Spezielle Tarife für Einheimische sind grundsätzlich verboten, weil sie nach EU-Recht Ortsansässige gegenüber anderen Unionsbürgern bevorzugen. In Österreich gibt es dennoch Einheimischentarife.
Mit der Seilbahn eines Tiroler Skigebiets fahren Ortsbewohner billiger als Otto Normaltourist. Bei einer anderen Liftgesellschaft dürfen Tiroler den Skipass zum Kindertarif lösen. Wieder anderswo erhalten Ortsbewohner eine "Bonuscard“, mit der sie vergünstigt Saisonkarten kaufen können. Und im noblen Skiort muss man nachweisen, dass man dort seinen Arbeitsplatz hat, um den Skilift zum günstigen Tarif benutzen zu dürfen.
Diskriminierung bei der Dienstleistungsfreiheit
Wenn für Ortsansässige, also für Personen mit Hauptwohnsitz im Gemeindegebiet, günstigere Eintrittspreise vorgesehen werden als für Auswärtige, ist das rechtlich problematisch. Die EU sieht in diesen Rabattaktionen nämlich eine Diskriminierung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit. Grundsätzlich muss jeder EU-Bürger Dienstleistungen in jedem EU-Land zu denselben Bedingungen in Anspruch nehmen können. Und dazu gehören Seilbahnen ebenso wie öffentliche Schwimmbäder oder Theater.
Einheimischen-Tarife nicht an Kassen sichtbar
Häufig werden Einheimischen-Tarife überhaupt nicht offiziell an den Kassen ausgepreist. Differenziert wird entweder nach Staatsangehörigkeit (nicht-österreichische Staatsangehörige zahlen höhere Eintrittspreise) oder nach Wohnsitz (wer nicht im Ort seinen Hauptwohnsitz hat, zahlt höhere Eintrittspreise, unabhängig von der Staatsbürgerschaft). Gemeinden mit hohem Tourismusaufkommen argumentieren mit besserer Ausnutzung der Einrichtungen außerhalb der Reisesaison. Politiker fordern, dass Einheimischen gemeindeeigene Einrichtungen kostengünstig zugänglich sein sollen. Privatunternehmen, etwa Seilbahnbetreiber, begründen die Ermäßigungen damit, dass die Bewohner schließlich auch negative Auswirkungen des Tourismus wie Verkehrs- und Lärmbelastung oder höhere Preise im Supermarkt hinnehmen müssen.
Italien: ungleiche Eintrittspreise in Museen unzulässig
Schon 2003 erklärte der Europäische Gerichtshof (EuGH) unterschiedliche Eintrittspreise für staatliche Denkmäler, Museen und ähnliche kulturelle Einrichtungen in Italien für unzulässig. Damals war nämlich für italienische Staatsbürger ab einem bestimmten Lebensalter oder auch für Ortsansässige der Eintritt kostenlos, während alle anderen Besucher zahlen mussten. Dies sei, so begründeten die europäischen Höchstrichter ihre Entscheidung, unvereinbar mit dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und mit der Dienstleistungsfreiheit.
Gilt für Private und für Staaten
Die Dienstleistungsfreiheit verpflichtet in erster Linie die Mitgliedstaaten. Allerdings gilt diese Grundfreiheit nicht nur für staatliche Behörden, sondern laut EuGH auch in Rechtsverhältnissen zwischen Privaten. Somit gilt das Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit auch für Unternehmen und sogar für Privatpersonen. Die Einheimischentarife fallen unter den Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Dienstleistungsempfängern (das sind Unionsbürger, Gesellschaften und bestimmte Drittstaatsangehörige).
Bus, Schiene, Schiff und Flug von Richtiline ausgenommen
Internationale Verkehrsdienstleistungen wie Bus-, Schienen-, Schiffs- und Flugtransport von Personen und Gütern einschließlich des Personennahverkehrs, des Taxigewerbes und der Krankentransporte sind von dieser Richtlinie aber ausgenommen. Seilbahnen, Sessel- und Schlepplifte zur Personenbeförderung in Tourismusorten in Bergregionen (Skigebieten) sind hingegen keine Verkehrsdienstleistungen und fallen demnach unter die Richtlinie. Somit dürfte ein privater Unternehmer (etwa ein Skiliftbetreiber) zur Gleichbehandlung aller Unionsbürger verpflichtet sein. Nationale Gerichte könnten die Einhaltung dieser Verpflichtung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens überprüfen. Soweit die Theorie des EU-Gemeinschaftsrechts.