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Frau hat Rückenschmerzen oder Kreuzweh und halt sich die Hände an ihren Rücken
Welche Behandlung ist bei Rückenschmerzen sinnvoll? Ursache, Diagnose, Prävention - welche Behauptungen sind richtig und welche stimmen nicht? Bild: Paisit Teeraphatsakool / Shutterstock.com

Rückenschmerzen - Was tun? Faktencheck geläufiger Thesen

Um Ursache, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten von Rückenschmerzen ranken sich viele Mythen. Welche Behauptungen stimmen – und welche nicht?

Rückenschmerzen sind ein Volksleiden. Schätzungen zufolge sind in Österreich rund 1,9 Millionen Menschen betroffen, die Mehrzahl Frauen. Medizinisch werden Schmerzen an der Körperrückseite von den Schultern abwärts bis einschließlich des Gesäßes als Rückenschmerzen bezeichnet. 

Was hilft gegen Rückenschmerzen?

Wird im Alltag von Rückenschmerzen gesprochen, sind in der Regel Schmerzen im Bereich des unteren Rückens gemeint. Mediziner:innen sprechen hier von Kreuzschmerzen. Zu Ursachen von Rückenschmerzen, ihrer Diagnose und den Behandlungsmöglichkeiten kursieren viele Aussagen, die nicht immer korrekt sind. Im Folgenden haben wir einige der Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft.

Ursache von Rückenschmerzen finden

These: Mit bildgebenden Verfahren (Röntgen, MRT usw.) lässt sich immer die Ursache von Rückenschmerzen finden - FALSCH

Röntgenbilder oder Kernspintomografien können Aufnahmen liefern, die etwa Abnutzungen an Bandscheiben oder Wirbeln zeigen. Viele Menschen, die nicht unter Rückenschmerzen leiden, haben derartige Abnutzungserscheinungen. Ob diese Veränderungen in Zusammenhang mit akuten Schmerzen stehen, unter denen man gerade leidet, ist also nicht sicher. Dies wäre aber Voraussetzung für eine adäquate Therapie. 

Eine Fehldiagnose kann überflüssige Behandlungen nach sich ziehen, die unter Umständen sogar schaden. Muskelverspannungen – eine Hauptursache für Rückenleiden – lassen sich auf einem Röntgenbild zudem gar nicht erkennen. Bildgebende Verfahren sind somit wenig hilfreich, wenn es um die Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten von Rückenschmerzen geht. Ein Röntgenbild oder eine MRT leistet in den meisten Fällen keinen Beitrag, um schneller wieder gesund zu werden.

Sinnvoll sind bildgebende Verfahren, wenn die Schmerzen nach einem Unfall oder einem Sturz auftreten oder wenn in Zusammenhang mit den Schmerzen spezifische Symptome vorliegen, wie etwa Lähmungserscheinungen an einem oder beiden Beinen, eine gestörte Blasen- oder Darmfunktion oder wenn der Verdacht besteht, dass andere Erkrankungen, etwa ein Tumor, Auslöser für die Schmerzen sind.

Häufige Belastung

These: Durch häufige Belastung nutzt sich der Rücken ab - FALSCH

Wenn Sie nicht gerade Leistungssport betreiben, ist jede sportliche Betätigung, jede Bewegung und Belastung für den Rücken gut. Zu bevorzugen ist ein regelmäßiges Training, bei dem man die Intensität langsam steigert.

Auch Laufen, Bücken und Heben sind unproblematisch. Regelmäßiges Bewegungstraining (z. B. Pilates, Tai-Chi, Yoga, Gymnastik, Kräftigungs- und Stabilitätsübungen für die Oberkörpermuskulatur, Dehnungsübungen der Oberschenkel und Hüftmuskulatur) tragen dazu bei, nicht spezifische Kreuzschmerzen zu verhindern. Regelmäßige Spaziergänge und flottes Gehen sind bei Rückenschmerzen ebenfalls hilfreich. Als rückenfreundliche Sportarten gelten etwa Radfahren, Schwimmen, Reiten und Walken/Walking. Sportarten mit Stopp-and-go-Bewegungen wie beim Squash oder Basketball sollte man hingegen nicht ausüben, wenn man unter Rückenproblemen leidet.

Schonung angesagt?

These: Bei Rückenschmerzen ist Schonung angesagt - FALSCH

Auch bei Rückenschmerzen sollte man – vorausgesetzt, eine ärztliche Untersuchung kommt nicht zu einem anderen Schluss – auf Bewegung nicht verzichten. Im Gegenteil: Zu wenig Bewegung kann die Rückenmuskulatur schwächen und langfristig zu noch mehr Schmerzen führen. Regelmäßige Bewegung trägt dazu bei, die Muskeln zu lockern, und wirkt sich langfristig kräftigend auf den Rücken aus. 

Bis die positive Wirkung eintritt, dauert es allerdings meist ein paar Wochen. Deshalb ist es wichtig, mit dem Training durchzuhalten, auch wenn anfangs aufgrund der schwachen Muskulatur stärkere Schmerzen auftreten. Ob spezielle Rückenschulen bei Schmerzen im Rückenbereich helfen, ist bisher nicht belegt. In Studien waren manche Programme hilfreich, andere zeigten keine Wirkung.

Grünes Modell von menschlichem Rückgrat mit Bandscheibenvorfall
Welche Rolle spielen die Bandscheiben und muss bei Schmerzen aufgrund von Bandscheibenvorfall operiert werden? Bild: Panint-Jhonlerkieat / shutterstock.com

Sind die Bandscheiben schuld?

These: An Rückenschmerzen sind meistens die Bandscheiben schuld - FALSCH

In westlichen Industrienationen ist ein Bandscheibenvorfall nur in etwa ein bis drei Prozent aller Fälle Ursache für Kreuzschmerzen. Rückenschmerzen gehen in den allermeisten Fällen auf Verspannungen, eine schwache Rückenmuskulatur und verkürzte, unelastische Bänder oder Probleme in den Wirbelgelenken zurück. Ein Bandscheibenvorfall muss nicht zwangsläufig zu starken Rückenschmerzen führen. Manchmal erfahren Betroffene nur durch Zufall, dass sie einen Bandscheibenvorfall haben, wenn sie etwa aus anderen Gründen eine MRT-Untersuchung vornehmen lassen.

Muss bei Bandscheibenvorfall operiert werden?

These: Bei Rückenschmerzen durch Bandscheibenvorfall muss immer operiert werden - FALSCH

Eine Operation ist meist nicht nötig, da die Beschwerden innerhalb von sechs Wochen von allein nachlassen. Als Therapie stehen nicht operative Behandlungen zur Verfügung, die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit erhalten oder verbessern sollen. Ein chirurgischer Eingriff ist nur im Notfall indiziert, etwa wenn Nerven stark beeinträchtigt werden. 

Eine Operation kann auch notwendig sein, wenn die Beschwerden so stark sind, dass sie den Alltag erheblich einschränken, sie trotz konservativer Behandlung nicht zurückgehen oder gar zunehmen, die Schmerzen in ein Bein ausstrahlen und länger als sechs bis zwölf Wochen anhalten.

Welche Rolle spielt die Psyche bei Rückenschmerzen?

These: Rückenschmerzen sind ein rein physiologisches Problem und haben mit der Psyche nichts zu tun - FALSCH

Menschen mit depressiven Verstimmungen und Personen, die unter Stress leiden, haben häufiger Rückenschmerzen als Personen ohne psychische Belastung.

Mann sitzt mit gekrümmter Haltung am Schreibtisch und hat Schmerzen im unteren Rücken
Haben Schmerzen im Rücken etwas mit der Körperhaltung zu tun? Bild: Andrey_Popov / shutterstock.com

Gekrümmte Sitzhaltung

These: Von einer gekrümmten Sitzhaltung bekommt man Rückenschmerzen - FALSCH

Rückenschmerzen haben mit der Körperhaltung wenig zu tun. Keine Haltung, egal ob krumm oder gerade, ist so gut, dass sie über längere Zeit eingenommen werden sollte, denn die Gelenke im Rücken werden dadurch stark belastet. Vor allem langes Sitzen ist ungünstig. Deshalb sollte man, wenn man eine Tätigkeit am Schreibtisch ausübt, immer wieder einmal aufstehen und ein paar Schritte gehen.

Sollte man bei Schmerzen im Rücken die Bauchmuskeln stärken?

These: Bei Rückenschmerzen sollte man die Bauchmuskeln stärken - RICHTIG

Neben den Rückenmuskeln sind auch die Bauchmuskeln wichtig, um die Wirbelsäule zu entlasten und zu stabilisieren. Rücken- und Bauchmuskeln bilden ein natürliches Korsett.

Sollte man das Rauchen einstellen?

These: Rauchstopp lindert Rückenschmerzen - RICHTIG

Studien weisen darauf hin, dass Schmerzen im Rücken durch Rauchen negativ beeinflusst werden können. Ein Rauchstopp wirkt sich präventiv auf chronische Rückenschmerzen aus und kann die Schmerzlinderung unterstützen.

Anfälliger für Hexenschuss?

These: Manche Menschen sind für einen Hexenschuss anfälliger als andere - RICHTIG

Menschen mit schwächer ausgeprägter Rückenmuskulatur bekommen schneller einen Hexenschuss als Menschen mit gut trainierten Muskeln. Schwache Muskulatur bietet der Wirbelsäule weniger Halt.

Frau liegt bei der Masseurin auf dem Bauch und bekommt Rückenmassage
Sind Massagen bei Rückenschmerzen oder Kreuzweh sinnvoll? Bild: HSSstudio / shutterstock.com

Nutzen Massagen bei Rückenschmerzen?

These: Bei Rückenschmerzen müssen Ärzt:innen Massagen verschreiben - FALSCH

Bei akuten Kreuzschmerzen ohne erkennbare Ursache lässt sich der Nutzen von Massagen durch wissenschaftliche Studien derzeit nicht belegen.

Im Fokus sollten Bewegung und Aktivierung stehen. Bei unspezifischen, chronischen Kreuzschmerzen können Massagen Teil der Therapie sein und zum allgemeinen Wohlbefinden beitragen.

Hilft Wärme bei Rückenschmerzen?

These: Wärme hilft bei Rückenschmerzen immer - FALSCH

Wärme ist bei Muskelverspannungen hilfreich. Bei akuten Entzündungen oder eingeklemmten Nerven helfen hingegen Kälteanwendungen.

Altersfrage?

These: Rückenschmerzen treten nur bei alten Menschen auf - FALSCH

Rückenschmerzen sind zwar oft "Verschleißerscheinungen". Doch Bewegungsmangel, Übergewicht und starke körperliche und psychische Belastungen können auch bei jüngeren Menschen Rückenschmerzen auslösen.

Prävention

Regelmäßige Bewegung ist die wirksamste Methode, wiederkehrenden Schmerzen im unteren Rücken vorzubeugen. Ein geeignetes Training sind etwa Kräftigungs- und Stabilisierungsübungen für die Rumpfmuskulatur.

Wichtig ist, dass man regelmäßig trainiert – am besten mehrmals pro Woche. Studien haben die Wirksamkeit von Übungen zur Stärkung der Muskulatur bestätigt: Dadurch ließ sich die Häufigkeit von Rückenschmerzattacken halbieren.

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1 Kommentar

M. Bechterew (axiale Spondyloarthritis)

xylitol, 6. November 2023, 19:11

kann jedem nur raten bei chronischen Rückenschmerzen auch die Erkrankung axiale Spondyloarthritis in Betracht zu ziehen, vor allem bei vorliegenden Genfaktor. Betrifft teilweise bereits sehr junge Menschen und wird häufig aufgrund von Unwissen nicht diagnostiziert bzw. einfach mit einer Spritze lapidar behandelt. Es handelt sich dabei aber um eine rheumatische Erkrankung, welche zu einer zunehmenden Verknöcherung der Wirbelsäule führt und nicht heilbar ist.

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