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Videoschnitt am Notebook - Frust für Freaks

, aktualisiert am

  • Prinzipiell möglich
  • Prinzipiell teuer
  • Prinzipiell unsicher

Das wäre wieder einmal eine Frage an Radio Eriwan: „Ist ein Notebook zum Videoschnitt geeignet?“ Antwort: „Im Prinzip ja. Es muss ihn nur können.“

Grundausstattung nicht ausreichend

Aber das Lachen kann einem schnell vergehen, vergleicht man das, was die Werbetexter der Hersteller ihren portablen Geräten an Fähigkeiten andichten, mit der Realität. Denn die Grundausstattung, in der man die tragbaren Rechner erhält, ist selbst in den oberen Preisklassen so gut wie nie für die Videobearbeitung unterwegs geeignet. Zumindest dann nicht, wenn man in der „Windows“-Welt daheim ist. Die Anwender der Konkurrenz „Apple“ haben es da etwas leichter, da hier Betriebssystem und Hardware „aus einer Hand“ kommen und traditionell über einen Vorsprung in Sachen Grafik und Multimedia-Anwendungen verfügen.

Mobiler Videoschnitt sinnvoll?

Bei allen anderen heißt es meist kräftig nachrüsten. Lohnt das? Muss man seine Videos überhaupt unterwegs schneiden? Die Werbung meint: ja. So könne man verregnete Urlaubstage sinnvoll nutzen oder sich die Heimfahrt am Beifahrersitz, in Bus, Bahn oder Flugzeug verkürzen und damit nicht nur jede Menge Zeit sparen, sondern bei der Ankunft daheim auch gleich die Nachbarn mit der Einladung zum Urlaubsvideo-Anschauen beglücken – bevor diese noch Zeit zum Ersinnen einer guten Ausrede gefunden haben.

Wichtige Ausstattungsdetails

Aber selbst wer nicht derartige Mobilitätsansprüche erfüllt sehen möchte, sondern schlicht vor der (Neu-)Anschaffung eines Computers in der Notebookvariante für den Heimgebrauch steht (oder sein vorhandenes Gerät für den Videoschnitt fit machen will), muss auf Ausstattungsdetails achten, die eben oft deutlich über die Standards selbst bestausgerüsteter Geräte hinaus gehen. Das sind die wichtigsten:

Digitaler Camcorder:

Mit „alten“ analogen Camcordern ist der Schnitt am Notebook zu vergessen – es gibt keine Grafikkarten zur Umwandlung des analogen in ein vom Notebook „verstehbares“ digitales Signal für den Import des Videomaterials in den Rechner (beim Desktop-PC mittels PCI-Steckkarten möglich). Der digitale Camcorder sollte dabei unbedingt auch über einen „DV-In“-Eingang verfügen, um das Bearbeitungsergebnis auf Band zurückspielen zu können. Alle anderen Ausgabemöglichkeiten (sieht man von DVD einmal ab) würden einen erheblichen Qualitätsverlust bedeuten. Camcorder mit einem DV-In-Eingang kosten zwischen 80 und 200 Euro mehr als die ansonsten gleichen Modelle ohne diesen Eingang.

Ausreichend Arbeitsspeicher (RAM):

Die Mindestanforderungen sind abhängig von der verwendeten Schnitt-Software. Die meisten verlangen 128 MB oder mehr. RAM für Laptops ist teurer als für Desktop-PCs. Vor Aufrüstung prüfen, ob diese überhaupt möglich ist (RAM-Verfügbarkeit am Markt und RAM-Obergrenze des Notebooks).

Firewire-Schnittstelle:

Oft auch als iLink oder IEEE-1394 bezeichnet und unbedingt erforderlich, da andere Schnittstellen für den Datenaustausch zwischen DV-Camcorder und Notebook zu langsam sind. Bei aktuellen Notebooks ist eine solche Schnittstelle meist vorhanden; bei Geräten, die älter als ein bis zwei Jahre sind, kann man diese Schnittstelle oft durch eine PC-Card im Nachhinein hinzufügen. Kostenpunkt: etwa 100 Euro.

Festplatte:

Eine heikle Angelegenheit. Denn Videos verschlingen Speicherplatz wie keine andere Anwendung, andererseits bieten die meisten Notebooks kaum mehr als 30 Gigabyte. Lösung: Zusätzliche externe Festplatte, über Firewire angeschlossen – Preis ab 250 Euro. Tipp: Mit zunehmender Größe wird der Preis für den Speicherplatz pro Gigabyte deutlich geringer. So kostet zB eine Maxtor 1394 mit 40 Gigabyte rund 250 Euro, eine Platte gleichen Typs mit doppelter Kapazität aber „nur“ 300 Euro. Beim Preisvergleich also Preis durch Kapazität in Gigabyte dividieren und auf Basis des Gigabyte-Preises vergleichen. Und: Es empfiehlt sich auf alle Fälle, für den Videoschnitt eine separate, zusätzliche Festplatte zu verwenden, die dieser Anwendung vorbehalten bleiben sollte.

CD- oder DVD-Brenner:

Wo nicht standardmäßig enthalten, ist der CD-Brenner häufig im Austausch gegen das CD-ROM-Laufwerk einbaubar oder als externes Gerät anzuhängen (etwa 150 Euro). Wird benötigt, wenn man die bearbeiteten Videos auf CD brennen will – was allerdings nur in vergleichsweise minderer Qualität möglich ist (entspricht etwa einem VHS-Band). Wer es besser will, blättert für einen externen DVD-Brenner ab 700 Euro auf den Ladentisch. Dabei gibt es aber unterschiedliche Verfahren zum DVD-Brennen. Nicht jedes Ergebnis ist somit auf jedem Home-DVD-Player oder PC-DVD-Laufwerk wiedergabefähig!

Prozessor:

Es empfiehlt sich ein Intel Pentium III (oder ein vergleichbares Produkt anderer Hersteller) ab 850 MHz Taktgeschwindigkeit. Es gibt auch schnellere – was aber mit entsprechend höherem
Energieverbrauch (Verkürzung der Arbeitsmöglichkeit bei Akkubetrieb) und einem spürbar höheren Preis verbunden ist.

Bildschirm:

TFT-Bildschirm mit einer Diagonale ab 14 Zoll – bei den meisten Notebooks vorhanden.

Software:

Einfache Schnittsoftware (kommt häufig als etwas abgespeckte „Zugabe“ bei Digital-Video-Komponenten daher, oder ist im Internet verfügbar) oder Firewire-Karte. Die Vollversionen dieser Programme kosten dann zwischen 80 und 1000 Euro.

Fraglich, ob es klappt

Man sieht: Es kommt ganz schön was zusammen. Problem dabei: Selbst der, dessen Notebook mit den oben angeführten Hardwaretrümmern aus- oder nachgerüstet ist, hat noch keine Garantie dafür, dass der Videoschnitt damit auch klappt. Denn wie bei keiner anderen Computeranwendung müssen hier alle Komponenten nahtlos und absolut fehlerfrei zusammenarbeiten. Die „Videokette“ ist also nur so stark wie ihr schwächstes Glied – und das kann eben jede der involvierten Komponenten sein, was man aber erst in der Anwendungspraxis merkt. Das Sichten von Produktbeschreibungen, Datenblättern und Kompatibilitätslisten allein hilft hier leider gar nichts, weshalb es auch keine Empfehlungen für „die besten“ Produkte geben kann; was mit dem einen Notebook gut zusammenspielt, kann beim anderen überhaupt nicht klappen.

Nur Echttest bringt Klarheit

Daraus ergibt sich: Die benötigten Zusatzausstattungen des Notebooks sind keine Mitnahmeartikel im PC-Markt. Wann immer möglich, sollten Sie deshalb einen auf PC-Videoschnitt spezialisierten Fachhändler aufsuchen (leider sehr dünn gesät) und dort darauf bestehen, dass auch ein Echttest durchgeführt wird: vom Import des Rohmaterials – von Ihrem eigenen DV-Camcorder(!) – über Schnitt, Titeleinblendung und Übergangseffekte bis hin zur Nachvertonung und abschließenden Ausgabe des Bearbeitungsergebnisses auf CD- oder DVD-Brenner und auf das Band Ihres(!) DV-Camcorders. Und das nicht nur mit einer 60-Sekunden-Videosequenz, sondern mit einem mindestens zehnminütigen Video, da Systemüberforderungen häufig erst bei längeren Sequenzen zu Tage treten. Der Händler mag mit diesem Ansinnen keine Freude haben – es ist aber die einzige Möglichkeit für Sie, unnötige Ausgaben und Nerven zu sparen. Denn die werden Sie vor allem beim Videoschnitt „unterwegs“ ohnehin brauchen.

Kurze Freuden

Schließlich sind alle Zusatzgeräte enorme Stromfresser, auch die Rechenleistung des Notebooks wird beim Schnitt voll ausgereizt. Und das bedeutet, dass beim netzunabhängigen Arbeiten der Notebook-Akku ohnehin schnell leer ist. Die Bearbeitung unterwegs gehört also eher in die Abteilung der Werbegags denn
der ernsthaften PC-Anwendungen. Berücksichtigt man weiters die hohen Anschaffungskosten für Notebooks plus das reichlich benötigte Zubehör, so ist, wer keine anderen, zwingenden Gründe für die Anschaffung eines portablen Gerätes hat, für seine Videoambitionen mit einem Desktop-PC wohl besser bedient: Der ist billiger, meist leistungsstärker und einfacher für den Videoschnitt zu konfigurieren, als dies bei Notebooks der Fall ist.

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