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Winterreifen - Schnee von gestern

  • Warum die weiße Pracht nicht das entscheidende Kriterium ist
  • Was in der Branche gerne verschwiegen wird

Denkt man an den Winter, hat man romantische Bilder von verschneiten Landschaften vor Augen. Darauf zählen auch die Hersteller von Autoreifen, die ihre Wintermodelle mit Vorliebe auf Schneefahrbahnen präsentieren: Dazu passen auch die Typenbezeichnungen „Snowcontrol“, „Snowtrac“ oder Ähnliches. Doch in vielen Jahren kann man die Tage mit Schneefahrbahn in weiten Teilen Österreichs an einer Hand abzählen. Viel wichtiger als das richtige Profil für Schneeunterlage ist die Mischung des Gummis. Sommerreifen verhärten schon ab einer Temperatur von sieben Plusgraden, während die spezielle Laufflächenmischung von Winterpneus auch noch bei Minusgraden elastisch bleibt. Solche Bedingungen herrschen oft von Ende Oktober bis weit in den April hinein.

Im Schnee keine Blöße

Und noch etwas spricht gegen die Überbetonung des „Snowgrip“ der Winterreifen: Es gibt dabei seit Jahren die wenigsten Probleme. Kein Durchdrehen beim Anfahren, gute Haftung und Seitenführung, kurzer Bremsweg – natürlich eine entsprechend vorsichtigere Fahrweise vorausgesetzt. Auch von den zuletzt getesteten 27 Reifenmodellen gab sich im Schnee keines eine Blöße, wohl aber unter anderen Bedingungen.

Am Prüfstand

Auf dem Prüfstand standen diesmal Reifen der Klein- (bis Kompakt-)wagengröße 175/65 R14 T, geeignet für Geschwindigkeiten bis 190 km/h, gefahren auf einem Opel Corsa, sowie Reifen für Autos der (unteren) Mittelklasse im Format 195/60 R15 T (ebenfalls bis 190 km/h) auf einem Ford Focus. In beiden Fällen hatte der eher hochpreisige Reifen Michelin Alpin in der Endabrechnung die Nase vorn.

Verhalten auf nasser Fahrbahn

Das wichtigste Kriterium ist auch im Winter das Verhalten auf nasser Fahrbahn. Am besten abgeschnitten hat hier der Goodyear Ultra Grip 6, gefolgt vom Nokian WR, in der kleineren Klasse. In der 195er-Klasse lagen Dunlop SP Winter Sport M3, Michelin Alpin und Uniroyal MS plus 55 vorn. Auf Eis stoßen alle Konkurrenten an ihre Grenzen. Besser als „durchschnittlich“ wurde keiner gewertet. Die relativ beste Figur auf dem Eis machten bei den 175ern Michelin Alpin, Nokian WR und Semperit Winter Grip; bei den 195ern Michelin Alpin und Semperit Sport Grip.

Ganzjahres-Reifen

Goodyear Vector 5, der erste Ganzjahres-Reifen, der diesen Namen verdient, kann auch in seiner neuesten Version gut mit den Winterspezialisten mithalten: Er erreichte 64 Prozent des Punktemaximums  – zum Vergleich der Testsieger: 69 Prozent. Es gibt noch einen zweiten Reifen in der Wertung, der für alle vier Jahreszeiten empfohlen wird: der neue Nokian WR. Dessen Eigenschaften auf nasser, trockener oder Schneefahrbahn sind ähnlich ausgewogen wie beim Vector, allerdings zeigt er in der Verschleißfestigkeit Schwächen. Ein Minus, das er mit anderen Winterreifen gemein hat. Denn die weichere Gummimischung hat eben zur Folge, dass sich die Reifen schneller abfahren. Vergleichsweise gut schneidet auch in dieser Wertung der Vector 5 ab.

Minus: Transaprenz

Ein dickes Minus verdient sich die gesamte Branche in puncto Transparenz. Nach den Richtpreisen, die von den Herstellern angegeben werden, kann sich kein Mensch wirklich richten. Die tatsächlichen Händlerpreise sind manchmal nur halb so hoch. Das macht sinnvolle Preisangaben auch für uns fast unmöglich. Die Preise in der Tabelle sind daher nur als grobe Richtwerte zu verstehen. Häufig werden Komplettpakete angeboten: Vier Reifen mit Alufelgen, inkl. Wuchten und Montage – da kann man nur von Fall zu Fall vergleichen.

Unklarheiten

Im Unklaren wird der Kunde aber auch darüber gelassen, was er eigentlich kauft. Die Typenbezeichnungen bleiben oft über Jahre unverändert – trotz mitunter stark veränderter Konstruktion. Der potenzielle Käufer weiß nicht, welches Modelljahr ihm angeboten wird. Die einzige Möglichkeit, dies nachzuprüfen, ist ein Profilvergleich: Nur ein Reifen, dessen Profil mit der Abbildung in der Tabelle übereinstimmt, ist ein neues Modell, und nur auf ihn trifft unser Testurteil zu.

Reifen aller Hersteller tragen die sogenannte DOT-Kennziffer auf der Seitenwand, die Auskunft über ihr Produktionsdatum gibt. Seit Anfang 2000 ist diese Nummer nicht mehr dreistellig, sondern besteht aus vier Zahlen. Die beiden ersten Zahlen nennen die Produktions-Kalenderwoche, die nächsten Zahlen das Jahr.

Das hier gezeigte Beispiel bezieht sich auf die erste Kalenderwoche des Jahres 2000.

Das Foto des Nokian WR 175/65 R 14T in unserer gedruckten Konsument-Ausgabe (Heft 10/2002, S 19) ist leider falsch. Hier unserer Online-Ausgabe zeigen wir die richtige Abbildung.

Nässe und Verschleiß zählen. Auf Schnee und auf Eis gibt es keine großen Unterschiede. Weit größer sind sie auf nasser Fahrbahn; aber auch bei Komfort, Geräuschentwicklung und – nicht zuletzt – Verschleißfestigkeit, dem klassischen Schwachpunkt von Winterreifen.

Preise vergleichen. Die Preise können stark schwanken. Hersteller und Händler sind mit konkreten Preisangaben knausrig. Erkundigen Sie sich daher vor dem Kauf per Telefon nach vergleichbaren Preisen (inkl. Montage und Wuchten).

Vorsicht Ladenhüter. Die Typenbezeichnung wird über Jahre beibehalten. Ob es sich um ein neues Modell handelt, können Sie durch einen Profilvergleich feststellen.

So haben wir getestet

Aus einem internationalen Gemeinschaftstest, durchgeführt von Automobilclubs und Verbraucherorganisationen, veröffentlichen wir die Ergebnisse von 27 auch in Österreich erhältlichen Modellen.

Nasse Fahrbahn

Handling: Zeitwertung und subjektives Urteil auf dauerberegnetem 1900-Meter-Kurs; Bremsen: ABS-Bremsungen auf Asphalt und Beton aus 90 auf 20 km/h; Aquaplaning auf der Geraden: Einfahrt in ein 7 mm tiefes Wasserbecken mit konstantem Tempo und Beschleunigungen; Aquaplaning in Kurven: Befahren einer 200-m-Kreisbahn mit einem dauerberegneten Teilstück von 4 mm Wassertiefe, Einfahrt mit konstantem Lenkeinschlag mit 70 bis 100 km/h; Seitenführung: Befahren einer dauerberegneten Asphalt-Kreisbahn mit ansteigender Geschwindigkeit.

Schnee

Bremsen: ABS-Bremsungen auf festgefahrenem Schnee aus 30 auf 3 km/h; Anfahren (Traktion): Zugkraftermittlung in Abhängigkeit vom Schlupf; Passfahren: Traktion und Seitenführung auf Steigungen zwischen 9 und 12 Prozent.

Eis

Befahren einer Kreisbahn mit 18 m Durchmesser. Übrige Bedingungen wie auf Schnee.

Trockene Fahrbahn

Fahren auf einem Hochgeschwindigkeitskurs und subjektive Beurteilung.

Komfort

Federung: Befahren einer geeigneten Messstrecke mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten; bei Einzelstößen mit 80 km/h; bei hohen, mittleren und niederfrequenten Anregungen mit 30 bis 100 km/h; Geräusch innen; subjektive Beurteilung auf trockenem Asphalt und Beton mit 30 bis 80 km/h.

Umwelteigenschaften

Rollwiderstand: Verbrauchsmessungen bei 60, 100 und 130 km/h Konstantfahrt; Verschleißfestigkeit: Prüfung im Konvoi über 10.000 Kilometer und auf einem Verschleißprüfstand, Messung der Profiltiefe an je 24 Reifenstellen; Geräusch außen: subjektive Beurteilung einer Kunstkopfaufnahme der Abrollgeräusche auf einer ISO-Asphaltstrecke mit 80 km/h, bei abgestelltem Motor.

Schnelllaufprüfung

Höchstgeschwindigkeitstest nach den über die DIN 78051 hinausgehenden Anforderungen unseres Prüfprogramms auf einem Rollenprüfstand (alle mit Bestnote bestanden).

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