Wien, (01) 263 89 39-0

Tchibo Struppe Karl GesmbH, Gadnergasse 71, A-1110 Wien, (01) 766 22-0

  • Trendig und teuer. Kaffee im Wegwerfbecher ist keine billige Alternative zum Kaffeehaus. Es gilt als neue, zeitgemäße Form des schnellen Genusses und ist daher entsprechend teuer. Ein Milchkaffee kostet bis zu 2,90 Euro.
  • Starbucks schlägt McDonald’s. Die Kaffeehaus-Kette aus den USA lässt den etablierten Fleischlaberl-Konzern McDonald’s im Vergleichstest alt aussehen. Noch besser schlägt sich allerdings die Coffeeshop Company mit Stammsitz in Wiener Neustadt.
  • Lange Wartezeiten. Eilig darf es auch der schnelle Genießer nicht haben. 5 Minuten Wartezeit sind nicht selten, im Extremfall waren es gezählte 17 Minuten – im Kaffeehaus nebenan wäre es vermutlich schneller gegangen.

Getestet wurden 9 Anbieter von Kaffee zum Mitnehmen (coffee to go). 5 zielgruppenadäquate Testpersonen (unter 35 Jahren) bewerteten jeweils 5 Filialen, ausgenommen Fälle, wo es nur einen Standort gibt. Neben der Verkostung des Kaffees (Caffè Latte oder Melange) wurden Handhabung des Bechers, Bedienung und Wartezeit bewertet; weiters Ausstattung und Hygiene des Lokals. (Andere Produkte – Backwaren, Textilien, Geräte u.a. – wurden nicht bewertet.) Der Gesamteindruck wurde für die jeweilige Filiale sowie nach Abschluss des Tests für das gesamte Unternehmen (im Vergleich zu den anderen Anbietern) bewertet.

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