Wachau: Marillen am Straßenrand
Es ist schwer, über Marillenmarmelade zu schreiben, ohne dass einem dabei der Mund wässrig wird und Erinnerungen aufsteigen: Damals in der Wachau, als die Bauern gerade bei der Ernte waren und die reifen Marillen am Straßenrand verkauften … dieser wunderbare Geschmack! Die Heimfahrt artete in ein Marillenessen am Steuer aus, wobei in regelmäßigen Abständen der Seufzer „Wenn ich nur aufhören könnt’“ zu hören war.
Halbreif vom Baum gerissen
So, bevor der Speichel auf die Tastatur zu tropfen beginnt, muss eine Appetitbremse her. Wir stellen uns zu diesem Zweck eine durchschnittliche Supermarkt-Marille vor. Sie wurde irgendwo im Süden halbreif vom Baum gerissen und erlitt dabei einen Schock, weshalb sie ziemlich blass ist. Außerdem ist ihr auf der langen Reise der Geschmack vergangen. Das arme Ding muss in Zucker ertränkt werden, damit es brauchbar wird, und diesem Produkt geschieht ganz recht, dass es sich nur Konfitüre nennen darf.
Woher kommt die Ware?
Im Kampf um die Sprache sind wir der EU übrigens nichts schuldig
geblieben. Für jedes Verbot, „Marmelade“ auf die Gläser zu schreiben, haben wir
mit einem herzhaften „Bürokratenschädeln!“ zurückgeschossen.
Was
uns die Konfitüre leider schuldig bleibt, ist die Herkunft ihrer Marillen. Das
stimmt misstrauisch und erinnert an folgende zufällig erlebte
Marmelade-Geschichte:
Sevilla : Orangen am Straßenrand
Besuch in Sevilla. An vielen Straßenrändern stehen
Orangenbäume, deren Früchte von Staub und Abgasen fast schwarz sind. Frage: Was
geschieht mit diesen Orangen? Antwort: „Die verkaufen wir an die Engländer, für
Marmelade, denn die Engländer fressen alles!“
Jahre später in einem
österreichischen Supermarkt. Im Regal steht „Sevilla Orange Marmelade“,
hergestellt in England. Und zufällig ziemlich dunkel in der Farbe …
Möge so etwas der Marillenmarmelade nie passieren. Sie hat
es geschmacklich auch so oft schwer genug.