Am 5.7. erreichte uns folgender Leserbrief (Zwischentitel von der Redaktion):
Hallo Konsument Team,
leider muss man schon sagen, dass die Qualität eurer Artikel immer schlechter wird, Vergleiche und Anprangerungen von div. Dienstleistern absolut unsachlich und einseitig sind. Produkttests hinken meist, überhaupt hat man beim Lesen ihres Magazins den Eindruck, dass alles und jeder nur Betrüger sind.
Warum sehen sie nicht beide Seiten?
Ich bin selbstständiger Dienstleister und natürlich bin ich auch Konsument. Sogar ein guter, denn ich bevorzuge heimische Unternehmen, auch wenn sie teils wesentlich teurer sind. Ich verhandle selten nach, zahle sofort, schaue immer vorher, ob es da nicht ein Produkt aus Österreich gibt.
Unfaire Vergleiche
Mit was werde ich fast täglich nicht allem konfrontiert: Man wird mit Onlinehändlern verglichen, die Abgabengesetze nicht einhalten, im Ausland unter ganz anderem Steuerrecht agieren. Lokale Händler kaufen Ware meist teurer als diese Ware bei bekannten Größen verkauft werden.
Die Kunden wollen aber unsere Beratung. Da werden am Telefon sehr explizite Dinge gefragt bei denen einem sofort bewusst wird, dass man ausfragt. Wenn die Auskunft verweigert wird, reicht die Bandbreite von Enttäuschung, Verärgerung bis hin zu Beschimpfungen.
Beratungsbetrug
Da werden Angebote eingeholt, die dann nie zustande kommen und dann wird man 3 Jahre später zu einer Reparatur geholt und man findet dann 1:1 die Artikel aus dem Angebot vor, mit Marken, die die Konkurenz gar nicht nicht hat. Online gekauft und in Schwarzarbeit von einem Mitarbeiter der Konkurenz realisiert. Einzelfall? Absolut nicht.
Wenn jemand mit einer Teileliste zu mir kommt. Bitte. Dann vergleiche. Aber uns Teile suchen lassen und dann mit dem Angebot im Internet vergleichen ist aus meiner Sicht Betrug. Falls Ihre Redaktion das anders sieht, dürfen sie gerne ein bis zwei Tage die Woche zum Gratisarbeiten zu uns kommen.
2 - 6 Stunden für ein Angebot
Verlangen wir Geld für das Angebot, das in großen Zügen ein Konzept darstellt - an dem ich 2 - 6 Stunden sitze und in das meine Expertise von 20 Jahren Erfahrung fließt, bin ich ein Betrüger und Geldabschneider. Ein Angebot zu erhalten ist ja des Kunden gutes Recht. Seit geraumer Zeit schreibe ich die genauen Artikel nicht mehr ins Angebot, sondern nur noch die Leistungsdaten. Ich erhalte anschließend regelmäßig Anfragen nach den exakten Bezeichnungen und Artikelnummern, diese verweigere ich allerdings. Und ja: Ich will nicht verglichen werden. Die meisten Kunden sind in keiner Art und Weise auch nur im Geringsten dazu in der Lage, da man dafür vom Fach sein müsste.
Als Fachhändler vertreten wir natürlich auch diverse Marken. Es vergeht keine Woche, in der nicht jemand kommt oder anruft und eine Reparatur haben will - natürlich gratis - von im Internet gekauften Geräten. Die bekommen von uns nicht einmal die Versandadresse. Sollen die bitte bei Amazon anrufen und dort die Servicenummern erfragen.
Anfahrzeit ist unverschämt
Km-Geld ist unverschämt, Anfahrzeit ist unverschämt, Beratung verrechnen ist unverschämt. Einweisung berechnen ist unverschämt, allgemein: Der Stundensatz ist unverschämt. Wenn Arbeitszeit von unter einer halben Stunde verrechnet wird, dann ist das unverschämt, es war ja schließlich kein Aufwand ("du hast doch nur ganz kurz"). Nur dass ich einen Mitarbeiter komplett nur für solche Kleinarbeiten täglich voll auslaste. Eigentlich ist man immer, wenn man Geld will, unverschämt. Wenn man dann die Rechnung mit 10 Tagen Zahlungsziel pünktlich überwiesen haben will, ist man auch wieder unverschämt.
Mittlerweile haben wir eine noch strengere Gangart. Jedes Angebot und jeder Anrufer wird als Kunde angelegt und erst einmal gesperrt. Folgt kein Auftrag gibt es auch nie wieder ein Angebot. Wenn der Konsument vergleichen darf mit welcher Firma er arbeiten will, warum darf ich mir nicht die Kunden aussuchen? Ich mag nunmal keine Leute, die mir Arbeit anschaffen ohne dafür zu zahlen. Nochmals. Wenns sie das anders sehen, dürfen sie jederzeit bei mir gratis arbeiten anfangen.
Konkurrenz profitiert
Davon profitieren natürlich vor allem unsere Konkurrenten. Unsere Angebote können dann auch nicht mehr angefordert werden, um andere im Preis zu drücken und mir ist es egal. Genau solche Kunden, die im Angebot bei Punkt 8 und 9 sehen, dass ich da teurer bin, aber nicht sehen, das ich bei Punkt 7 und 12 billiger bin, brauch ich nicht. Ich beliefere viele Branchen. Und kaum ein kleines Unternehmen hat die Aufschläge und Gewinne, die Sie Ihren Lesern glauben machen wollen. Das mag auf Konzerne zutreffen, aber nicht auf die Fachhändler, Läden und Handwerker selber.
Unser Ladengeschäft haben wir wieder geschlossen. 80% der Kunden kamen nur zum Schauen und Ausfragen und bestellten dann online. Diese haben mit den bekannten Apps teils im Laden die EANs fotografiert und direkt bei Amazon in den Warenkorb gelegt. Das hat nichts mehr mit fairem Vergleichen und freier Marktwirtschaft oder was sonst noch alles argumentiert wird zu tun.
"Laut ihrem Weltbild sind wir das Böse"
Ich weiß, laut ihrem Weltbild sind wir das Böse. Null Service - kundenfeindlich. Ja, wir wollen Geld für unsere Arbeit. Und nein, wir sind nicht reich und auf Gewinnmaximierung aus. Denn jetzt kommt die Pointe: Höchstes Gebot in meiner Firma ist Service. Dem Service am und für den Kunden wird alles untergeordnet. Wir übernehmen oft Stunden auf eigene Kosten und sind da absolut kulant. Seit ich diese zugegeben radikalen Maßnahmen - natürlich nicht offiziell - eingeführt habe, die sie ja teils absolut anprangern, hat sich das Unternehmen erholt.
Servicequalität beim zahlenden Kunden
Die sinnlose Leerarbeitszeit wurde massiv reduziert, die Qualität des Services beim zahlenden Kunden ist massiv gestiegen, die Kundenzufriedenheit ist überragend und wir erfreuen uns unglaublicher Kundenzuwächse. Die Firma kann bestehen und die Arbeitsplätze meiner Mitarbeiter sind gesichert. Mit vielen Kunden, deren Kunde wir wiederum sind, ist es ein richtig tolles Miteinander. Jeder profitiert von jedem, viele vergeben die Aufträge nur untereinander.
Geiz-ist-Geil-Mentalität
Aus meiner Sicht ist der typische heutige Konsument der, der bei lokalen Läden, Anbietern und Dienstleistern Benefits bezieht und dann getrieben durch die Geiz-ist-Geil-Mentalität im Internet oder Diskounter kauft, Service dann aber wiederum vom lokalen Händler fordert. Die meisten wollen - oder können - nicht nachvollziehen, dass Beratungspersonal, Servicepersonal, Aussteller, Ladenflächen, Parkplätze, der Standort Österreich und nicht zuletzt SIE SELBER Geld kosten. Den der typische Konsument arbeitet nunmal nicht bei einem Onlinehändler und wer mal bei einem Diskounter gearbeitet hat, weiß woher die Preise kommen und wie mit Mitarbeitern umgegangen wird.
Job, Ausbildung für die Kinder, Sponsoren
Noch verwunderlicher ist, dass genau diese Art von Konsumenten sich in der Regel unterbezahlt fühlen und gar nicht kapieren, dass wenn sie ihr Geld immer schön online ausgeben das Kapital von der lokalen Wirtschaft abwandert und lokale Arbeitsplätze kostet. Und dann stehen sie wiederum auf einmal bei uns im Büro, wollen einen Job, für die Kinder eine Ausbildung, Sponsoren für den Club oder eben, dass ein Dienstleister am besten am Sonntag sofort ans Telefon geht, in 5 Minuten da ist und voller Begeisterung den offensichtlich nicht bei ihn gekauften Spülkasten am besten für 20 € repariert und dann warscheinlich noch eine negative Bewertung irgendwo in ein Portal knallt, dass der unverschämte Handwerker auch noch zu früh war.
Verzerrte Warnehmung und Populismus
Sie, meine liebe Redaktion, schützen nicht den Konsumenten, sondern fördern eine völlig verzerrte Warnehmung und betreiben Populismus - obwohl sie auch nicht besser sind. In meinem Fachbereich sind ihre Berichte jedenfalls, oberflächlich, falsch und teils sogar fahrlässig. Warum sollte es in anderen Bereichen anders sein? Produkttests decken oft überhaupt nicht unsere Erfahrungen. Ihre Bücher und Ratgeber sind oberflächlich, teils falsch und somit überteuert. Ihre Berichte sollen warscheinliche polarisieren, weil man ja nur mit ihrer Hilfe nicht betrogen wird. Wie sie am Ende Geld verdienen ist nebensächlich. Am Ende tun sie es auf die ein oder andere Weise.
Vergleichen, testen, Mißstände aufdecken
Vergleichen ist gut, testen ist gut, Mißstände aufdecken ist gut. Es gibt Betrüger, keine Frage, aber erst mal nicht so viele, wie sie es darstellen und auch nicht so wie sie es machen. Sorry.
Warum machen Sie nicht einmal einen netten Bericht, der zeigt wie die Konsumenten sind und halten ihnen einmal einen Spiegel vor? Am Ende sind vor allem kleine Unternehmen immer nur das zeitverzögerte Resultat des Verhaltens ihrer armen, immer betrogenen Konsumenten - die noch dazu in der Regel in Österreich genau so ein Unternehmen besitzen oder in einem arbeiten und somit selber Betrüger oder unfähig sind.
Grüße
Ein Konsument und Dienstleister