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Bahnfahren - Fahrkarten, bitte!

Die Karte kann man ohnehin beim Schaffner kaufen – oder? Täuschen Sie sich nicht! Ein Schwarzfahrer ist man schneller, als man vielleicht annimmt.

Schwierig eine Karte zu bekommen

So berichtet „Konsument“-Leser Markus L. empört, dass seine Verlobte am Wiener Bahnhof Atzgersdorf-Mauer ohne Fahrschein in die Schnellbahn stieg – der eine Automat war defekt, der andere weit weg, der Zug aber schon da – und für sich und ihren kleinen Hund vom Schaffner um 79 Euro für die kurze Fahrt in die Stadt erleichtert wurde. Ähnliches erlebte Michael K., der mit seiner Freundin von Spitz nach Krems mit der Donauuferbahn reiste und, wie er meinte, mit einem Raubrittertum moderner Spielart Bekanntschaft machte: Der Bahnhof in Spitz ist schalter- und automatenlos, und der Zug erwies sich als schaffnerlos. Den Hinweis, die Fahrkarte beim Triebwagenfahrer zu lösen, übersah Herr K. und war plötzlich 75 Euro los.

Schwarzfahren: 60 Euro

Alles korrekt, betonen die ÖBB und verweisen auf ihre Tarifbestimmungen, die in beiden geschilderten Fällen die Betroffenen zu Schwarzfahrern werden lassen. Denn wer im Stadtgebiet Wien in die S-Bahn steigt, sollte in jedem Fall eine gültige Fahrkarte dabeihaben. Sonst gilt er oder sie, wie Herrn L.s Verlobte und ihr Hund, gnadenlos als Schwarzfahrer – und dann wird es teuer: 60 Euro Kontrollgebühr und zusätzlich die Kosten einer Vollpreis-Fahrkarte.

Drei Euro Abfertigungsgebühr

Ebenso muss, wer in einen schaffnerlosen Regionalzug ohne Fahrkarte einsteigt, sich aktiv um eine solche bemühen: entweder beim Automaten, wenn vorhanden, oder beim Triebwagenführer. Auch wenn der Triebwagenführer beim Einsteigen gerade seine Rollo „Derzeit kein Fahrkartenverkauf“ runtergelassen haben sollte: Dies ist keine Lizenz zum Gratisfahren! Die Rollo sollte auch weiterhin im Auge behalten werden. Denn beschließt der Triebwagenführer den Fahrkartenverkauf wieder aufzunehmen und lässt seine Rollo hochschnellen, ist dies ein „Befehl“: Wer ihm nicht Folge leistet, mutiert unversehens zum Schwarzfahrer.

Im Zug immer teurer

Fahrkartenkauf ist im Zug immer etwas teurer: Denn zusätzlich zum Kartenpreis wird vom Zugbegleiter immer auch eine Abfertigungsgebühr in Höhe von drei Euro in Rechnung gestellt. Wer ohne gültige Fahrkarte einsteigt, muss sich nicht auf die Suche nach dem Zugbegleiter machen, aber er muss ihm, wenn er vorbeikommt, „unaufgefordert“ seinen Wunsch nach einer Fahrkarte mitteilen – um nicht zum Schwarzfahrer zu werden. Die Abfertigungsgebühr entfällt, wenn der Einstiegsbahnhof unbesetzt war, das heißt, wenn es dort weder einen offenen Schalter, noch einen Automaten gab.

Formular "Erfahrungsbericht"

Dass der Automat am Bahnhof defekt war, befreit nicht von der Abfertigungsgebühr. Die drei Euro werden aber rückerstattet, wenn man das Formular „Erfahrungsbericht“ – erhältlich beim Zugbegleiter – ausfüllt und die ÖBB-interne Revison die Richtigkeit der Angabe bestätigt. Warum nicht andersrum? Entwaffnendes Argument der ÖBB: Haben Sie schon einmal versucht, drei Euro gerichtlich einzuklagen?

Vorteilscard Blind

 „Vergessen“ haben die ÖBB offenbar auf eine von der Umstellung auf Automatenverkauf besonders betroffene Bevölkerungsgruppe: die Blinden. Wenn sie es nicht schaffen, auf einem Bahnhof, der nur mit einem Automaten „besetzt“ ist, diesem eine Fahrkarte zu entlocken, wird auch für sie die Abfertigungsgebühr im Zug fällig – allerdings ohne Anspruch auf Rückerstattung. Dass die ÖBB Personen, die die Vorteilscard Blind besitzen, gestatten, kostenlos eine Begleitperson mitzunehmen, die dann auch den Automaten bedienen könnte, sei lobend erwähnt – diese Regelung wurde anlässlich des heurigen UN-Jahres der Behinderten mit 1. 1. 2003 auch auf Rollstuhlfahrer ausgeweitet! Doch dem Blinden, der alleine unterwegs ist, hilft dies im einsamen Kampf mit dem Automaten leider wenig.

Mit Foto: Geld zurück

Was, wenn Sie zwar eine Wochen-, Monats- oder Jahreskarte besitzen, diese aber vergessen haben? Pech gehabt: Dann müssen Sie eine Fahrkarte kaufen und auch die Abfertigungsgebühr berappen. Bei einer übertragbaren Zeitkarte gibt es keine Chance auf Rückerstattung. Wer eine gültige personenbezogene Zeitkarte besitzt, bekommt das Geld zurück, abzüglich einer Gebühr von fünf Euro.

Dass in all den geschilderten Fällen Zugbegleiter immer wieder mal Gnade vor Recht ergehen lassen, steht auf einem anderen Blatt – und es ist ihnen offiziell nicht einmal erlaubt. Rechtsanspruch darauf gibt es keinen.

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