Wissen macht Bürger mündig
Mit Steuergeldern finanziertes Wissen, im Auftrag von Ämtern erstellte Studien, Gutachten, Messdaten und Statistiken landen in Österreich auf Behörden-Rechnern und in Aktenordnern, meist ohne dass die Öffentlichkeit daraus Nutzen ziehen kann. Es geht auch anders, zeigt etwa Hamburg mit seinem Transparenzgesetz: Neben Beschlüssen und Verträgen von öffentlichem Interesse sind auch alle Gutachten und Studien, die von Behörden in Auftrag gegeben wurden oder in eine Entscheidung einfließen, automatisch online zu veröffentlichen.
Gelebte Transparenz ermöglicht eine Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Bürgern und Verwaltung. Konsumenten wird der Rücken gestärkt, wenn sie in ihre Kaufentscheidungen auch Untersuchungen der zuständigen Behörden einbeziehen können; demokratische Mitbestimmung ist erst dann wirklich sinnvoll möglich, wenn lokale Bürgerinitiativen die Möglichkeit haben, auf den Wissensstand der Gemeinde zu kommen.
Lobbying transparent machen
Anfragen an Behörden können ein staatliches Umdenken befeuern, wie Beispiele aus dem Ausland zeigen: In Deutschland führte eine Anfrage im Vorjahr dazu, dass der Bundestag Details zu Lobbyisten, denen die Fraktionen Zugangsberechtigungen zum Reichstagsgebäude verschafft hatten, veröffentlichen musste. In der Folge wurden die Regeln für Firmen- und Interessenvertreter verschärft.
Auch in den USA beeinflussen Lobbyisten staatliches Handeln. So hatte die amerikanische Regierung über Jahrzehnte die Verwendung von Zahnseide propagiert. Vergangenes Jahr beantragte ein Journalist vom Gesundheitsministerium wissenschaftliche Nachweise, auf denen diese Empfehlung basierte. Daraufhin zog die US-Gesundheitsbehörde die Empfehlung zurück und antwortete, man habe keine entsprechenden Dokumente gefunden – das zuständige Gremium habe niemals untersucht, ob Zahnseide einen erwiesenen gesundheitlichen Nutzen habe.
Gesetzesentwürfe liegen im Parlament
Kommt diese Offenheit auch in Österreich? Seit über einem Jahr liegen Entwürfe der Regierungsparteien für ein Informationsfreiheitsgesetz und eine Verfassungsänderung im Parlament. Das Amtsgeheimnis soll gestrichen werden und stattdessen ein Grundrecht auf Informationszugang kommen. Zwar beinhalten die Entwürfe einige positive Neuerungen, darunter das Recht, Dokumente zu erhalten.
Informationen trotzdem geheim
In wichtigen Details bleibt der Gesetzesvorschlag jedoch weit hinter internationalen Standards zurück. Die Antwort-Frist soll sich auf bis zu 16 Wochen verdoppeln – zum Vergleich: EU-Behörden haben binnen 15 Arbeitstagen zu antworten. Eine Abwägung, ob bei einer Veröffentlichung der Republik oder Dritten ein konkreter Schaden entstehen würde und ob überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt, ist nicht vorgesehen – Informationen zu staatlichen Beschaffungen, Vergaben und Fördermitteln würden deshalb vermutlich weiter geheim bleiben.
Existenzbedrohendes Klagsrisiko
Wer sich die Möglichkeit einer zeitnahen Beschwerde offenhält, soll eine neue Bescheid-Gebühr von 30 Euro zahlen. Staatliche Stiftungen, Fonds und Unternehmen (ausgenommen börsennotierte) haben laut Entwurf in Zukunft Informationen zwar herauszugeben, durchsetzen müssten Bürger dieses Recht jedoch auf dem Zivilrechtsweg – und dafür ein mitunter existenzbedrohendes Klagsrisiko eingehen. Ob es in den Verhandlungen noch zu substanziellen Nachbesserungen kommt, ist derzeit nicht absehbar.