Es ist ein warmer Frühsommertag in einer Reihenhaussiedlung im niederösterreichischen Felixdorf. Frau L. öffnet gut gelaunt die Türe.
Frau L. ist so gut wie blind. Aufgrund einer angeborenen Erkrankung sieht sie auf einem Auge gar nichts und auf dem anderen nur mehr schummrige Umrisse. Vier Prozent von dem, was normal sehende Menschen erkennen, sieht auch sie, schätzt sie.
Ihr Haus ist relativ groß. Früher haben noch ihr Mann und ihre beiden Söhne hier gelebt. Doch der Nachwuchs ist mittlerweile erwachsen und flügge geworden und von ihrem Mann hat sie sich scheiden lassen. Seitdem bewohnt sie das mehrstöckige Gebäude allein. Sie mag es, die vielen Zimmer für sich zu haben. So kann sie eines davon ausschließlich zum Waschen und Bügeln verwenden.
"Ich lege Wert darauf, dass ich das alles allein schaffe"
Frau L. lächelt. Das ganze Haus ist picobello aufgeräumt und sauber. Wir fragen sie, wer ihr dabei hilft, alles so ordentlich zu halten. Sie macht alles selbst, entgegnet sie. Sie sei immer schon selbstständig gewesen. Auch als sie noch zu viert hier waren. "Den Haushalt habe immer ich gemacht. Darauf lege ich Wert, dass ich das alles allein schaffe." Die 61jährige bezeichnet sich selbst als ordnungsliebend. "Ich schaue, dass ich das Haus halbwegs sauber halte." Wobei "halbwegs sauber" einer starken Untertreibung gleichkommt.
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