Zum Inhalt

Unternehmensethik und soziale Verantwortung - Ländervergleich - Nichts als Phrasen

, aktualisiert am

Zahlreiche große Marken- und Handelskonzerne sind sich heute ihrer Verantwortung gegenüber den ausgelagerten Produktionsstätten in der Dritten Welt bewusst. Doch oft bleibt es bei Beteuerungen.

Drohender Imageverlust für renommierte Markenfirmen

Die miserablen Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten der Dritten Welt wurden zunehmend von Medien und der Zivilgesellschaft aufgegriffen und damit renommierte Markenfirmen unter Druck gesetzt. Diese versuchen in den letzten Jahren, dem drohenden Imageverlust durch mehr oder weniger glaubwürdige Maßnahmen gegenzusteuern.

Verhaltenskodex - eine freiwillige Selbstverpflichtung

Am gängigsten ist die Abfassung einer freiwilligen Selbstverpflichtung (Verhaltenskodex oder Code of Conduct). Darin verpflichtet sich ein Unternehmen oder ein ganzer Industriezweig, bestimmte Standards einzuhalten und dies auch seinen Zulieferbetrieben abzuverlangen. Dazu gehören der Verzicht auf Kinderarbeit und Zwangsarbeit, keine Diskriminierung von Frauen, ethnischen Minderheiten oder anderen Arbeitnehmergruppen usw.

Keine Strafen bei Übertretungen

Dennoch werden solche Regeln laufend gebrochen (siehe dazu: Tabelle " Ethik: Schwarze Liste 10/2006 "). Verhaltenskodizes sind eben freiwillig, wer sie übertritt, riskiert keine Strafe. Aber selbst wenn die Regeln eingehalten werden, ist dies kein Garant dafür, dass es keinerlei Missstände gäbe. Oft werden in einem Verhaltenskodex nur die eklatantesten Verfehlungen angesprochen (Kinderarbeit), während andere Kriterien für faire Arbeitsbedingungen keine Erwähnung finden.

So wird man kaum einen Verhaltenskodex finden, in dem den Arbeitnehmern das Recht auf existenzsichernde Löhne zugestanden wird, meist begnügt man sich mit der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohnes. Der Verhaltenskodex erfasst auch nur die offiziellen Zulieferbetriebe, nicht aber Sublieferanten und schon gar nicht Heimarbeiter.

Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission

Just-in-time-Arbeit führt zu exzessiven Überstunden

In der Spielwarenindustrie ist die Just-in-time-Lieferung (bedarfsorientierte Lieferung ohne Vorratshaltung) gang und gäbe. Die Lieferanten können dies nur einhalten, wenn ihre Arbeitnehmer exzessive Überstunden leisten. Die schönen Kodex-Versprechungen von geregelter Arbeitszeit geraten damit zur Farce.

Sozial-Audit: (Selbst-) Kontrolle der Unternehmen

In jedem Fall ist ein Verhaltenskodex alleine nicht viel wert, solange es keine Kontrolle über dessen Einhaltung gibt. So wie das finanzielle Gebaren eines Betriebes durch einen Wirtschaftsprüfer überprüft wird, lassen sich die betrieblichen Aktivitäten auch nach sozialen Gesichtspunkten durchleuchten (Sozial-Audit).

Third-party-control: Betriebsprüfung durch einen Unabhängigen

Ein Unternehmen kann seine Lieferanten selbst überprüfen oder aber die Prüfung durch eine externe Audit-Gesellschaft durchführen lassen. Diese kann die Überprüfung nach dem unternehmenseigenen Kodex vornehmen oder nach einem allgemein anerkannten Zertifizierungsstandard. Es ist klar, dass Letzteres die höchste Glaubwürdigkeit genießt – ein unabhängiger Dritter prüft („third-party-control“), das Ergebnis ist mit anderen direkt vergleichbar.

Gemeinnützige Organisationen sollten Überprüfungen durchführen

Aber auch unabhängige Zertifizierungsstellen sind nicht über jede Kritik erhaben. Häufig stehen sie in einem Naheverhältnis zum zertifizierten Unternehmen. Sie könnten versucht sein, negative Informationen zu unterdrücken, um ihren Auftraggeber nicht zu vergrämen. Auf der anderen Seite fehlt ihnen der Kontakt zu lokalen Gewerkschaften oder Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs). Kritiker fordern daher, die Betriebsprüfungen sollten nicht von gewinnabhängigen Firmen durchgeführt werden, sondern von gemeinnützigen Organisationen der Zivilgesellschaft.

Fair Wear Foundation (FWF)

Eine Erfolg versprechende Initiative für die Einbindung solcher Organisationen in die Überprüfung der Sozialstandards ist die Fair Wear Foundation (FWF). Sie wurde 1999 in den Niederlanden gegründet. Firmenvertreter, Gewerkschaftsverbände und NGOs, darunter die Clean-Clothes-Kampagne (CCK), haben einen gemeinsamen Kodex für die Bekleidungsindustrie ausgearbeitet, der sich an den Sozialstandards der bekannt kritischen CCK orientiert. An der FWF sind vorläufig nur kleinere Textilfirmen beteiligt, darunter das Versandhaus Hess-Naturtextilien (Den Hess Natur-Jahresbericht 2005 zur Mitgliedschaft in der FWF finden Sie unter: www.ci-romero.de ).

Schwarze Liste

Kinderarbeit gehört in manchen Ländern wie Ägypten oder Pakistan zum Alltag, selbst in Portugal ist sie keine Seltenheit. Die meisten Verstöße betreffen jedoch Arbeitsschutzbestimmungen, Übertretungen der zulässigen Arbeitszeit oder vorenthaltenen Lohn.

Details finden Sie in der Tabelle.

Soziale Verantwortung: Kompetent mit "Konsument"

  • Achten Sie auf die Herkunft. Besonders bei Produkten mit hohem Arbeitskostenanteil. Ist das Herkunftsland nicht angegeben, verlangen Sie Auskunft darüber vom Händler oder Hersteller.
  • Nicht blenden lassen. Verantwortungsbewusste Unternehmen informieren die Öffentlichkeit über ihr soziales Verhalten (auf der Homepage, in einem jährlichen Sozialbericht …). Lassen Sie sich nicht von schönen Phrasen blenden. Glaubwürdig sind jene Firmen, die nicht nur Positives berichten, sondern auch Probleme offen ansprechen und Verbesserungsmaßnahmen planen.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

This could also be of interest:

ePrämie: Eine Prämie fürs Stromtanken premium

ePrämie: Eine Prämie fürs Stromtanken

Besitzer:innen von Elektroautos können für ihre umweltfreundliche Art der Fortbewegung eine jährliche Prämie kassieren. Aber was ist der Sinn und Zweck dieses Anreizsystems?

Was ist eine Energiegemeinschaft?

Was ist eine Energiegemeinschaft?

Energiegemeinschaften sind eine Möglichkeit, sich direkt an der Energiewende zu beteiligen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang