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Fertighaus - Ein Vorweihnachtsgeschenk

Eine Firma verzichtet auf die ihr zustehende Stornogebühr.

So viel Kulanz gehört wirklich vor den Vorhang!

Herr und Frau Kaufmann 1) träumten vom eigenen Haus im Grünen. Zwar waren beide schon in Pension und mit Glücksgütern nicht eben gesegnet. Aber vielleicht ergab sich einmal eine günstige Gelegenheit...

Die schien da zu sein, als man Urlaub in Kärnten machte. Der Dorftratsch wusste zu vermelden, dass ein Grundstück mit fertigem Kellergebäude drauf günstig zu haben wäre. Das Besitzerehepaar stand kurz vor der Scheidung. 600.000 Schilling verlange sie, erklärte Frau Stickler1), der weibliche Teil des zerstrittenen Paares. Also wirklich günstig. Und dort konnte man ohne weiteres ein Fertighaus hinstellen!

Kaufmanns besichtigten eine Ausstellung von Musterhäusern und kamen mit einem Vertreter der Firma Hartl ins Gespräch. Schon um sagenhafte 1,8 Millionen bekomme man ein nettes Häuserl...

Ab hier unterscheiden sich die Auffassungen, was vereinbart wurde. Kaufmanns waren der Meinung, sie hätten sich bloß unverbindlich nach einem Modell erkundigt und klar gesagt, dass sie noch kein Grundstück besaßen.

Beim nächsten Besuch in Kärnten kam die Ernüchterung. Der Preis, den Frau Stickler genannt hatte, stimmte zwar. Nur: Man musste ihn mal zwei rechnen, denn auch Herr Stickler wollte seinen Anteil: ebenfalls 600.000 Schilling. Das aber überstieg Kaufmanns knappen finanziellen Rahmen. Zurück in Wien, riefen sie bei der Fertighausfirma an und teilten mit, dass es mit dem Grundstück nun doch nicht klappe und sie daher auch kein Haus brauchten.

Doch die Firma Hartl besaß eine Auftragsbestätigung. Unterschrieben vom Ehepaar Kaufmann. Dort stand klar und deutlich, dass bei einem Rücktritt zehn Prozent des Gesamtpreises an Stornogebühr fällig wird, also 180.000 Schilling. So steckten Kaufmanns böse in der Klemme. Just da gab es im „Konsument“-Beratungszentrum die VKI-Aktionswoche. „Nutzt’s nix, so schadt’s nix“, dachte sich Herr Kaufmann: „Schaust halt hin...“

Nun haben unsere Beraterinnen und Berater bei ihrer Arbeit immer zweierlei vor Augen. Zum einen den Rechtsstandpunkt. Der war hier ganz eindeutig. Vertrag ist Vertrag. Herrn Kaufmann hätte bewusst sein müssen, dass er einen rechtsgültigen Vertrag unterschreibt. Seine

Auffassung, dass dieser „nicht gültig ist, solange ich das Grundstück nicht kaufe“, entspricht nicht der Realität.
Doch daneben gibt es noch eine andere Sicht der Dinge. Und zwar die, dass die Firma Hartl bei unüberlegten Unterschriften immer sehr entgegenkommend war. So setzte sich unsere Beraterin mit der Fertighausfirma in Verbindung und alsbald erhielten Familie Kaufmann und wir ein gleichlautendes Brieferl:„Da wir keine Firma sind, die sich an Stornogebühren bereichert oder von Stornogebühren lebt, erklären wir uns ohne Anerkennung jeglicher Rechtspflicht mit der Auflösung der Auftragsbestätigung... einverstanden.“ Fürwahr ein echtes Weihnachtsgeschenk!

Wie heißt es im Werbeslogan? „Hartl – das ehrliche Haus.“ Wir kennen’s nämlich auch anders. Da träumen junge Familien vom Eigenheim, und in der idyllischen Atmosphäre einer Musterhausausstellung lassen sie sich dazu hinreißen, einen Auftrag zu unterschreiben. Für ein Haus, das sie sich eigentlich gar nicht leisten können. Und weniger kulante Unternehmen bestehen dann beinhart auf ihrer Stornogebühr.

1) Name von der Redaktion geändert.

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