Zum Inhalt

Altersmedizin: Fragwürdige Behandlungen - Mehr Schaden, viele Nachteile

premium

In Spitälern und Pflege­heimen werden immer wieder Unter­suchungen und Therapien veranlasst, die den Patienten mehr schaden als nutzen. Die österreichische Ärzte-Initiative "gemeinsam gut entscheiden“ (gge) hat sich das Ziel gesetzt, entbehrliche medizinische Interventionen zu verhindern.

Durch Früherkennungsuntersuchungen, auch Screening-Untersuchungen genannt, sollen ­Tumore möglichst früh, in einem heilbaren Sta­dium, erkannt und so die Lebenserwartung erhöht werden. Die Mammographie, die Darmspiegelung oder die Prostatauntersuchung gehören dazu. Gerade langsam entstehende Tumoren wie Dickdarmkrebs können so rechtzeitig entdeckt werden.

Untersuchungen mit Risiken

Derartige Untersuchungen sind allerdings auch mit Risiken verbunden. Der ­Körper wird durch Strahlung oder Narkosemitteln belastet, und wenn die Unter­suchungen falsche Ergebnisse liefern, führt dies zu Verunsicherung. Gar nicht so selten folgen auf sogenannte "falsch positive" Ergebnisse auch unnötige Biopsien und Operationen.

Im Zuge der Krebs-Früherkennungsuntersuchungen werden auch Tumore entdeckt und behandelt, die nie zu Beschwerden geführt hätten. Eine Therapie kann die Lebensqualität erheblich einschränken, deshalb sollten Vor- und Nachteile ­einer Früherkennungsuntersuchung in jedem ­einzelnen Fall sorgfältig abgewogen werden.

Prostatakrebs-Früherkennung

Eine wissenschaftliche Studie über 13 Jahre hinweg hat gezeigt, dass mit Früherkennungsuntersuchung pro Jahr 4 von 10.000 Männern am Prostata­krebs selbst starben, ohne Früherkennungsuntersuchung waren es 5 von 10.000. Insgesamt verstarben pro Jahr aber gleich viele ­Männer (19 pro 10.000), egal, ob sie untersucht wurden oder nicht. Es gab also etwas weniger Todesfälle durch Krebs, möglicherweise führten aber Komplikationen durch Biopsien und Ope­rationen schlussendlich zur gleichen Zahl von Todesfällen. In der Gruppe der Männer über 70 starben trotz Früherkennungsuntersuchung ­etwa gleich viele an Prostatakrebs wie ohne Untersuchung.

Andere Studien zeigen, dass bei etwa 160 von 1.000 Männern die Tastuntersuchung der Prostata und eine Messung des PSA-Wertes ein auffälliges Ergebnis lieferte, obwohl die Pros­tata gesund war. Die nachfolgende Biopsie war unnötig. 20 Männer wurden einer Krebsbehandlung unterzogen, obwohl sie nicht an einem fortschreitenden Tumor litten.

Brustkrebs-Früherkennung

Bei Teilnahme an einem Brustkrebsfrüherkennungsprogramm versterben während elf Jahren 4 von 1.000 Frauen über 50 an Brustkrebs, ohne Untersuchung sind es 5 von 1.000. Mammographien zeigen bei 100 von 1.000 Frauen über 50 Jahren Auffällig­keiten, wo gar keine sind. 5 von 1.000 Frauen werden aufgrund eines Tumors operiert, der ­keine Beschwerden verursacht hätte.

Darmkrebs-Früherkennung

Von 1.000 Frauen im Alter von 65 Jahren, die eine Darmspiegelung hatten, sterben innerhalb von zehn Jahren 2 bis 4 Frauen an Darmkrebs. Ohne Untersuchung sind es 5 von 1.000 Frauen. Bei Männern sterben mit Darmspiegelung 3 bis 6 von 1.000 Untersuchten innerhalb von zehn Jahren, ohne Darmspiegelung sind es 9 von 1.000 Männern. Bei 2 bis 3 von 1.000 Darmspiegelungen treten Komplikationen auf.

Premium

Weiterlesen mit KONSUMENT-Abo:

  • 24-Stunden-Ticket
    oder
  • Online-Flatrate

Zugriff auf alle Artikel und Testergebnisse schon ab 3,75 Euro/Monat

Jetzt weiterlesen

Bereits registriert? Hier anmelden.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

3 jüngere Frauen unterhalten sich auf einer Couch sitzend

Altersvorsorge: Was Frauen beachten müssen

Damit im Alter nicht jeder Euro zweimal umgedreht werden muss, sollten Frauen möglichst früh die Weichen für eine selbstbestimmte, unabhängige finanzielle Absicherung stellen.

Eltern sitzen gemeinsam mit Kind am Küchentisch und diskutieren über finanzielle Angelegenheiten

Was ist Pensionssplitting?

Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer und Kindererziehungszeiten fehlen am Pensionskonto. Pensionen von Frauen sind daher oft viel geringer. Pensionssplitting soll dem entgegenwirken.

E-Card mit Foto Muster

Das e-Rezept und seine Tücken

Medikamente sollen nicht mehr auf Papier, sondern nur noch elektronisch verschrieben werden. Doch in vielen Apotheken fehlen Lesegeräte für die e-Card und Rezepte dürfen nicht mehr per Fax oder Mail versendet werden.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums

Sozialministerium
Zum Seitenanfang