Zum Inhalt
Blaue Zonen: Weiße Kapelle mit blauem Dach an der griechischen Küste
Blaue Zonen: Die griechische Insel Ikaria zählt dazu Bild: Shutterstock/Olga S photography

Blaue Zonen: Auf der Suche nach langem Leben

BLOG

Es gibt fünf Regionen auf der Welt, in denen die Menschen älter und gesünder sind als überall sonst. Was wir von der Ernährung und den Gewohnheiten der dortigen Bevölkerung lernen können.

Blaue Zonen – was ist das?

Es beschäftigt die Menschheit seit Jahrtausenden: das Geheimnis eines langen Lebens. Gerade in einer Konsumgesellschaft, in der Firmen an jeder Ecke mit Anti-Aging-Wunderseren die ewige Schönheit versprechen, ist es umso ­erstaunlicher, dass die Quelle für ein ­langes Leben sehr einfach zu sein scheint. 

In einer aktuellen Netflix-Serie fragt sich der US-amerikanische Journalist Dan Buettner, wie man 100 Jahre alt werden kann, und bereist dafür die Welt. Dabei reicht der Beginn seiner Recherche in die 90er-Jahre zurück. Damals stieß er auf einen Bericht der WHO, der zeigt, dass Menschen in der japanischen Präfektur Okinawa die längste Lebenserwartung ohne weitgehend chronische Erkrankungen haben. 

Also machte sich Buettner auf die Suche nach dem Warum und dem Rezept für gesundes Altern. Im ­Auftrag von National Geographic suchte er gemeinsam mit Wissenschafter:innen die Gebiete, in denen Menschen am ­ältesten werden und am gesündesten leben. Fünf Regionen stachen dabei ­besonders heraus: die blauen Zonen. Zu diesen gehören Okinawa (Japan), Sardinien (Italien), die Nicoya-Halbinsel (­Costa Rica), Ikaria (Griechenland) und Loma Linda (Kalifornien, USA).

Weltkarte mit den fünf blauen Zonen
Bild: Shutterstock/Dimitros Karamitros

Neun Gemeinsamkeiten

In diesen fünf Regionen haben besonders viele Menschen das 100. Lebensjahr erreicht – was nicht zwangsweise den guten Genen zu verdanken ist. Denn eine dänische Studie unter Zwillingen hat gezeigt, dass nur etwa 20 Prozent der Lebenserwartung eines durchschnittlichen Menschen von seinen ­Genen bestimmt werden – während 80 ­Prozent abhängig vom Lebensstil sind. In den blauen Zonen hat das Forscherteam neun Einflüsse auf gesundes ­Altern ­herausgefunden:

  • Natürliche Bewegung Die Menschen mit der längsten Lebenszeit ­gehen nicht ins Fitnessstudio und laufen keinen Marathon, vielmehr bewegen sie sich, ohne darüber nachzudenken – etwa bei der vorwiegend hän­dischen Gartenarbeit.
     
  • Richtige Einstellung Die Menschen haben einen Plan für ihr Leben und ­wissen, warum sie morgens aufwachen. Dieses Wissen um die Sinnhaftigkeit ­verschaffe eine zusätzliche Lebenserwartung.
     
  • Stressreduktion Auch Bewohner:innen der blauen Zonen haben Stress – ­jedoch Routinen, um diesen wieder abzubauen, etwa ein Gebet, Nickerchen oder das Zelebrieren der Happy Hour.
     
  • Mit Bedacht essen Ein konfuzianisches Mantra aus Okinawa besagt, dass man zu essen aufhören solle, wenn man zu 80 Prozent satt ist, um das Gewicht zu halten. Bewohner:innen der blauen ­Zonen speisen die letzte Mahlzeit am späten Nachmittag oder frühen Abend.
     
  • „Sauberes Essen“ In allen blauen Zonen stehen viele Hülsenfrüchte auf dem Speiseplan, Fleisch, vor allem Schweinefleisch, wird hingegen durchschnittlich nur fünfmal im Monat in kleiner Menge gegessen. Industrieller Zucker sowie hochverarbeitete Lebensmittel sind kaum ein Thema.
     
  • Mäßiger Alkoholkonsum Außer in der Kleinstadt Loma ­Linda, in der besonders viele Siebenten-Tags-Adventisten leben, trinken die Menschen in allen blauen Zonen regelmäßig, jedoch nur wenig Alkohol, meist Wein. Es geht um das gesellige Trinken beim Essen oder mit der Familie.
     
  • Zugehörigkeitsgefühl Fast alle der 263 befragten Hundertjährigen gehörten einer Glaubensgemeinschaft an, wobei die Konfession keine Rolle zu spielen scheint.
     
  • Familie zuerst In den blauen Zonen hat die Familie einen sehr hohen Stellenwert: Alternde Familienmitglieder bleiben in der Nähe, Beziehungen sind langfristig, für die Kindererziehung wird viel Zeit aufgewendet.
     
  • Soziale Netzwerke Damit sind nicht Facebook und Co gemeint, sondern das Integrieren in ein gesellschaftliches ­Gefüge. Viele sind sozial engagiert.

Weitere Untersuchungen zeigen, dass die fünf Regionen mit den ältesten ­Menschen auch noch andere Überschneidungen aufweisen: Die Völker sind geografisch und/oder historisch isoliert, ­leben meist auf Inseln oder in Bergregionen. 

Dadurch haben die Menschen einen traditionellen Lebensstil beibehalten, der auch im Alter eine intensive körper­liche Aktivität, ein reduziertes Stress­level, Verzehr von regionalen Lebensmitteln und gemeinschaftliche Unterstützung der Ältesten impliziert. Es gibt aber mittlerweile auch eine moderne Gesundheitsversorgung in diesen Gebieten, die die Lebenserwartung weiter steigen lässt.

Routinen übernehmen

Warum die Menschen in den blauen ­Zonen überdurchschnittlich alt werden, ist nicht vollends untersucht. Es kann an den Lebensgewohnheiten liegen, aber auch daran, dass sie sich gegenseitig ­positiv beeinflussen. Klar ist jedoch, dass eine Ernährung mit frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln, Bewegung an der frischen Luft und soziale Integration per se für eine gesunde Lebensweise ­stehen. 

Und so liegt es an uns, welchen Weg wir für unser Leben wählen. Dan Buettner, der die blauen Zonen seit den 90ern erforscht, sagte einmal in einem Interview: „Wir können ein kürzeres ­Leben mit mehr Jahren Beeinträch­tigung führen, oder wir können ein möglichst langes Leben mit den wenigsten schlechten Jahren führen. Wie meine hundertjährigen Freunde mir gezeigt ­haben, liegt die Wahl weitgehend bei uns.“

Julia Gschmeidler - Redakteurin: Neue Medien, Gesellschaft
Mag.ª Julia Gschmeidler, BSc - Redakteurin: Neue Medien, Gesellschaft Bild: VKI

Im KONSUMENT-Magazin und -Blog schreibe ich über Themen, die bewegen, aufgezeigt gehören, die gesellschaftspolitisch wichtig sind. Und ich möchte konstruktive Vorschläge liefern, wie man selbst aktiv werden kann.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Bisphenole: von A bis Z toxisch BLOG

Bisphenole: von A bis Z toxisch

Viele Bisphenole können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das Hormonsystem von Menschen und Tieren stören. Dennoch werden sie in einer Vielzahl von Produkten eingesetzt.

Ehrenamt: Ohne ginge nichts mehr BLOG

Ehrenamt: Ohne ginge nichts mehr

Welche Bedeutung Freiwilligenarbeit für die österreichische Gesellschaft hat, weshalb ehrenamtliche Tätigkeiten guttun und wie Sie selbst aktiv werden ­können.

Overthinking: Gefangen im Gedankenkarussell BLOG

Overthinking: Gefangen im Gedankenkarussell

Wer aus dem Grübeln nicht mehr rauskommt und wem kreisende Gedanken den Schlaf rauben, dem schadet das Denken mehr, als es nützt. Wie man dem Kreislauf entkommen kann.

Cyberchondrie: Achtung vor Dr. Google BLOG

Cyberchondrie: Achtung vor Dr. Google

Das Verlangen, Krankheitssymptome im Internet zu recherchieren, kann zu Ängsten und Depressionen führen. Wie sich Nutzer:innen dagegen wappnen können.

Freizeitkrankheit: Krankenstand statt Sandstrand BLOG

Freizeitkrankheit: Krankenstand statt Sandstrand

Wer genau dann krank wird, wenn der lang geplante Urlaub ansteht, denkt vielleicht an einen unglücklichen Zufall. Tatsächlich kann ein psychosomatisches Phänomen dahinterstecken.

Pinkwashing: Die dunkle Seite des Regenbogens BLOG

Pinkwashing: Die dunkle Seite des Regenbogens

Wenn Unternehmen mit vermeint­licher Toleranz die queere Gemeinschaft feiern, sind das Ziel oft ­Umsatzsteigerung und Imageaufbesserung. Wie man Pinkwashing durchschaut.

Kommentieren

Sie können den Text nach dem Abschicken nicht nachträglich bearbeiten, Länge: maximal 3000 Zeichen. Bitte beachten Sie auch unsere Netiquette-Regeln.

Neue Kommentare können nur von angemeldeten Benutzern veröffentlicht werden.

Anmelden

0 Kommentare

Keine Kommentare verfügbar.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang