Geldanlage: Bis zu 2 Milliarden US-Dollar will der WhatsApp-Konkurrent Telegram mit einem ICO in den kommenden Monaten einnehmen. Und auch in Österreich tut sich was: Die Crowdinvesting-Plattform Conda startet ein ICO. Aber was ist das überhaupt, ein Initial Coin Offering? Und ist es etwas für Kleinanleger?
Der Kurs-Höhenflug des Bitcoins in den vergangenen Monaten hat bei immer mehr Verbrauchern das Interesse an Kryptowährungen geweckt. Wie wir vom VKI dieses Thema grundsätzlich einschätzen, lesen Sie hier: Kryptowährungen: Bitcoin & Co - Digitale Münzen
ICO: Initial Coin Offering
In der zunehmend "kryptischer“ werdenden Finanzwelt taucht nun eine neue Abkürzung immer häufiger auf, der wir uns im Folgenden widmen wollen: ICO – kurz für „Initial Coin Offering“. Was verbirgt sich dahinter? Es handelt sich um eine relativ neue Form der Unternehmensfinanzierung. Die Schöpfer der Bezeichnung ICO spielen dabei mit der Nähe zum IPO, dem „Initial Public Offering“. Das ist die englische Bezeichnung für einen Börsengang. ICOs sind aber keine Börsegänge. Bei einem ICO werden statt Aktien oder anderen Finanzanlagen zur Firmengründung sogenannte Coins (daher das „C“ im ICO) oder Tokens (deshalb gibt’s auch ITOs) einer virtuellen Währung ausgegeben.
Echtes Geld für virtuelles
Es wird also zumeist „Echtgeld“ gegen „virtuelles Geld“ getauscht (bisweilen auch virtuelles Geld gegen virtuelles Geld). Im Unterschied zu einem Börsegang erfolgt diese Transaktion aber nicht über eine Wertpapierbörse, sondern wird direkt zwischen dem Emittenten (also dem Unternehmen) und dem Käufer abgewickelt.
Ohne Regulierung
Für ein Unternehmen ist ein ICO eine interessante Angelegenheit. Stark vereinfacht gesagt braucht es keine Regulierung (mit einigen Ausnahmen – etwa, wenn die Coins als Unternehmensbeteiligung ausgestaltet sind) und die Coins sind im Prinzip frei verfügbar. Dem Anleger kann etwas, wenn auch virtuelles, als Sicherheit übergeben werden und die Einlösung liegt irgendwann in der Zukunft.
Dabei gibt es unterschiedliche Varianten:
- Anspruch auf Kryptowährung: Der Käufer erwirbt einen Anspruch auf eine noch einzuführende und zu erstellende Kryptowährung. Über den zukünftigen Wert dieser Währung entscheiden ausschließlich Angebot und Nachfrage – und gegebenenfalls noch zukünftige Akzeptanzstellen (z.B. der Einzelhandel: Werden die Coins als Zahlungsmittel akzeptiert?)
- Anspruch auf Coins oder Tokens: Der Käufer erwirbt Coins oder Tokens, die einen späteren Bezug von Produkten der Firma zu einem bestimmten Tauschkurs ermöglichen. In diesem Fall fungieren die Coins ähnlich wie ein Gutschein und sind nicht als eigenständige Währung gedacht.
Großer Trend
ICOs liegen auf jeden Fall im Trend. 2017 konnten Unternehmen rund um den Globus damit rund drei Milliarden US-Dollar einnehmen. Derzeit starten täglich weltweit Dutzende ICOs von Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen. Wiewohl vor allem Start-ups und IT-Unternehmen die Nähe zu dieser Finanzierungsform suchen.
Betrug und Ungereimtheiten
In Österreich gingen bisher rund eine Handvoll ICOs über die Bühne – von so modern klingenden Unternehmen wie Hydrominer, Herosphere oder Cointed. Aber ICOs werden von so manchen Experten auch kritisiert und von der Finanzmarktaufsicht genau beobachtet. Überall auf dem Globus wurden bereits Betrugsfälle rund um ICOs aufgedeckt – oder zumindest Ungereimtheiten aufgezeigt. Auch in Österreich. Bei Cointed etwa, einem Unternehmen aus Kufstein bzw. Wien, das alle möglichen Produkte und Dienstleistungen rund um Kryptowährungen anbietet, wurde kritisiert, dass das ICO nicht nach österreichischem Recht betrieben wurde. Denn abgewickelt wurde es von einer Holding mit Sitz in Hongkong.
Neuland für Juristen
Faktum ist: Die rechtliche Situation muss erst an diese junge Finanzierungsform angepasst werden – Neuland auch für Juristen und die Finanzmarktaufsicht.