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Winterreifen - Keine Alleskönner

  • Den rundum perfekten Reifen gibt es nicht
  • Sie müssen einen Kompromiss schließen

Immer besser, immer größer – dem Trend der modernen Industriegesellschaft verschließt sich natürlich auch die Reifenindustrie nicht. Sie bietet inzwischen Winterpneus an, mit denen man, je nach Speedindex T, H oder V, locker mit 190, 210 oder sogar 240 km/h über die Straßen brettern könnte. Vorbei die unseligen Zeiten, da der Fahrer schon bei schlappen 160 km/h den Fuß vom Gas nehmen musste...

Nun: Erlaubt sind bei uns bekanntlich maximal 130 Stundenkilometer auf der Autobahn. Für viele Autos sind dennoch Reifen vorgeschrieben, die auch bei höheren Geschwindigkeiten nicht den Geist aufgeben. Im Typenschein steht die für Ihr Auto verbindliche Dimension. Die letzte Angabe in der Ziffernfolge weist auf den Speedindex hin. Sie dürfen Reifen mit höherem Index montieren, nicht aber mit niedrigerem.

Manche Automarken lassen Ihnen die Freiheit, zwischen breiten und schmalen, hohen und niedrigen Pneus zu wählen. Man spricht von Basis-, Standard- und Breitreifen. Aus dieser breiten Palette gilt es die richtige Wahl zu treffen. Dabei wollen wir Ihnen wieder behilflich sein.

Nicht weniger als 37 Reifen in drei Größen und vier Geschwindigkeitsklassen haben wir diesmal in einem internationalen Test genauer unter die Lupe genommen. Wir wollten sehen, wie sich die Pneus bei hohen Geschwindigkeiten, in tiefem Schnee und auf spiegelglattem Untergrund tun – Bedingungen, mit denen auch der gewöhnliche Autofahrer im Winter häufig konfrontiert ist.

Schnelllauffestigkeit

Außerdem testeten wir auf dem Prüfstand die Schnelllauffestigkeit der Winterreifen. Erfreuliches Ergebnis: Alle bestanden den Test. Kein Reifen, der bei den hohen Geschwindigkeiten erste Auflösungserscheinungen gezeigt hätte. Einen Reifenplatzer braucht der Fahrer also nicht unbedingt zu fürchten, trotzdem lautet die Regel im Winter: Fuß weg vom Gas! Wie schon in früheren Tests war auch diesmal das Ergebnis auf eisiger Fläche bestenfalls „durchschnittlich“. Mögen die Ingenieure den Mix aus Öl, Kautschuk, Schwefel, Stahl, Cord und Vulkanisationsmitteln auch immer wieder neu zusammenstellen und nie gesehene Profileinschnitte kreieren – aus den Gummis lassen sich nun mal keine Kufen fertigen. Also Vorsicht! Tückischerweise können kleine eisige Stellen auch auf sonst trockener Fahrbahn auftreten. Und dann nützt selbst das tiefste Profil nichts!

Schmal oder breit?

Schmaler oder breiter Reifen? Das ist in erster Linie eine Frage des Geldes. Die Basisreifen sind deutlich günstiger als die Breitreifen, dafür halten sie aber auch nicht so lange. In puncto Wintereigenschaften gibt es keine fundamentalen Unterschiede zwischen den drei Größen. Allerdings sind die Breitreifen auf trockener Straße überlegen, denn da macht sich ihre höhere Auflagefläche bezahlt.

Alles in allem können wir weder den herausragenden Gewinner, noch den elendigen Versager präsentieren. Alle geprüften Fabrikate liegen im Qualitätsurteil eng beieinander, zwischen „gut“ und „durchschnittlich“; unterschiedliche Ergebnisse gibt es nur im Detail.

Alle knapp beisammen, aber keiner perfekt

Schauen wir uns das Format 195/65 R15 etwas genauer an, das für viele Mittelklasseautos Standard ist. Goodyear Ultragrip 6, Michelin Alpin und Toyo Snowprux S 940 sind „sehr gut“ auf Schnee, aber nur „durchschnittlich“ auf nasser Fahrbahn. Dort liegen der Bridgestone Blizzak LM 18 und Uniroyal MS plus 55 vorn; dafür schneiden sie auf verschneiten Straßen eine Idee schlechter ab. Einzig der Continental WinterContact TS 790 schaffte es mit einem „sehr gut“ auf Schnee und einem „gut“ auf nasser Fahrbahn, die unterschiedlichen Anforderungen unter einen Hut zu bringen.

Den regelrechten Alleskönner gibt es also nicht. Die Ingenieure können jeweils nur Prioritäten setzen. In der Regel überwiegt entweder das Traktionsvermögen im Schnee oder die Haftung im Nassen.

Was für Sie wichtiger ist, hängt nicht zuletzt davon ab, wo Sie wohnen: Im Flachland werden Sie wohl eher auf nassen Fahrbahnen unterwegs sein als in den Bergen.

Die hohe Verschleißfestigkeit von Gislaved Eurofrost 2 ist eine nur bedingt erfreuliche Sache. Denn sie wird erkauft durch Mängel auf nasser Fahrbahn. Auch das ist eine Gesetzmäßigkeit: Ein Pneu mit sehr guter Haftung reibt sich schneller ab. Sinkt seine Profiltiefe unter vier Millimeter – Mindestgrenze: 1,6 Millimeter –, gilt er nur noch als Sommerreifen. Achtung: Winter- und Sommerreifen dürfen nicht kombiniert werden!

Kaum Grobstollenprofil

Das grobstollige Profil ist weitgehend verschwunden, damit hat sich der Rollwiderstand gegenüber früher verringert, was niedrigeren Spritverbrauch bedeutet. Die Ingenieure haben es allerdings noch nicht geschafft, das Außengeräusch merklich zu reduzieren.

Blick in den Typenschein. Hier steht, welche Reifengröße für Ihr Auto vorgeschrieben ist. Sie dürfen sich wohl für einen höheren Speedindex entscheiden, nicht aber für einen niedrigeren.

Auswahl nach Prioritäten. Der M+S-Reifen kann nicht alles. Gewöhnlich liegt seine Stärke entweder im Schnee oder im Nassen. Sie müssen Ihre Entscheidung danach treffen, was für Sie wichtiger ist.

Vorteile auch auf trockener Fahrbahn. Winterreifen haben eine weichere Gummimischung als Sommerreifen. Das führt zu einer höheren Straßenhaftung bei niedrigen Temperaturen.

Aus einem internationalen Gemeinschaftstest, durchgeführt von Automobilklubs und Verbraucherorganisationen, veröffentlichen wir die Ergebnisse von 37 auch in Österreich erhältlichen Modellen.

Nasse Fahrbahn

Handling: Zeitwertung und subjektives Urteil auf dauerberegnetem 1900-Meter-Kurs;
Bremsen: ABS-Bremsungen auf Asphalt und Beton aus 90 auf 20 km/h;
Aquaplaning auf der Geraden: Einfahrt in ein 7 mm tiefes Wasserbecken mit konstantem Tempo und Beschleunigungen;
Aquaplaning in Kurven: Befahren einer 200-m-Kreisbahn mit einem dauerberegneten Teilstück von 4 mm Wassertiefe; Einfahrt mit konstantem Lenkeinschlag mit 70 bis 100 km/h;
Seitenführung: Befahren einer dauerberegneten Asphalt-Kreisbahn mit ansteigender Geschwindigkeit.

Schnee

Bremsen: ABS-Bremsungen auf festgefahrenem Schnee aus 30 auf 3 km/h;
Anfahren (Traktion): Zugkraftermittlung in Abhängigkeit vom Schlupf;
Passfahren: Traktion und Seitenführung auf Steigungen zwischen 9 und 12 Prozent.

Eis

Befahren einer Kreisbahn mit 18 m Durchmesser. Übrige Bedingungen wie auf Schnee.

Trockene Fahrbahn

Fahren auf einem Hochgeschwindigkeitskurs und subjektive Beurteilung.

Komfort

Federung: Befahren einer geeigneten Messstrecke mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten; bei Einzelstößen mit 80 km/h; bei hohen, mittleren und niederfrequenten Anregungen mit 30 bis 100 km/h;
Geräusch innen: subjektive Beurteilung auf trockenem Asphalt und Beton mit 30 bis 80 km/h.

Umwelteigenschaften

Rollwiderstand: Verbrauchsmessungen bei 60, 100 und 130 km/h Konstantfahrt;
Verschleißfestigkeit: Prüfung an ADAC-Straßenwachtfahrzeugen und Taxis über mindestens 20.000 Kilometer;
Geräusch außen: subjektive Beurteilung einer Kunstkopfaufnahme der Abrollgeräusche auf einer ISO-Asphaltstrecke mit 80 km/h, bei abgestelltem Motor.

Schnelllaufprüfung

Höchstgeschwindigkeitstest nach den über die DIN 78051 hinausgehenden Anforderungen unseres Prüfprogramms auf einem Rollenprüfstand.

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