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Hörgeräte-Akustiker im Vergleich - Gut zugehört

Folgende Firmen haben wir besucht:

  • Audio-Akustik Hörgeräte
  • DI Victor Koci
  • Gaertner Hörgeräte
  • Hansaton
  • Hartlauer
  • Miller Optik
  • Neuroth AG

Schwerhörigkeit

In Österreich leiden Schätzungen zufolge 1,6 Millionen Menschen unter Schwerhörigkeit. Die Ursachen dafür sind in erster Linie altersbedingt. Darüber hinaus spielen auch Krankheiten oder eine übermäßige Lärmbelastung im Alltag eine Rolle. Hörprobleme sollte man ernst nehmen. Sie beeinträchtigen die Informationsverarbeitung und können sich stark auf das körperliche und geistige Wohlbefinden auswirken. Betroffene laufen Gefahr, in soziale Isolation zu geraten und Depressionen zu entwickeln.

Schwerhörigkeit wird oft deshalb viel zu spät diagnostiziert, weil Betroffene die Erkrankung verdrängen. Eine mögliche Behandlung wird hinausgeschoben. Das ist auch deshalb problematisch, weil das Gehirn mit fortschreitender Dauer die Fähigkeit einbüßen kann, Geräusche oder Sprache zu verarbeiten.

Möglichst rasch zum Arzt

Hat jemand das Gefühl, schlecht zu hören, sollte er deshalb möglichst rasch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen. Der Arzt kann mithilfe eines Audiogramms den Grad der Hörminderung feststellen und er kann abklären, ob der Einsatz eines Hörgerätes notwendig ist. Wer einer normalen Bürotätigkeit nachgeht und keine Hobbys pflegt, bei denen es besonders auf gutes Hören ankommt, ist mit einem kassenfinanzierten Gerät in der Regel gut bedient. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist ein vom Arzt ausgestellter Verordnungsschein. Mit diesem kann sich der Patient vom Hörgeräteakustiker ein Hörgerät anpassen lassen.

Tarifmodelle werden oftmals abschätzig als Hörgeräte zweiter Klasse bezeichnet. Das ist nicht korrekt. Sie müssen wesentliche Anforderungen erfüllen, etwa mehrkanalig und volldigital sein, und die Otoplastik muss aus Acryl oder gleichwertigem Kunststoff gefertigt sein. Verschiedene Tarifmodelle können sich dabei hinsichtlich ihrer technischen Ausstattung (Zahl der Kanäle, Störgeräuschunterdrückung etc.) deutlich unterscheiden. Jeder Akustiker muss mindestens ein Modell zum Krankenkassentarif anbieten.

Sonderversorgung

Es gibt allerdings Situationen, in denen Tarifgeräte an ihre Grenzen geraten. Wer im Beruf häufig mit mehreren Personen gleichzeitig kommunizieren muss oder mit wechselnden Geräuschsituationen konfrontiert ist, wird ein technisch hochwertigeres Gerät benötigen, das bei Bedarf von den Kassen auch höher bezuschusst wird. Gleiches gilt, wenn man sich privat gern Vorträge anhört, häufig ins Theater geht oder Konzerte besucht. Für aufwendigere Modelle muss man eine Zuzahlung aus der eigenen Tasche leisten. Der Hörgeräteakustiker hat den Kunden darüber aufzuklären, welche Geräte für ihn infrage kommen und mit welchen finanziellen Belastungen er zu rechnen hat.

Alternativangebot einholen

Zwei Testpersonen

Wir wollten wissen, wie umfangreich eine Beratung beim Hörgeräteakustiker ausfällt. Dafür ließen sich zwei Testpersonen, die bereits seit Längerem unter Hörproblemen leiden, anonym von verschiedenen Hörgeräteakustikern beraten. Bei Testperson 1 handelte es sich um eine Pensionistin, die ein eher ruhiges Leben führt.

Testperson 2 war ein jüngerer Mann, der mit seiner Partnerin zusammenlebt und immer wieder sportlichen Betätigungen gemeinsam mit Freunden nachgeht. Aufgrund seiner derzeitigen finanziellen Situation (arbeitslos) kann er sich allerdings kein teures Gerät leisten. Zudem liegt sein Hörverlust an der Grenze, ab der die Krankenkasse eine Zuzahlung leistet.

Alternativangebot einholen

Bei neun Beratungsterminen wurde zu Hörgeräten geraten, bei denen eine Zuzahlung geleistet werden müsste. Im Fall von Testperson 1 wären dabei zwischen 600 und 1.980 Euro fällig geworden. Bei Testperson 2 erklärten drei Anbieter, dass der Hörverlust zu gering sei, um bereits einen Zuschuss von der Krankenkasse zu erhalten. Sie empfahlen, mit der Versorgung noch zu warten, bis ein Anspruch auf den Kassenzuschuss bestehe. Fünf Anbieter klärten den Tester darüber auf, dass der Zuschuss der Kasse höher ausfiele, wenn er wieder berufstätig sei. Die Angaben zur Höhe der Zuzahlung für Testperson 2 lagen zwischen 1.000 und 1.400 Euro.

Fazit

Sowohl die Beratungsqualität als auch das Beratungsergebnis betreffend zeigten sich große Unterschiede. Unsere Erhebung legt nahe, sich nicht auf einen Hörgeräteakustiker allein zu verlassen, sondern ein Alternativangebot einzuholen.

Steckbriefe: 7 Firmen im Vergleich

Miller Optik
Testperson 1 wurden keine Fragen zu ihrem sozialen Umfeld und ihren Hobbys gestellt. Ablauf und Kosten der Anpassung wurden beide Male sehr gut erläutert. Der Hörgeräteakustiker riet der Dame zu einem einfachen Standardtarifgerät. Bei der zweiten Testperson gab der Akustiker an, dass aufgrund der vorliegenden Messwerte eine Bewilligung für eine Sonderversorgung erforderlich sei. Eine Empfehlung könne allerdings ohne Verordnungsschein nicht ausgesprochen werden.

Gaertner Hörgeräte
Der einzige Anbieter, der bei beiden Testern eine sehr gute Anamnese vornahm. Auch der Ablauf der Anpassung und die Kosten wurden sehr gut erläutert. Testperson 1 wurde ein Tarifgerät empfohlen. Bei Testperson 2 wies die Akustikerin darauf hin, dass vor einer Empfehlung ein Arzt aufgesucht werden müsse, um die Ursachen des Hörverlustes abzuklären. Aufgrund des eingeschränkten Hörvermögens zeichne sich allerdings bereits ab, dass eine Sonderversorgung nötig sei.

Hansaton
Bei Testperson 1 wurde ein umfangreicher Hörtest durchgeführt. Ergebnis: Es sei kein Hörgerät nötig. Daher fand keine Beratung statt. Der Testperson wurde vorgeschlagen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal einen Hörtest vornehmen lassen solle. Testperson 2 wurde ein Fragebogen für die Anamnese vorgelegt. Dem Kunden wurde ein Hörgerät ab der Komfortklasse (ab einem Preis von ca. 2.000 Euro) empfohlen und auch technische Funktionen wurden erklärt. Aufgrund der finanziellen Lage der Testperson empfahl die Akustikerin, mit dem Kauf abzuwarten, bis die Krankenkasse einen Zuschuss gewähre.

DI Victor Koci
Die Anamnese ließ bei Testperson 1 stark zu wünschen übrig. Ihr wurde ein Tarifgerät empfohlen. Testperson 2 wurde erklärt, dass ein Tarifgerät seine Hörprobleme nicht lösen würde. Da die Krankenkasse aufgrund des vorhandenen ausreichenden Hörvermögens noch keine Zuzahlung leiste, solle der Kunde abwarten.

Neuroth AG
Testperson 1 wurden überhaupt keine Fragen gestellt. Die Hörgeräteakustikerin wollte sofort eine Abformung des Gehörganges machen. Beiden Testpersonen wurde zu einer Sonderversorgung geraten. Testperson 1 wurde das Tarifgerät erst auf Nachfrage gezeigt. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass das Gerät technisch nicht so gut ausgestattet sei. Testperson 2 wurde ein Hörgerät der Mittelklasse empfohlen. Es wurde dem Kunden allerdings geraten, aufgrund seines Alters mit der Anpassung noch zu warten.

Audio-Akustik Hörgeräte
Testperson 1 wurde sofort zum Hörtest gebeten. Begründung: Das sei wichtig, damit der Berater wisse, wie es mit dem Hören bei der Probandin stehe, und er das geeignete Hörgerät anbieten könne. Bei Testperson 2 wurde wenig auf die persönliche Situation des Kunden eingegangen. Testperson 1 wurde am Gerät gerade einmal erläutert, wie der Lautstärkeregler zu betätigen ist. Testperson 2 dagegen bekam ausführliche Informationen darüber, wie sich verschiedene Modelle unterscheiden und welche Funktionen sie erfüllen. Beiden Testpersonen wurden zuschlagspflichtige Geräte empfohlen.

Hartlauer
Testperson 1 wurde ein Komfortgerät mit Zuzahlung empfohlen. Über den Ablauf der Anpassung wurde nicht aufgeklärt, auch die technische Beratung ließ zu wünschen übrig. Der Akustiker informierte vor allem über technische Erweiterungen, die zugekauft werden müssen, z.B. Akkugerät, Zusatzgerät zur Kopplung mit dem Kopfhörer, Fernbedienung und Sterilisationsbox. Mit Testperson 2 wurde lediglich ein Hörtest absolviert. Weitergehende Informationen erhielt der Tester nicht.

VKI-Tipps

  • Eingewöhnungszeit. Bis man sich an ein Hörgerät gewöhnt hat, dauert es eine gewisse Zeit. So wie der Hörverlust schleichend erfolgt ist, muss sich der Organismus auch erst wieder auf das verbesserte Hörvermögen einstellen. Erst nach einigen Wochen und mehreren Besuchen beim Akustiker ist die optimale Verstärkung erreicht und wieder ein „normales“ Hören möglich.
  • Verordnungsschein. Geben Sie Ihren Verordnungsschein beim Hörgeräteakustiker nicht gleich zu Beginn der Beratung ab – so erhalten Sie sich die Möglichkeit, den Hörgeräteakustiker noch wechseln zu können.
  • Kostenfrage. Wenn Sie ein Gerät benötigen, bei dem eine Zuzahlung zu leisten ist, müssen Sie auch mit einem Privatanteil bei Reparaturen und Wartung rechnen. Die Krankenkassen kommen lediglich für jenen Anteil auf, der bei einer Tarifgeräteversorgung anfällt.
  • Probe tragen. Der Vertrag zwischen Krankenkasse und Hörgeräteakustiker sieht ausdrücklich vor, dass ein Gerät zwischen zwei Wochen und einem Monat Probe getragen werden kann. Sollten Sie sich während dieser Zeit gegen das Gerät entscheiden, entstehen für Sie keine Kosten. So können Sie auch austesten, ob ein Tarifgerät für Sie ausreichend ist oder nicht.
  • Hörgerät nutzen. Wichtig ist, dass das Hörgerät täglich getragen wird und nicht im Nachtkästchen verstaubt.
  • Problemen nachgehen. Suchen Sie unbedingt sofort den Hörgeräteakustiker auf, wenn ein Problem mit Ihrem Gerät auftritt oder wenn die Hörleistung nicht zufriedenstellend sein sollte. Wird das Gerät länger nicht getragen, muss mit der Anpassung wieder von vorn begonnen werden.
  • Service. Ein Mal im Jahr haben Sie Anspruch auf eine kostenlose Funktionssicherungskontrolle.

Leserreaktionen

Erfahrungsbericht eines Brillenträgers

Zu Ihrem Artikel über Hörgeräte ein Beitrag aus persönlicher Erfahrung, der möglicherweise anderen „Schwerhörigen“ helfen kann: Nach seriöser Untersuchung beim HNO-Arzt und eingehender Beratung durch eine Hörgeräte-Firma inkl. Leihgerät hatte ich mich zu einem relativ teuren Hinter-dem-Ohr-Apparat (mit maximaler Kanalzahl) entschieden.

An das Gerät und dessen segensreiche Hörunterstützung hatte ich mich sehr bald gewöhnt. Jedoch! Als Brillenträger mit eng anliegenden Ohren gab es einen permanenten Konflikt zwischen den Brillenbügeln und dem hinter dem Ohr liegenden Hörgerät. Entweder saß das Tonröhrchen schief in der Ohrmuschel und verursachte dort Schmerzen oder die Brille wurde in eine Position gedrängt, sodass ich nicht scharf sehen konnte.

Ich trage nun ein „In-Ear“-Gerät. Der Nachteil: Man hört sich selbst eher unangenehm. Und erst nach dem Zukauf eines externen „Surf-Link“-Schaltgerätes (für Programmwechsel und Lautstärkeregelung) bin ich relativ zufrieden. Fürs Fernsehen verwende ich allerdings ein Drahtlossystem mit weichen „In-Ear“-Stöpseln.

Axel Kurzmann
E-Mail
(aus KONSUMENT 5/2020)

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