Zum Inhalt

Patenschaften - Sinnvoll oder nicht?

Mit einer Patenschaft Menschen in armen Ländern unterstützen? Über die Sinnhaftigkeit gehen die Meinungen auseinander.

Emanuel sitzt auf einer Decke am Boden und blickt spitzbübisch in die Runde. "Seht her, was ich kann!", scheint sein Blick zu sagen. Dass der Fünfjährige, der zart und zerbrechlich wirkt, überhaupt sitzen kann, grenzt an ein Wunder: Er war bei seiner Geburt gelähmt, die – unverheiratete – Mutter hatte ihn gleich nach der Niederkunft im Busch zurückgelassen. Seitdem plagen den Jungen aufgrund der Unterversorgung bei der Geburt Spasmen, die seine Hände verkrampfen.

Glück im Unglück

Doch Emanuel hatte Glück im Unglück: Er wurde nach 24 Stunden von Frauen aus dem nahen Dorf entdeckt und zu Noelie Oubda gebracht, die selbst keine Kinder bekommen kann und sich des Babys annahm. Heute wird die Familie von einer mobilen Sozialarbeiterin mit physiotherapeutischer Ausbildung aus dem nahen Rehabilitationszentrum betreut: Hélène kommt zweimal die Woche, um die Fortschritte des Kleinen zu überprüfen und um mit der Pflegemutter physiotherapeutische Übungen durchzugehen.

Beispiel: Licht für die Welt

Möglich macht das der Verein Licht für die Welt, der Kinder wie Emanuel im westafrikanischen Burkina Faso betreut. Der gemeinnützige Verein setzt sich seit 25 Jahren für die Chancen und Rechte behinderter Menschen in Entwicklungsländern ein, auch in Form von Kinderpatenschaften.

"Die Patenschaften kommen allen von Licht für die Welt betreuten Kindern des Schwerpunktlandes zugute, nicht nur ausgewählten Kindern", erklärt Pressesprecherin Gabriela Sonnleitner. "Damit wollen wir die Bevorzugung von einzelnen Kindern vermeiden." Licht für die Welt unterstützt derzeit 152 Hilfsprojekte in Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa.

Patenschaft für behinderte Kinder

In den Programmländern arbeitet der Verein eng mit lokalen Partnern, Fachorganisationen, Experten und offiziellen Stellen zusammen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Ausbildung lokaler Fachkräfte – nur so kann eine dauerhafte medizinische Versorgung der Bevölkerung gewährleistet werden.

Mit einer Kinderpatenschaft können behinderte Kinder unterstützt werden: 25 Euro pro Monat ermöglichen eine gezielte Förderung durch Rehabilitation und medizinische Versorgung. Aufklärung im Dorf bewirkt zudem, dass Kinder mit Behinderungen nicht länger ausgeschlossen, sondern integriert werden.

Nachhaltige Hilfe für ganze Dörfer

Nachhaltige Hilfe für ganze Dörfer

"Von einer Kinderpatenschaft profitiert nicht nur das Kind, sondern die gesamte Familie und ganze Regionen", erklärt Anton Kühnelt-Leddihn von World Vision. Die Hilfsorganisation leistet weltweit Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Nothilfe und Anwaltschaftsarbeit.

"Ein Kind steht als Botschafter für viele andere", so Kühnelt-Leddihn. Eine über mehrere Jahre laufende Patenschaft helfe, langfristig zu planen. Vor jedem neuen Projekt wird gemeinsam mit den Dorfbewohnern erörtert, welche Probleme es gibt und was sie selbst zu deren Lösung beitragen können.

Hilfe zur Selbsthilfe

"Vielen Paten ist der direkte Kontakt zu 'ihren' Kindern wichtig, ob das nun Briefkontakt ist oder auch ein persönlicher Besuch", ergänzt Kühnelt-Leddihn. Das oberste Prinzip von World Vision laute: Hilfe zur Selbsthilfe. "Wir verstehen uns als Partner der Menschen und sehen sie nicht als reine Almosenempfänger."

Patenschaften für Frauen

Die Hilfsorganisation CARE bietet dagegen Patenschaften für Frauen an, da Frauen in den ärmsten Ländern überdurchschnittlich von Armut, Diskriminierung, sozialer Ausgrenzung und Naturkatastrophen betroffen sind.

CARE Patenschaften unterstützen jedoch nicht nur einzelne Personen, sondern finanzieren auch langfristige Projekte, die das soziale Umfeld der Begünstigten mit einbeziehen: In Bangladesch lernen Frauen, als neue Einnahmequelle Heilpflanzen anzubauen, die bisher aus Indien importiert werden mussten.
 

Wie fair sind Patenschaften?

Administrativer Aufwand, negative Effekte

Immer mehr Organisationen bieten Patenschaften für Kinder und ihre Familien in Entwicklungsländern an: UNICEF, SOS Kinderdorf oder Caritas, um nur einige zu nennen. Erwin Eder, Geschäftsführer der Dreikönigsaktion, sieht diese Entwicklung kritisch: "Abgesehen vom hohen administrativen Aufwand bestehen erhebliche Risiken, dass die Würde von begünstigten Kindern und deren Familien verletzt wird oder negative Effekte in der Gemeinschaft entstehen."

Projektpatenschaft besser?

Die Dreikönigsaktion orientiert sich an den Empfehlungen der Schweizer Zertifizierungsstelle für gemeinnützige, Spenden sammelnde Organisationen (ZEWO), die auf ihrer Website schreibt: "Verzichten Sie auf eine individuelle Patenschaft mit direktem Kontakt zu Kindern und übernehmen Sie lieber eine Projekt-, Länder- oder Themenpatenschaft."

Auch die Diakonie Österreich ist Kinderpatenschaften gegenüber kritisch eingestellt. "Kinderpatenschaften mit Bildern von hübschen Kindern lassen sich natürlich gut verkaufen, stellen jedoch eine Ungleichheit her", meint Dagmar Lassmann, Leiterin der Diakonie-Auslandsarbeit.

Stärkung der lokalen Zivilgesellschaft

Kinderpatenschaften könnten ein Gefühl der Nähe vermitteln und seien daher für Menschen geeignet, die eine Beziehung mit einem Kind oder einer Familie aufbauen wollen.

"In der Auslandsarbeit der Diakonie geht es uns jedoch darum, die lokale Zivilgesellschaft zu stärken, da diese die Bedürfnisse der Menschen in den Communities am besten kennt."

Tiere und Wälder

Auch Tiere und Wälder suchen Paten

Dass Patenschaften nicht nur Menschen helfen, sondern beispielsweise auch beim Tierschutz, erklärt Ingrid Kaiser-Hackl vom WWF: "Die regelmäßige Unterstützung ist wichtig für die langfristige Planung unserer Projekte."

Immer mehr Tierarten sind vom Aussterben bedroht. So leben von einst 100.000 Tigern heute nur mehr rund 3.200 in freier Wildbahn. Ziel des WWF (World Wide Fund For Nature) ist, bis 2022 wieder 6.400 Tiger durch die Wälder ziehen zu lassen. Auch die Eisbären könnten bald ausgestorben sein: Der Klimawandel bedroht das Leben der arktischen Bewohner.

Wildtier-Patenschaft ...

Das Packeis schmilzt immer früher und die Eisbären müssen länger an Land bleiben. Dort finden sie keine Nahrung – und verhungern. Der WWF bietet Wildlife-Patenschaften ab 5 Euro monatlich an, die gefährdete Tierarten wie Tiger, Eisbären oder Pandas erhalten sollen.

... oder Regenwald-Patenschaft ab 5 Euro / Monat

Auch Regenwald-Patenschaften werden vom WWF angeboten. Der Hintergrund: Die weltweite Waldfläche nimmt rapide ab. Alle zwei Sekunden geht durch Abholzung Wald in der Größe eines Fußballfeldes verloren. Die Abholzung hat ihren Preis. Die großflächige Zerstörung von Wäldern nimmt den dort lebenden Menschen und Tieren ihren Lebensraum und trägt zudem maßgeblich zum Klimawandel bei.

Mit 7 Euro pro Monat hilft der Pate dem WWF, 700.000 m² Amazonas-Regenwald für ein Jahr zu schützen, und schenkt damit auch bedrohten Regenwaldbewohnern wie Jaguar und Orang-Utan eine Zukunft.

"Der WWF Österreich engagiert sich besonders für die Erhaltung der Regenwälder am Amazonas und hier für das ARPA-Programm", erklärt Kaiser-Hackl. "Im Zuge des Amazon Region Protected Areas Programme wurden seit 1998 mehr als 50 Millionen Hektar Regenwald zum Schutzgebiet erklärt."

Spenden-Einsatz nach Bedarf

Greenpeace dagegen bietet seit einiger Zeit keine Patenschaften mehr im klassischen Sinn an. "Es gibt spezielle Spenden, die dann schwerpunktmäßig zu den entsprechenden Kampagnen eingesetzt werden", erklärt Pressesprecherin Melanie Aldrian.

"Der Spendenbetrag wird also nicht zweckgebunden im Sinne einer Patenschaft eingesetzt, sondern dort, wo der größte Bedarf besteht. Für Wald-Kampagnen etwa gibt es Wald-Unterstützer, deren Gelder dem Schutz der Wälder und ihren bedrohten Bewohnern zukommen."

Transparenz ist wichtig

Gütesiegel

Seriöse Hilfsorganisationen machen für die Spender transparent, was mit ihrem Geld geschieht. Dr. Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbandes Austria, empfiehlt, auf das Österreichische Spendengütesiegel zu achten. "Vor allem bei kleinen Organisationen ist das Siegel wichtig."

Rechnungsprüfung

Beim WWF etwa findet jährlich sowohl eine interne als auch eine externe Rechnungsprüfung statt. Die gleiche Vorgehensweise bestätigt Anton Kühnelt-Leddihn von World Vision: "Die jährliche Finanzprüfung erfolgt durch das renommierte internationale Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG. Der Pate erhält zudem einen jährlichen Entwicklungsbericht des Patenkindes sowie einen detaillierten Fortschrittsbericht."

Nicht ohne Gütesiegel

Ob mit oder ohne Patenkind: Sie sollten nur solchen Organisationen eine Spende zukommen lassen, die das Österreichische Spendengütesiegel tragen.

Bild: Spenden Gütesiegel

Es wird nach eingehender Prüfung an Spendenorganisationen verliehen, die eine sparsame Haushaltsführung sowie eine transparente und ordnungsgemäße Verwendung der Spenden nachweisen können.

Das Spendengütesiegel muss bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) beantragt werden. Einige der Kriterien, die eine Organisation erfüllen muss, um das Spendengütesiegel zu erlangen, sind: Sitz der Organisation in Österreich und österreichische oder EU- oder EWR-Rechtsform; gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke; ein geordnetes Rechnungswesen mit internem Kontrollsystem und ein dem Organisationsumfang entsprechender Rechnungsabschluss.

Das Gütesiegel muss jährlich erneuert werden. Dadurch wird die Spendensicherheit laufend gewährleistet. Ein großer Teil der österreichischen Non-Profit-Organisationen trägt das Spendengütesiegel bereits (Details: Österreichisches Spendengütesiegel).

Spenden absetzen

Die meisten Spenden und somit auch Patenschaften sind steuerlich absetzbar, seit dem 1. Jänner 2012 auch für Tier- und Umweltschutzorganisationen. Pro Jahr dürfen bis zu 10 Prozent der Einkünfte des Vorjahres als Spende abgezogen werden. Auf www.bmf.gv.at finden Sie eine Organisationen, die eine Spendenabsetzbarkeit garantieren.

Organisationen, die Patenschaften anbieten

Zewo
Übersicht: Patenschaften im Ausland

Licht für die Welt
Licht für die Welt

SOS Kinderdorf
SOS Kinderdorf: Patenschaft

World Vision
World Vision

Plan
Plan: Mädchen-Patenschaften

Caritas
Caritas: Patenschaften

Care
Care: Frauenpatenschaften

Kindernothilfe
Kindernothilfe: Patenschaft

UNICEF
Unicef: Patenschaft

WWF
WWF: Patenschaften

Vier Pfoten
Vier Pfoten Österreich

Greenpeace
Greenpeace

Kontrolle der Spenden

Österreichisches Spendengütesiegel
Österreichisches Spendengütesiegel

Fundraising Verband Austria
Fundraising Verband Austria

Spendenabsetzbarkeit

Alles über Spendenabsetzbarkeit
Spendenabsetzbarkeit - Infos

Organisationen, die eine Spendenabsetzbarkeit garantieren
Organisationen, die eine Spendenabsetzbarkeit garantieren
 

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

Das neue Einwegpfandsystem ab 2025

Das neue Einwegpfandsystem ab 2025

Ab dem 1. Jänner 2025 muss für jede geschlossene Einweg-Getränkeverpackung aus Kunststoff oder Metall mit einer Füllmenge von 0,1 bis 3 Liter ein Pfand von 25 Cent gezahlt werden.

ePrämie: Eine Prämie fürs Stromtanken premium

ePrämie: Eine Prämie fürs Stromtanken

Besitzer:innen von Elektroautos können für ihre umweltfreundliche Art der Fortbewegung eine jährliche Prämie kassieren. Aber was ist der Sinn und Zweck dieses Anreizsystems?

Was ist eine Energiegemeinschaft?

Was ist eine Energiegemeinschaft?

Energiegemeinschaften sind eine Möglichkeit, sich direkt an der Energiewende zu beteiligen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang