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Statt-Preise - Mieser Kundenpflanz

In manchen Branchen dominieren ganzjährig reduzierte Preise. Die dahinter steckende Preisgestaltung bleibt aber oft im Dunkeln.

Wenn das kein Wink des Schicksals ist – da ist man auf der Suche nach einem neuen Trekkingrad, und schon im ersten Sportgeschäft stößt man auf ein echtes Schnäppchen: 399 statt 599 Euro. Soll man da noch zögern? Wer weiß, wie lange der Angebotspreis gilt und ob noch mehr als das ausgestellte Stück auf Lager ist? „Keine Hektik!“, können wir da nur empfehlen.

Normalpreise eher Ausnahme

Auch andere Geschäfte haben reduzierte Preise; und bei weitergehenden Preisvergleichen zeigt sich nicht selten, dass das, was hier als außergewöhnliche Gelegenheit daherkommt, nur unwesentlich oder gar nicht unter dem üblichen Preisniveau liegt. Die Statt-Preisgestaltung hat in manchen Handelsbereichen Methode – egal ob im Prospekt, online oder im Geschäft. „Normalpreise“ sind da eher die Ausnahme als die Regel.

Speziell in der Sportartikel- und Möbelbranche scheint der Ausverkauf gar keine Pause zu machen. Manche Ware wird dort anscheinend schon als Schnäppchen geboren: Kaum vom Fließband genommen, liegt sie schon in der Aktions-Schütte oder wird mit einem grellbunten Statt-Preispickerl versehen. Hier wird oft auf den ursprünglichen Verkaufspreis oder die „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“ verwiesen. Dieser Preis ist durchgestrichen und darunter steht der aktuelle, günstigere Preis.

Vom Mondpreis zum Schnäppchen

Derartige Werbung mit vergleichenden Preisen ist nicht verboten und wird von zahlreichen Unternehmen als Marketinginstrument eingesetzt. Sie muss aber bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen (siehe Kasten „Klare Angaben zum Ausgangspreis“).

Manches wird vom Händler zunächst auch mit einem Mondpreis in die harte Verkaufsrealität geschickt. Darunter ist ein Preisniveau zu verstehen, das nur von jemandem akzeptiert wird, der auf dem Mond lebt. Da unser Einzelhandel von dieser Kundschaft nicht leben könnte, reduziert er den völlig überzogenen Mondpreis umgehend auf ein akzeptables Preisniveau – das dann in etwa auf der Höhe des vom Hersteller ursprünglich empfohlenen Verkaufspreises liegt.

Eine derartige Preisgestaltung ist unzulässig, da der Käufer hier bewusst irregeführt wird. Aber: Wer kontrolliert schon bei jedem Preis, wie hoch der Ausgangspreis war? Und wie lange muss ein bestimmter Preis überhaupt existiert haben, damit er als Vergleichspreis angegeben werden darf?

Sporthandel: dauerreduzierte Preise

Sportartikelhandel: Mangelnde Angaben

Wir haben uns zunächst im Sportartikelhandel umgesehen, wie es mit der Vorher- Nachher-Preisgestaltung aussieht. Doch die  Nachforschungen gestalteten sich schwierig: Sowohl bei Hervis als auch bei Sports Direct wurde in keinem der analysierten Fälle angegeben, worauf sich der aktuelle Preis bezog.

Bei beiden Händlern waren Vergleiche mit anderen Anbietern oft nicht möglich – sei es, weil die Produkte exklusiv dort angeboten werden, oder weil die Produktbezeichnungen so geändert bzw. so spärlich angeführt wurden, dass sich über das Internet keine Informationen zu den Produkten finden ließen.

Unklare Preisgestaltung

Bei Sports Direct ist praktisch das gesamte Sortiment ein „MegaValue“ oder um 20 bis 40 Prozent dauerreduziert – allerdings stellt sich rasch die Frage: von welchem Preisniveau ausgehend? Bei Kinder-Fußballschuhen beispielsweise lag die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) auf der Website des Herstellers bei 29,90 Euro. Sports Direct gab sie mit 40 Euro an und gewährte dann „40 % off“. Macht einen reduzierten Preis von 24 Euro – von 40 % Nachlass auf die UVP also keine Rede.

Möbelhandel: Ausgangspreis nicht nachvollziehbar

Fast immer Statt- Preise

Auch im Möbelhandel herrscht die Statt- Preis-Manie. Mit Ausnahme einzelner Markenprodukte, beispielsweise Betten von Birkenstock oder Griller von Weber, waren nahezu alle Produkte in unserer Erhebung mit Statt- Preisen ausgewiesen. Eine Erhebung von Vorher-Nachher-Preisen war in der Praxis nicht möglich, da das Sortiment schon mit Aktionspickerln ausgepreist war, wenn es in den Schauraum gerollt wurde.

Angabe des Ausgangspreises vergessen

In einzelnen Fällen haben auch Lutz und Leiner vergessen, über den Ausgangspreis zu informieren. So kostete etwa ein Pfannenset bei XXXLutz 119,90 statt 249,90 Euro – ohne Angaben zum Ausgangspreis. Laut Amazon lag der UVP für dieses Pfannenset bei 149,90 Euro und es wurde dort um 78,95 Euro angeboten.

Bei vielen anderen Produkten stimmte die UVP nicht mit den Angaben der Anbieter überein. Meist waren die Ursprungspreise zu hoch angesetzt (siehe Tabelle), in einigen wenigen Fällen auch niedriger als vom Hersteller empfohlen. Insgesamt ist allerdings anzumerken, dass die Preise für die analysierten Produkte im Vergleich zu jenen von Online-Händlern durchaus im konkurrenzfähigen Bereich lagen.

Intransparente Set-Preise

Auch bei Leiner sind fast durchwegs Statt- Preise zu finden; im Fall eines Topfsets lag dieser deutlich über der vom Hersteller ausgewiesenen UVP, auch wenn der reduzierte Preis letztlich wieder viel günstiger als die UVP war. Immerhin wurde bis auf einige Ausnahmen, vor allem bei Kleinartikeln, auch darauf hingewiesen, dass es sich bei den Vergleichspreisen um die Herstellerpreise handelte.

Besonders schwierig für Käufer in Möbelgeschäften ist: Bei kleinen Artikeln sind Preisrecherche und Preisvergleiche im Internet noch relativ einfach. Bei ganzen Sets wie Einbauküchen oder Schlafzimmern ist eine Rückverfolgung des Listenpreises oder eines ursprünglichen Verkaufspreises unmöglich.

Elektrohandel: Wenige Statt- Preise

Elektrohandel: Gute Preisgestaltung

Deutlich weniger Statt-Preise fanden sich – fast ein wenig überraschend – im mindestens ebenso preiskämpferischen Elektrohandel; am ehesten noch bei Weißware wie Kühlschränken, Waschmaschinen oder Trocknern.

Die Preisgestaltung der beiden untersuchten Elektrogroßhändler Saturn und Media Markt bei Aktionsware kann sich übrigens durchaus sehen lassen: In vielen Fällen lagen deren aktuelle Preise sogar noch unter den günstigsten Angeboten der Vergleichsplattform geizhals.at.

"Vorher-Preise" oft Herstellerpreise

Während Media Markt fast durchgehend angab, auf welchen „Vorher-Preis“ sich der aktuelle Preis bezog, ließ Saturn diesen Hinweis ebenso durchgehend unter den Tisch fallen – dabei hätte die Elektrokette von ihrer Preisgestaltung her nichts zu verheimlichen gehabt: Die Vorher-Preise entsprachen überwiegend den UVPs der Hersteller oder lagen zum Teil sogar weit darunter.

Die eingangs aufgeworfene Frage, wie lange ein Ausgangspreis bestehen muss, damit er als Vergleichspreis herhalten darf, ist übrigens selbst in der Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt. Beschränken wir uns also zunächst auf den frommen Wunsch, dass die Statt-Preise in allen Branchen seriös und mit allen erforderlichen Angaben angegeben werden.

Wer gut UND günstig einkaufen will, kommt um Marktrecherche und Preisvergleiche ohnedies nicht herum.

Klare Angaben zum Ausgangspreis

Klare Angaben zum Ausgangspreis

Preisvergleiche wie die Statt-Preisangaben sind in Österreich grundsätzlich erlaubt, solange sie nicht unlauter oder irreführend sind. Die genauen Vorgaben dazu sind im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) festgelegt: So muss einem Durchschnittskunden klar sein, mit welchem Preis verglichen wird, und es darf nur Gleiches mit Gleichem verglichen werden.

Außerdem muss aus dem Wortlaut oder dem Gesamtbild deutlich und übersichtlich hervorgehen, um welche Preise es sich bei den angegebenen Statt-Preisen handelt. Nur „399 € statt 599 €“ wäre zu wenig. Vielmehr müsste hier dabeistehen, worauf sich der Ausgangspreis bezieht (z.B. „vom empfohlenen Herstellerpreis“).

Auch unauffällige Erläuterungen des Verkaufspreises im Kleindruck beurteilte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach als nicht ausreichend deutlich.

 

Tabelle Statt-Preise: Sportartikelhandel - Hervis

Tabelle Statt-Preise: Sportartikelhandel - Sports Direct

Tabelle Statt-Preise: Elektrohandel - Media Markt

Tabelle Statt-Preise: Elektrohandel - Saturn

Tabelle Statt-Preise: Möbelhandel - XXXLutz

Tabelle Statt-Preise: Möbelhandel - Leiner

Zusammenfassung

  • Regel statt Ausnahme: Bei 70 bis 80 Prozent des Sortiments im Sport- und Möbelhandel sind Statt-Preise angegeben.
  • Mangelnde Angaben: Oft fehlt eine exakte Erläuterung, auf welchen Ausgangspreis – unverbindliche Herstellerempfehlung, ursprünglicher Verkaufspreis des Händlers – sich der Preis bezieht. Fehlende Produktangaben erschweren den Preisvergleich im Internet.
  • Marketingmethode: Lassen Sie sich von Statt-Preisen nicht zu Spontankäufen verführen. Schauen Sie sich immer in mehreren Geschäften um oder informieren Sie sich vorher im Internet über das allgemeine Preisniveau für die gewünschte Ware.

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