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Spenden - Das Geschäft mit der Mildtätigkeit

, aktualisiert am

In der Vorweihnachtszeit schwenkt der jährliche Wettlauf um die Spendengelder der Österreicherinnen und Österreicher in die Zielgerade ein. In Summe geht es um eine halbe Milliarde Euro – ein Riesengeschäft, bei dem auch eine Menge Geschäftemacher mitzocken.

Aber wer hat wie viel an wen gespendet? Das möchte das Finanzamt künftig gerne wissen. Deshalb werden die spendenbegünstigten Organisationen ab 2017 Name, Geburtsdatum und Spendenhöhe von jedem Spender sammeln – und in Form einer neuen "bereichsspezifischen Personenkennzeichnung" ans Finanzamt weiterleiten (müssen). Im Jahr 2014 waren es 112 Euro, die die österreichischen Spender durchschnittlich aufbrachten, in Summe rund 570 Millionen.

65 Euro Spenden pro Kopf und Jahr

Auf alle Einwohner umgelegt sind das 65 Euro pro Kopf, denn nur 62 Prozent der Landsleuten spenden. Und zwar in den nördlichen Bundesländern (zwei Drittel der Einwohner) häufiger als in den südlichen (nur jeder zweite). Männer spenden mehr (128 Euro) als Frauen (112 Euro), die Bewohner der Landeshauptstädte (124 Euro) mehr als jene der Bundeshauptstadt (108 Euro), die Altersgruppe 50+ am meisten (143 Euro).
Spendenweltmeister? Von wegen!

Platz 23: hinter Malaysia, Bhutan, Kenia

Im World Giving Index (WGI), der seit 2010 die Hilfsbereitschaft in rund 130 Ländern abbildet, landen wir auf Platz 23. Hinter Malaysia, Sri Lanka, Bhutan, Indonesien und Kenia; aber knapp vor Schweden, Finnland oder Luxemburg. Sieger ist übrigens Myanmar (Burma).

Tatsächlich ist der Anteil von Spendern in der österreichischen Gesamtbevölkerung laut Fundraising Verband Austria (FVA), einer der wichtigsten Spenden-Dachorganisationen des Landes, seit 2000 um satte 21 Prozent gesunken (auf 62 Prozent). Die Spendensumme aber ist gestiegen; rund die Hälfte liegt dennoch unter 50 Euro jährlich.

Stiftungen: geringe Ausschüttungen

In Deutschland spenden nur 34 Prozent, in Großbritannien 57 Prozent der Bevölkerung. Aber deren Pro-Kopf-Aufkommen ist deutlich höher: Deutschland schaffte um ein Drittel mehr (86 Euro), die Schweiz etwa das Dreieinhalbfache (108 Euro) und Großbritannien rund das Fünffache (332 Euro). Sieht man genauer hin, so zeigt sich, warum: Dem österreichischen Spendenaufkommen von 510 Mio. Euro (im Jahre 2012) standen nur 25 Mio. Euro an Stiftungsausschüttungen gegenüber, also etwa 5 Prozent.

In Deutschland lautete das Verhältnis hingegen 7 Mrd. Euro Spendenaufkommen zu 15 Mrd. Euro Ausschüttungen von gemeinnützigen Stiftungen. Pro Einwohner fließen dort somit 160 Euro von Stiftungen in gemeinnützige Aufgaben; in Österreich sind es gerade einmal 3 Euro.

Gemeinnützige Stiftungen: Gründung erleichtert

Geh’n ma stiften!

Das resultiere aus der aktuellen Gesetzeslage, die gemeinnützige Stiftungen benachteilige, monieren Kritiker seit Jahren. Die Betonung liegt dabei auf "gemeinnützig" – was in den meisten Ländern die Regel ist, stellt in Österreich nämlich die Ausnahme dar: Von den rund 3.500 Privatstiftungen hierzulande verwenden nur 220 ihre Erträge für gemeinnützige Zwecke.

Der Löwenanteil dient somit ausschließlich der (steuerfreundlichen) Verwaltung großer privater Vermögen. Germanisten verweisen deshalb gerne auf die Definition von "stiften gehen" laut Duden: "sich heimlich, schnell und unauffällig entfernen, um sich einer Verantwortung zu entziehen" ...

Gemeinnützige Stiftung: Gründung erleichtert

Eine grundlegende Erleichterung soll ab kommendem Jahr das neue Gemeinnützigkeitsgesetz bringen, das die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen entbürokratisieren und somit attraktiver machen soll. Damit könnte sich das jährliche Spendenaufkommen langfristig um bis zu 1,5 Milliarden erhöhen, hoffen die Spendensammler und sehen damit auch 2.900 neue Arbeitsplätze am Horizont des gemeinnützigen Tuns. Mit dem neuen Gesetz können erstmals auch Spenden für Kunst und Kultur steuerlich geltende gemacht werden – aber nur, wenn sie an Initiativen gehen, die bereits die Förderung einer Körperschaft erhalten. Nur „wo Tauben sind, fliegen Taube zu“, lautet hier die Logik des Gesetzgebers.

Spenden steuerlich absetzen

Die Konsumenten machen zunehmend Gebrauch von der Möglichkeit, ihre Spende steuerlich abzusetzen: Seit 2009 hat sich der entsprechende Betrag laut FVA auf 192 Millionen Euro mehr als verdoppelt (2013). Das ist gleichwohl nicht einmal ein Drittel der tatsächlich getätigten Spenden. Mit der automatischen Meldung ans Finanzamt wird der Betrag entsprechend ansteigen, die "Rückzahlungen" an die Konsumenten werden entsprechend zunehmen – sofern sie lohnsteuerpflichtig sind, denn für Einkommensteuerpflichtige gilt dieser Automatismus nicht; gemeldet werden müssen die Daten dennoch ...

Welche Spenden begünstigt sind

Welche Spenden sind begünstigt?

Erstens solche an Institutionen, die im Gesetz als spendenbegünstigt aufgezählt sind:

  • Unis
  • freiwillige Feuerwehren
  • Hochschulen
  • Akademien
  • Museen
  • die Nationalbibliothek
  • die Landesfeuerwehrverbände
  • die Internationale Anti-Korruptions-Akademie
  • ... und weitere Institutionen ...

Zweitens solche an Einrichtungen, die per Bescheid als spendenbegünstigt festgestellt wurden und auf einerOrganisationen, die eine Spendenabsetzbarkeit garantieren namentlich angeführt werden: "Wissenschaftliche Einrichtungen, Einrichtungen, die sich auf dem Gebiet der Mildtätigkeit, der Entwicklungshilfe und/oder der Katastrophenhilfe betätigen oder für diese Zwecke Spenden sammeln und Einrichtungen, die Umwelt-, Natur- oder Artenschutz betreiben oderTierheime führen oder für diese Zwecke Spenden sammeln." Derzeit können Spenden an 1.135 Organisationen abgesetzt werden.

Keine Begünstigung

Keine Begünstigung gibt es beispielsweise für Bildung oder Konsumenteninformation, religiöse und politische Zwecke, Tierschutz (außer Tierheime) und Kultur. Letztere ist aber im Gemeinnützigkeitspaket vorgesehen. Für den "qualifizierten Tierschutz" haben die Grünen im Oktober einen entsprechenden Antrag eingebracht, Ausgang offen. Alle Organisationen müssen sich der jährlichen Prüfung durch einen Wirtschaftstreuhänder stellen.

Im Jahr 2012 wurden die Forschungsvereine in diese Verpflichtung einbezogen. Daraufhin hat sich die Zahl der Spendenbegünstigten halbiert (hoher Prüfaufwand bei geringem Spendenaufkommen); 141 Vereine verloren ihre Spendenbegünstigung. Die Mehrzahl der österreichischen Forschungsvereine ist somit nicht mehr spendenbegünstigt.

Das Spendengütesiegel

Auch für das Spendengütesiegel ist die jährliche Prüfung durch ein Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) erforderlich, die das Siegel seit 2001 verleiht. Rund 250 Organisationen führen es derzeit. Die Spendenbegünstigung durchs Finanzamt ist dafür nicht erforderlich – und umgekehrt. Die Vergabe erfolgt "nach strenger Prüfung", wie immer wieder betont wird. Wie die genau aussieht, erfährt man jedoch nicht in allen Punkten. Vor allem die Definition der geforderten "Sparsamkeit & Wirtschaftlichkeit" bleibt offen.

Wieviel fließt in Verwaltung?

Gerade sie ist es aber, die Spender interessiert: Wie viel von der Spende kommt wirklich dem Spendenzweck zugute, wie viel bleibt durch Werbe-, Verwaltungs- und Personalaufwand auf der Strecke? Diese Angaben werden auf der Gütesiegel-Homepage (Österreichisches Spendengütesiegel) nicht veröffentlicht – sehr im Unterschied zum deutschen Pendant (Stiftung Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen). Dort finden sich zumindest die Eckdaten für jede Organisation; und die Werbe- und Verwaltungsausgaben werden beurteilt (bis 10 Prozent als "niedrig", bis 20 Prozent als "angemessen" und bis 30 Prozent als "vertretbar"). Auch finden sich explizite Spendenwarnungen.

Jahresberichte nicht immer leicht auffindbar

Organisationen mit dem Spendengütesiegel sind angehalten, "einen eigenen Internetauftritt" zu führen, "auf dem [...] der aktuelle Jahresbericht leicht auffindbar abgerufen werden kann". Bei einem KONSUMENT Stichprobentest führte nur ein Link von der Spendengütesiegel-Website direkt zum Jahresbericht der Organisation. Und nur auf 5 der 25 von uns gecheckten Spendenseiten fand sich auf der Startseite ein mehr oder weniger "leicht auffindbarer" Link zum aktuellen Finanzbericht. Die anderen vier Fünftel nötigen Spendenwillige zu größeren Suchaktionen. Das fördert nicht unbedingt das Vertrauen.

Bis zur Gehaltsstruktur

Auch wenn man die Finanzberichte findet – deren Aussagekraft ist sehr unterschiedlich. Da gibt es detailreiche Reports, mit Darstellungen bis hin zur Gehaltsstruktur der Organisation (wie etwa bei "Ärzte ohne Grenzen"), und solche, die mit eher knappen Angaben das Auslangen finden (wie beispielsweise der "Verein Aids Life – Life Ball"). Aufschlussreich ist die Lektüre allemal.

Zusammenfassung

  • Spendennachweise für die ArbeitgeberInnenveranlagung müssen für dieses und das kommende Jahr noch beleghaft aufbewahrt werden.
  • Spendengütesiegel ist eine brauchbare Orientierungshilfe, bringt aber keine Detailinformation über die Geschäftsgebarung der Organisationen und sollte nicht das alleinige Maß der Dinge sein.
  • Steuerbegünstigung  und Spendengütesiegel  zu erlangen kann für kleine Organisationen aufwendig sein; deren Fehlen ist somit nicht automatisch ein Negativ-Kennzeichen.
  • Tätigkeits- und Finanzberichte der Spendenorganisation sollten Sie bei nennenswerten Beträgen unbedingt beachten. Wer gut wirtschaftet, wird sie nicht in den Tiefen seiner Webpräsenz verstecken oder ganz unterschlagen.

Tabelle: Top 100 Spendenorganisationen

Diagramm: Spendenaufkommen in Österreich und international

Hier drei Infografiken mit Zahlen, Daten Fakten zum Spendenaufkommen in Österreich und Europa.

Spendenaufkommen in Österreich Diagramm (Grafik: FVA – Fundraising Verband Austria)

Spendenaufkommen in Österreich zwischen 2008 und 2015 in Mio € (Quelle: Fundraising Verband Austria - FVA)

So spenden Österreichs Bundesländer (Grafik/Quelle: Public Opinion - Institut für Sozialforschung Linz)

So spenden die Budesländer (Quelle: Public Opinion/Institut für Sozialforschung Linz)

So spenden anderen europäischen Nationen (Grafik/Quelle: European Fundraising Association 2015/FVA)

So spenden andere europäische Nationen (Quelle: European Fundraising Association 2015/FVA)

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