Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen haben zum Ziel, Risikofaktoren zu beurteilen und Krankheiten möglichst früh zu entdecken. Dabei gilt es, den Nutzen einer Untersuchung gegen einen möglichen Schaden abzuwägen.
Der Artikel bewertet folgende Untersuchungen:
- Bakterien im Harn
- Osteoporose-Test unter 50 Jahren
- Zuckerkrankheit erkennen
- Blutuntersuchung bei gesundheitsgefährdendem Alkoholkonsum
- Früherkennungsuntersuchung der Nieren
- Nahrungsergänzung mit Vitamin D
- Depression frühzeitig behandeln
Sinnvoll oder nicht?
Durch Vorsorgeuntersuchungen können Krankheiten frühzeitig behandelt werden. Meist fühlen sich Menschen, die sie in Anspruch nehmen, allerdings gesund. Mehrere Faktoren sind relevant, wenn es darum geht, ob eine Untersuchung notwendig und sinnvoll ist oder nicht: Zum einen bringt eine Früerkennungsuntersuchung keine Vorteile, wenn der Zeitpunkt der Behandlung der Krankheit – früh oder spät – keine Rolle spielt. Zum anderen sind die Ergebnisse von Untersuchungen nicht immer zuverlässig. Sogenannte falsch-positive Ergebnisse führen dazu, dass ein Mensch als krank eingestuft wird, obwohl er es nicht ist.
Darüber hinaus können Überdiagnosen dafür sorgen, dass Krankheiten behandelt werden, die zeitlebens nie bemerkt worden wären. Die Österreichische Gesellschaft für Public Health hat in Zusammenarbeit mit der Initiative "Gemeinsam gut entscheiden" sieben Vorsorgeuntersuchungen ausgewählt, für die in vielen Fällen kein tatsächlicher Nutzen nachweisbar ist. Im Gegenteil: Sie können auch schaden.
Bakterien im Harn
Bei Personen, die 65 Jahre oder älter sind, finden sich in etwa 5 bis 20 von 100 Fällen Bakterien im Harn. Sie leiden allerdings nicht unter den Beschwerden eines Harnwegsinfekts wie Brennen beim Wasserlassen, Harndrang oder Fieber. Wenn keine Beschwerden vorliegen, ist auch keine Antibiotika-Behandlung notwendig. Studien zeigen zudem, dass Personen, die zwar Bakterien im Harn haben, aber symptomfrei sind, nicht von einer Antibiotikaeinnahme profitieren.
Auch bei ihnen kann es später zu einem Harnwegsinfekt mit Beschwerden kommen. Es wird daher davon abgeraten, nach Bakterien im Harn zu suchen, ohne dass Beschwerden vorliegen. Außer bei schwangeren Frauen und vor urologischen Eingriffen: Hier sollen Bakterien im Harn grundsätzlich behandelt werden.
Fazit: Nur wenn Beschwerden vorliegen, empfiehlt es sich, nach Bakterien im Harn zu suchen. Ansonsten ist weder eine Untersuchung noch eine Behandlung erforderlich.
Die Initiative "Gemeinsam gut entscheiden" möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Anwendung von mehr medizinischen Untersuchungen, Behandlungen oder Medikamenten nicht immer besser ist. Das Projekt ist eine Kooperation von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems und dem Institut für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Weitere Informationen dazu finden Sie unter "Gemeinsam gut entscheiden" - Gesundheitsprojekt.
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