Im Winter schätzen wir kuschelige Wollpullover. Doch gerade die besonders weiche und äußerst atmungsaktive Merinowolle ist mit viel Tierleid verbunden.
Auf einer Schaffarm in Australien: Ein Schafzüchter fixiert ein blökendes Merinolamm auf einer speziellen Vorrichtung. Mit einem scharfen Messer und ohne Betäubung schneidet er dem nicht mehr als ein paar Monate alten Lamm handtellergroße Haut- und Fleischstücke vom Hinterteil ...
Merinowolle ist ein begehrtes Produkt – sie ist besonders weich, hält im Sommer kühl, im Winter warm und sie ist atmungsaktiv. 90 Prozent der Merinowolle werden in Australien produziert (generell entfallen drei Viertel der globalen Wollexporte auf Australien).
Faltige Haut angezüchtet
Um der steigenden Nachfrage zu begegnen, wurde Merinoschafen eine besonders faltige Haut angezüchtet, auf der das Fell dichter wächst. Auf diese Weise wird ein möglichst hoher Wollertrag erzielt. Aufgrund der dichten, feinen Wolle schwitzen die Tiere jedoch stärker. In ihren Hautfalten sammelt sich Feuchtigkeit, im Schwanzbereich auch Kot und Urin.
Das zieht die in Australien weit verbreitete Schaf-Schmeißfliege (Lucilia cuprina) an, die in den Hautfalten ihre Eier ablegt. Durch die feuchte Haut entsteht ein hohes Risiko, dass die Schafe am sogenannten Fliegenmadenbefall erkranken – eine schmerzhafte Krankheit, die auch zum Tod führen kann.
Mulesing in Australien
Durch das sogenannte Mulesing (gesprochen: Mjulsing) wird diese Haut bei Merinoschafen vorbeugend entfernt. Benannt ist die Praxis nach dem Schafzüchter John H. Mules, der durch ein Versehen erkannte, dass die Entfernung der Hautfalten das Risiko eines Fliegenbefalls senkte.
Mulesing verursacht bei Lämmern Angst und Stress. Und Schmerzen, die bis zu drei Tage nach dem Eingriff anhalten. Die Wundheilung kann Wochen dauern. Unglücklicherweise verhindert diese Verstümmelung den Fliegenmadenbefall nicht einmal vollständig, da die Maden sich auch in anderen Hautfalten einnisten können.
Mulesing wird nur noch in Australien betrieben. Neuseeland, ein anderer wichtiger Merinowolle-Exporteur, hat es 2018 verboten. Auch in Uruguay, Argentinien oder Südafrika wird Merinowolle ohne Mulesing gewonnen, da die Schmeißfliege dort nicht vorkommt.