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Schlaganfall - Im Notfall gut versorgt

Betroffene haben in Österreich Glück im Unglück, denn Notfallversorgung und Fortschritte in der Behandlung sind beachtlich. Ein Blick hinter die Kulissen.

Schlaganfall: Im Notfall gut versorgt; (Bild: Syda Productions/Shutterstock.com)

Wer einen Schlaganfall erleidet, ist im Wettlauf mit der Zeit. Denn je schneller ein Betroffener medizinisch versorgt wird, umso besser sind die Aussichten, dass nach dem Schlaganfall alles wieder „wie vorher“ wird. Der erste Schritt ist die Alarmierung eines Rettungsteams, denn nur so ist sichergestellt, dass die betroffene Person auch dort landet, wo das meiste für die rasche Behandlung unternommen werden kann: in einer sogenannten „Stroke Unit“ in einem nahe gelegenen Krankenhaus.

Erfahrene Teams handeln rasch

„Stroke Unit“ bedeutet übersetzt Schlaganfall- Einheit. Das sind spezielle Teams in einem Krankenhaus, die über besonderes Wissen und Erfahrung zur Behandlung von Schlaganfall-Patienten verfügen. Der Unterschied zu einer „normalen“ Notfallaufnahme in einem Spital ist die Überwachungseinheit in der Akutphase, gleich nach der Einlieferung. Aktuell sind die Kapazitäten in den Spitälern zum Teil stark angespannt, auf die Arbeit der Stroke Units hat das derzeit aber noch keine Auswirkungen.

Wenn ein Patient eingeliefert wird, hat er ein instabiles Krankheitsbild und die Entwicklung seines Zustandes lässt sich nur schwer vorhersagen. Daher sind auch hier viel Wissen und Erfahrung erforderlich, die in dieser Stroke Unit vorhanden sind. Derzeit verfügen die heimischen Spitäler über insgesamt rund 40 Stroke Units. Die sind so über ganz Österreich verteilt, dass jeder Betroffene im Notfall mit dem Rettungsauto in maximal 45 Minuten das nächste spezialisierte Zentrum erreichen kann. „Es kommt nicht auf die Zahl der Einrichtungen an, sondern darauf, wie rasch der Patient nach dem Absetzen des Notrufs dort hingebracht und behandelt werden kann.

 

 

Zeit ist Hirn

Es gibt einzelne, aber sehr wenige Regionen in Österreich, in denen das nicht möglich ist, dort kommen dann Hubschrauber zum Einsatz. Daher ist es auch sehr wichtig, im Notfall nicht selbst zu fahren, sondern auf jeden Fall die Rettungskräfte zu alarmieren“, betont Univ.-Prof. Dr. Stefan Kiechl von der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck und Präsident der Österreichischen Schlaganfall-Gesellschaft (ÖGSF).

Behandlungsrichtlinien

Die Anforderungen an eine Stroke Unit variieren in den verschiedenen europäischen Ländern. In Österreich ist in diesen Abteilungen immer ein Spezialteam aus Notfallmedizinern, Neurologen, Radiologen, Neurochirurgen, Gefäßchirurgen und speziellen Pflegefachkräften vorhanden und auf eine Neuaufnahme vorbereitet. Diese Teams aus verschiedenen Fachrichtungen sind besonders erfahren in der gemeinsamen Arbeit mit Schlaganfall-Patienten, daher kann die Behandlung sehr rasch und routiniert ablaufen. Notwendige medizinische Geräte zur Untersuchung wie ein Computertomograf (CT) und ein Magnetresonanztomograf (MRT), eine zerebrale Katheterangiografie (DSA), ein Ultraschall oder Laboranalysen müssen in einer Stroke Unit rund um die Uhr bereit sein. Alle erforderlichen Untersuchungen in dieser Akutphase werden in sehr kurzer Zeit durchgeführt. „Zeit ist Hirn“ heißt nach wie vor der Slogan, wenn es um die Versorgung geht.

Untersuchung und Behandlungsbeginn

Nach den internationalen Behandlungsrichtlinien sollte ein Betroffener mit Verdacht auf Schlaganfall innerhalb von zehn Minuten nach Eintreffen in der Klinik von einem Arzt gesehen werden. Die Untersuchung mit dem Computertomografen sollte innerhalb von 25 Minuten und die Behandlung innerhalb von 60 Minuten beginnen. Innerhalb von drei Stunden nach dem Eintreffen in der Stroke Unit sind alle erforderlichen Untersuchungen und Behandlungen abgeschlossen und die lebenswichtigen Funktionen werden überwacht. „Die zunehmende und flächendeckende Einrichtung der Spezialeinheiten in Österreich soll sicherstellen, dass diese Richtwerte für jeden Patienten eingehalten oder oft sogar noch unterschritten werden. Im Bundesland Salzburg gibt es aktuell noch die Möglichkeit, drei Krankenhäuser per Videokonferenz mit Experten zu vernetzen“, gibt Kiechl weiter Einblick.

 

Vitalparameter und Krankengeschichte

Erhebung der wichtigsten Parameter

Routinearbeit nach Aufnahme Wenn ein Patient mit Verdacht auf Schlaganfall im Krankenhaus aufgenommen wird, werden zunächst die sogenannten „Vitalparameter“ erhoben. Das heißt, man untersucht, ob der Patient normal atmen kann, einen stabilen Kreislauf hat, die Temperatur und der Blutzucker werden gemessen, auch ein Elektrokardiogramm (EKG) wird sofort gemacht.

Symptome und Vorerkrankungen

Dann wird versucht, herauszufinden, was genau passiert ist, wann die ersten Symptome des Schlaganfalls aufgetreten sind, ob der Patient noch andere Erkrankungen hat oder sich in letzter Zeit verletzt hatte sowie welche Medikamente er einnimmt. Dieses Gespräch wird mit dem Patienten und gemeinsam mit Begleitpersonen, Angehörigen und dem erstversorgenden Team geführt, um ein möglichst genaues Bild der Krankengeschichte zu erhalten.

Es ist für die Entscheidung betreffend weitere Untersuchungen und die Therapie bestimmend. Schlaganfall-Patienten sind aufgrund ihrer neurologischen Beeinträchtigung häufig nicht in der Lage, genaue Angaben zu machen. Der Patient wird dann klinisch neurologisch untersucht. Parallel dazu wird Blut abgenommen und erste Laboruntersuchungen werden angefordert. Bestätigt sich nach diesem ersten kurzen „Check“ der Verdacht, dass ein Schlaganfall vorliegt, folgen weitere Untersuchungen der sogenannten „bildgebenden Diagnostik“: Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT). Beide Methoden geben Antwort auf die Frage, ob der Schlaganfall aufgrund eines Gefäßverschlusses oder infolge einer Hirnblutung entstanden ist.

 

Frühe Reha - bessere Erfolgschancen

Lernen für den neuen Alltag

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Krankenhäusern mit und ohne Stroke Unit, der für die Genesung der Patienten nach einem Schlaganfall aber besonders wichtig ist: die Frührehabilitation. Auch hier haben die Schlaganfall-Einheiten die Nase vorn, denn schon am Tag nach dem Ereignis kann, anders als auf anderen Intensivstationen, mit der Rehabilitation ohne Verzögerung begonnen werden. Die Rehabilitation spielt nach einem Schlaganfall eine besonders wichtige Rolle. Betroffene lernen hier, mit möglichen bleibenden Beeinträchtigungen zu leben und sich damit im Alltag zurechtzufinden.

Ein möglichst früher Beginn der Rehabilitation erhöht die Chancen auf Erfolg. Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten beginnen oft bereits am Tag nach der Einlieferung mit der Rehabilitation. Patienten bleiben im Schnitt zwei bis drei Tage auf einer Stroke Unit und werden dann auf die Normalstation verlegt, außer im Fall von Komplikationen.

Wichtige Untersuchungsmethoden auf einen Blick

Computertomografie (CT)

Eine CT-Untersuchung dauert oft nur wenige Minuten und ist völlig schmerzlos. Der Patient wird dabei auf einer verschiebbaren Liege in den Computertomografen gefahren. Mithilfe von Röntgenstrahlen werden Bilder erzeugt. Je dichter ein Gewebe ist, desto weniger wird an dieser Stelle die Röntgenstrahlung reflektiert. Daraus ergeben sich Schichtaufnahmen des Schädels. Sie zeigen den Ort, die Ausdehnung und die Ursache der Durchblutungsstörung.

Ein zusätzliches Kontrastmittel ermöglicht, dass die Blutgefäße, Gefäßverengungen und Gefäßverschlüsse oder Blutungen genau abgebildet werden können. Moderne Computertomografien können auch den Blutfluss im Gehirn darstellen. Bei dieser sogenannten „CT-Perfusion“ wird ein Kontrastmittel gegeben und mithilfe einer eigenen Software kann der Blutfluss oder das Blutvolumen farblich dargestellt werden. Daraus lässt sich noch besser erkennen, wo und in welchem Ausmaß eine Durchblutungsstörung vorliegt. Mit einer CT-Perfusion kann man abschätzen, ob Gewebe im Gehirn bereits vollständig abgestorben oder nur schlecht durchblutet ist.

Magnetresonanztomografie (MRT)

Bei dieser Untersuchung wird der Patient in eine Röhre geschoben. Über Magnetfelder und Radiowellen werden Schnittbilder der Organe erzeugt. Daher gibt es bei der MRT-Untersuchung keine Strahlenbelastung. Schon sehr kleine Blutungen, die Lage, die Ausdehnung und der Zeitpunkt des Schlaganfalles lassen sich mit einem MRT sehr gut beurteilen. Bei den meisten Personen mit einem Herzschrittmacher oder mit bestimmten Metallimplantaten ist ein MRT nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich.

Ultraschall

Bei einer Ultraschalluntersuchung fährt der Arzt mit einem Schallkopf über die Körperoberfläche. Je nach der Struktur des Gewebes darunter werden die Ultraschallwellen zurückgeworfen. Über den Schallkopf werden diese Wellen aufgenommen und daraus wird ein Bild berechnet. Ein Ultraschall der großen Hirngefäße wird meist erst nach der akuten Phase durchgeführt, um eine mögliche Ursache für den Schlaganfall zu finden.

Buchtipp: Schlaganfall

Der Schlaganfall gilt als zweithäufigste Todesursache und Hauptgrund für Behinderungen: Jeder vierte Österreicher ist betroffen, jeder sechste davon stirbt an den Folgen.

Schlaganfall - erkennen, behandeln, weiterleben (Cover: VKI)

Vorbeugen ist mit einfachen Änderungen unseres Lebensstils möglich: nicht rauchen, wenig Alkohol, täglich 30 Minuten Bewegung und ein gesundes Körpergewicht. Tritt dennoch ein Schlaganfall auf, so gilt: „Zeit ist Hirn“ – je rascher Hilfe und medizinische Versorgung möglich ist, desto besser sind die Chancen, ohne Folgeschäden davonzukommen. Österreich ist weltweit Vorbild bei der Schlaganfall-Akutversorgung. Wie Patienten von der Forschung profitiert, wie Hilfe im Notfall aussieht, welche Behandlungen erfolgversprechend sind und wie das Leben trotz Schlaganfall lebenswert bleibt, lesen Sie in diesem Buch!

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