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Raiffeisen Schulsponsoring - Schule als Werbeschild

Schulsponsoring ist populär: Firmen erhoffen sich Zugang zur jugendlichen Zielgruppe. Schulen wollen ihr Budget aufbessern. Doch wenn sie nicht aufpassen, zahlen sie mitunter einen zu hohen Preis.

Aufruf: Melden Sie uns besonders dreiste oder fragwürdige Werbung in Schulen oder Kindergärten unter schulwerbung@vki.at. Lesen Sie auch: Werbung an Volksschulen 4/2013


Unlautere Werbung: Klage eingereicht

Ob Versicherungen, Fast-Food-Ketten, Handy­anbieter oder Banken: Unternehmen nutzen Österreichs Schulen bereits seit einigen ­Jahren als lukratives Werbeumfeld. Der VKI hat wiederholt auf unlautere Aktivitäten aufmerksam gemacht und teilweise erfolgreich dagegen geklagt. So musste etwa ein Anbieter von Maturareisen seine Werbepraktiken ändern. Noch anhängig ist die ­Klage gegen eine Werbefirma, die Inserate in Mitteilungsheften verkauft. Aktuell sind wir per Klage der Raiffeisenbank Wien auf den Fersen, die – wie dieser Artikel zeigt – besonders dreist an Schulen wirbt.

Schulsponsoring ist grundsätzlich erlaubt

Die Interessenlage ist klar: Während die ­Firmen die junge Kundenschicht im Visier ­haben, geht es den Schulen um die Aufbesserung ihres Budgets. Das sogenannte Schulsponsoring ist prinzipiell erlaubt, Einschränkungen gibt es praktisch kaum. Im Schulunterrichtsgesetz (§ 43 Absatz 3) heißt es lediglich: "In der Schule, bei Schulveranstaltungen und bei schulbezogenen Veranstaltungen darf für schulfremde Zwecke nur dann geworben werden, wenn die Erfüllung der Aufgaben der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes) dadurch nicht beeinträchtigt wird.“

Entscheidung der Direktion

Im erwähnten Paragrafen finden sich jedoch nur all­gemeine Aussagen zur Aufgabe der Schulen in Österreich. So ist es also im Wesentlichen eine Entscheidung der Direktion, welches Unternehmen zu welchen Konditionen ­werben darf. Dass das Ergebnis nicht immer eine Win-win-Situation sein muss, zeigt die Kooperation zwischen einem Wiener Gymnasium und der Raiffeisenbank Wien.

2.250 Euro für alles

2.250 Euro für alles

2.250 Euro im Jahr lässt sich Raiffeisen das Engagement kosten. Zum Vergleich: Das ist etwas mehr, als man für ein Plakat an einer Haltestelle der Wiener Linien in Toplage für einen Monat hinblättern muss. Die gefor­derten Gegenleistungen beschränken sich jedoch keineswegs auf das Aufhängen von Werbeplakaten.

Veranstaltung unterm Giebelkreuz

In der uns vorliegenden Vereinbarung zwischen Gymnasium und Raiffeisenbank sind das Aufstellen einer Litfaßsäule und eines Prospektständers, das Aufhängen einer Tafel – alles an gut frequentierten Plätzen – sowie ein ganzseitiges Inserat im Jahresbericht fast schon Randnotizen.

Lehrer erhalten Bankkonditionen

Das Gymnasium gestattet der Bank darüber hinaus, pro Semester bei zwei von der Schule durchgeführten Veranstaltungen Werbe­mittel nach ihren Vorstellungen zu platzieren. Weiters wird ihr die Möglichkeit eingeräumt, Produkte zu präsentieren und den Besuchern Informationsmaterial und Werbegeschenke zu übergeben. Schulveranstaltungen wie Wettbewerbe oder Sportevents sollen unter dem Giebelkreuz-Logo mit den Pferdeköpfen stattfinden. Selbstverständlich muss das Banner der Bank mit Link auf der schuleigenen Homepage zu finden sein.  Auch Lehrerinnen und Lehrer bleiben von Werbung nicht verschont. Sie erhalten gemäß Vertrag einmal pro Schuljahr die aktuellen Lehrerkonditionen der Raiffeisen samt Begleitbrief zugeschickt.

Referate über Raiffeisen-Angebote

Referate im Unterricht

Die Schule verpflichtet sich, den Sponsor in den Klassen Referate mit einer Dauer von maximal einer Stunde zu bankspezifischen Themen und „speziellen Raiffeisen-Ange­boten für die Zielgruppe Schüler/innen“ halten zu lassen. Damit für den Unterrichtsstoff genug Platz bleibt, beschränkt die Bank die Anzahl der Referate auf maximal zehn pro Schuljahr.

Tue Gutes und rede darüber

Getreu dem Motto „Tue Gutes und rede ­darüber“ lässt sich die Raiffeisenbank vertraglich zusichern, dass sie ihr Engagement als Schulsponsor im Rahmen der unter­nehmens­eigenen PR und Werbung nach ­außen kommunizieren kann. Dazu dürfen die Veran­staltungen in Bild und Ton auf­gezeichnet und die Aufzeichnungen, insbesondere Fotos, kostenlos als Material für Werbekampagnen aller Art verwendet ­werden. Zu hoffen ist, dass das Recht der Schülerinnen und Schüler am ­eigenen Bild da nicht auf der Strecke bleibt.

Exklusiv an Raiffeisen gebunden

Getreu ihrem eigenen Werbespruch „Nur ­eine Bank ist meine Bank“ erwartet die Raiff­eisenbank für 2.250 Euro Jahresgage auch Exklusivität. Werbliche Sponsoring-Vereinbarungen der Schule mit Kreditinstituten, Bausparkassen oder der Postsparkasse werden ausdrücklich ausgeschlossen. Für den Fall eines Verstoßes räumt sich der ­Sponsor die Berechtigung ein, sogar den gesamten Beitrag zurückzufordern.

Zusammenfassung

  • Vertrag prüfen. Direktorinnen und Direktoren sollten darauf achten, welchen Werbepartnern sie ihre Tore öffnen und welche Produkte beworben werden. Die Vertragsbedingungen sollte man sich nicht einfach diktieren lassen. Besondere Vorsicht ist bei Knebelverträgen geboten.
  • Präsenz. Manche Sponsoren tragen besonders dick auf. Wenn die Schule zur Filiale wird, macht das nach außen nicht unbedingt ein gutes Bild.
  • VKI klagt. Für an Kinder gerichtete ­Werbung gelten besondere Standards. Kinder direkt zum Kauf bestimmter ­Produkte aufzufordern, ist verboten. Der VKI klagt gegen Firmen, die dagegen ­verstoßen. Melden Sie uns besonders dreiste oder fragwürdige Werbung in Schulen oder Kindergärten per Mail unter schulwerbung@vki.at!

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