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Bekleidung: Fast Fashion - Kleiderständer mit Kleidungsstücken darauf und davor am Boden liegend
Bekleidung: Fast Fashion - billige und schnelle Produktion; Wer bleibt dabei auf der Strecke? Bild: Sundry Photography/Shutterstock.com

Bekleidung: Fast Fashion - So teuer kommt uns billige Mode

Kleidung wird immer billiger produziert und immer schneller konsumiert. Die Verlierer dabei sind die Arbeitskräfte in den Herstellerländern und die Umwelt.

Samstagnachmittag in einem typischen österreichischen Einkaufszentrum: Ein Modegeschäft reiht sich an das nächste, SALE-Ankündigungen verführen zum Einkauf. Vor den Umkleidekabinen stehen vor allem junge Menschen Schlange. Fast Fashion – das ist Mode, die immer billiger produziert wird und in immer kürzer werdenden Abständen ihren Weg in die Geschäfte findet. Einer McKinsey-Studie aus dem Jahr 2017 zufolge bringen große Textilunternehmen wie Zara, H&M und Primark jedes Jahr bis zu 24 Kollektionen auf den Markt. „Mode, die keiner braucht, die aber jeder haben soll“, umschreibt Alf-Tobias Zahn, Koautor des Buches „Einfach Anziehend“, diesen Trend.

In den Jahren 2000 bis 2016 hat sich die Menge der Textilproduktion weltweit verdoppelt – 2014 durchbrach sie die Schwelle von jährlich 100 Milliarden hergestellten Kleidungsstücken. „Die Bekleidungsindustrie erwartet, ihre Produktion bis 2030 noch einmal um 62 Prozent steigern zu können“, so Zahn weiter. „2030 wird die Weltbevölkerung dann jedes Jahr 102 Millionen Tonnen Kleidungsstücke konsumieren.“

Mode für den Müll

Jeder Deutsche kauft rund 60 neue Kleidungsstücke im Jahr. Für Österreich gibt es keine genauen Zahlen, jedoch wird das Einkaufsverhalten ähnlich eingeschätzt. Immer öfter wird online bestellt – und die Ware bei Nicht-Gefallen einfach retourniert, was zusätzliche CO2-Emissionen verursacht. „Nirgendwo wird so viel online gekauft wie bei Textilien und Büchern“, weiß Gertrude Klaffenböck von der Clean-Clothes-Kampagne.

FAST FASHION

Bis zu 40 Prozent der gekauften Kleidung werden laut einer Greenpeace-Studie nur wenige Male getragen – oder gar nicht. Ein großer Teil landet in Altkleidercontainern; das Altkleideraufkommen in Österreich wird auf etwa 80.000 Tonnen jährlich geschätzt. Bei den Herstellern landet vieles im Müll, auch in großem Stil: 2017 wurde der schwedische Textilriese H&M beim Verbrennen von unverkäuflicher Ware erwischt. „H&M stellt da keine Ausnahme dar“, sagt Alf-Tobias Zahn. „Ladenhüter zu vernichten ist nicht nur unter Textildiskontern üblich, sondern auch bei Edelmarken wie Burberry.“

Ausbeuterische Bedingungen, Mikroplastik und Pestizide

Ausbeuterische Bedingungen

Um die Mode möglichst billig produzieren zu können, schuften Arbeiter in den Herstellerländern bis zum Umfallen: 90 Prozent unserer Kleidung werden in China, Bangladesch und Indien unter ausbeuterischen Bedingungen hergestellt. Die Näherinnen stehen unter enormem Zeit- und Leistungsdruck, Arbeitsrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Auch in südosteuropäischen Ländern wie der Türkei, Rumänien oder der Ukraine, wo Kleidung „Made in Europe“ hergestellt wird, ist die Situation nicht besser (siehe Ethik-Report KONSUMENT 2/2018).

Nach dem Einsturz der baufälligen Textilfabrik Rana Plaza 2013 in Savar, Bangladesch, mit 1.133 Toten und über 2.400 Verletzten leisteten einige wenige Unternehmen Entschädigungszahlungen für die Hinterbliebenen der Opfer. 70 Textilunternehmen hatten dort produzieren lassen, darunter H&M, C&A oder Benetton. Der schwedische Modekonzern H&M, mit mehr als 20 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz Marktführer der Fast-Fashion-Industrie, versprach im selben Jahr, 850.000 Arbeitern in seinen Zulieferfabriken bis 2018 einen existenzsichernden Lohn zu zahlen – das Versprechen wurde bis heute nicht eingelöst. 2018 deckte eine Studie der Clean-Clothes-Kampagne auf, dass Beschäftigte in „Vorzeige“-Zulieferfabriken des Modekonzerns H&M nach wie vor unter der Armutsgrenze leben.

Mikroplastik und Pestizide

Die ökologischen Auswirkungen in der Herstellung von Fast Fashion sind katastrophal: Polyester macht bereits einen Anteil von mehr als 60 Prozent der in Textilien eingesetzten Fasern aus. Kunstfasern sind in zweierlei Hinsicht problematisch: Sie werden aus Erdöl hergestellt, und beim Waschen lösen sich Mikrofasern – Mikroplastik – aus der Kleidung.

35 Prozent des Mikroplastikvorkommens in den Meeren

Einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) zufolge machen aus synthetischen Kleidungsstücken ausgewaschene Fasern bereits 35 Prozent des Mikroplastikvorkommens in den Meeren aus. Aber auch Baumwolle ist problematisch. Die Herstellung eines einzigen T-Shirts verschlingt 2.700 Liter Wasser. Um ein Kilogramm Stoff aus Baumwolle zu erzeugen, benötigt man im weltweiten Durchschnitt 11.000 Liter Wasser. Und nirgendwo werden so viele Pestizide verwendet wie in der Baumwollproduktion: Da Baumwolle in Monokultur angebaut wird, braucht es einen hohen Einsatz von Mineraldüngern, Unkrautvernichtungsmitteln und Insektiziden. 

„Entgiftet unsere Kleidung“

„Entgiftet unsere Kleidung“

Die in der Verarbeitung verwendeten Farben und Chemikalien sind ebenfalls oft giftig und gefährden Textilarbeiter. Laut Greenpeace gelten mehr als zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen als verschmutzt, da Giftstoffe aus den Modefabriken oft ungeklärt abgeleitet werden. Hier setzt die Detox-Kampagne von Greenpeace mit ihrem Slogan „Entgiftet unsere Kleidung“ an: Bereits 79 Modemarken von H&M über Adidas bis hin zu Aldi haben sich Greenpeace gegenüber verpflichtet, bis 2020 Schadstoffe durch ungefährliche Substanzen zu ersetzen – ob sie dieses Versprechen einlösen werden, bleibt abzuwarten.

Nachhaltig schwer gemacht

Eine Alternative zu Fast Fashion bieten nachhaltig agierende Modeunternehmen. Doch denen wird ihr Geschäft nicht immer leicht gemacht, wie die Modeexpertin Lisa Muhr, ehemalige Geschäftsführerin des fairen Modelabels Göttin des Glücks, weiß: „Die Konkurrenz im Modebusiness ist riesig, viele nachhaltige Unternehmen kämpfen ums Überleben.“ Muhr fordert gesetzliche Rahmenbedingungen, die einen Anreiz bieten, nachhaltiges Unternehmertum zu fördern. „Die versteckten Kosten, die ein Produkt verursacht, wie Schäden an der Umwelt oder an den Menschen, müssten zwingend in den Verkaufspreis mit einberechnet werden. Dann würde es keine Billigstprodukte aus Asien mehr geben und ökologische Produkte wären günstiger als ausbeuterische“, ist die Modeexpertin überzeugt.

Langfristiges Ziel: Kreislaufgesellschaft

Das langfristige Ziel müsse eine Kreislauf-, Wiederverwertungs- und Reparaturgesellschaft sein. „Warum werden in unserem Wirtschaftssystem Unternehmen, die die Umwelt zerstören, Menschen ausbeuten und Kinder arbeiten lassen, bevorzugt? Das widerspricht doch jeder menschlichen Logik“, so Muhr. Bei großen Textilunternehmen, die sich nachhaltig geben, ist hingegen Skepsis angebracht; etwa, wenn H&M sich mit dem Recycling von Kleidung brüstet.

„Immer mehr Einzelhändler nehmen ihre Altkleider, egal welcher Marke, wieder zurück und verkaufen sie meist an kommerzielle Textilsortierer wie Soex weiter“, weiß Alf-Tobias Zahn. Nur ein kleiner Teil werde tatsächlich wieder verwertet. Bei H&M gibt es für die Rückgabe von Kleidung einen Rabatt auf den Neukauf, was wiederum den Verkauf ankurble, kritisiert der Autor. „Das umweltfreundlichste Kleidungsstück ist immer noch jenes, das erst gar nicht produziert wird.“

VKI-Tipps

  • Gütesiegel. Der Global Organic Textile Standard (GOTS) und IVN Best sind die derzeit glaubwürdigsten Gütesiegel. Kleidungsstücke aus Bio-Baumwolle, wie sie vermehrt von großen Bekleidungsketten angeboten werden, sagen nichts über die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Lieferkette aus.
  • Leihen statt kaufen. Endlos Fesch, Österreichs erste Kleiderbibliothek, bietet Designermode im Monatsabo – derzeit allerdings nur in Wien. Hervis Sports bietet Skiausrüstung und -kleidung österreichweit zur Miete an.
  • Tauschen. Kleidertauschbörsen oder -partys erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Tauschen kann man auch online, z.B. auf Vinted.at, Mädchenflohmarkt.at oder Sellpy.at
  • Upcycling. Umnähen ist eine günstige Alternative zu neuer Kleidung, Nähkurse gibt es bei vielen Anbietern.

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