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Baumwoll-Label von C&A "More Sustainable Cotton"
Baumwoll-Label von C&A "More Sustainable Cotton" Bild: vki

Greenwashing: C&A und der "Superlativ"

| 2 Kommentare

Für die Vermarktung seiner Baumwoll-Mode bedient sich C&A eines noch nie dagewesenen „Superlativs“. Hat das Substanz oder ist alles nur Lug und Trug?

Was uns stutzig gemacht hat

C&A bewirbt seine zertifizierte Baumwoll-Bekleidung mit dem Attribut „nachhaltigerer“ – ein „Superlativ“, den man in einem Kabarett-Programm zum Thema Greenwashing vermuten würde, aber nicht bei ernst gemeintem Marketing.

Der Check

Baumwolle ist die wichtigste Naturfaser der Modebranche. Allerdings ist der Anbau des Rohstoffs problembehaftet. Für ein Kilogramm Baumwollfasern werden durchschnittlich 8.700 Liter Wasser verbraucht. Das klingt schon im wasserreichen Österreich nach viel. Baumwolle wird aber meist in sehr trockenen Gegenden angebaut (um Fäulnis vorzubeugen), und entsprechend stehen dort die ohnehin schon mageren Süßwasserreserven enorm unter Druck. Um den Ertrag zu steigern, wird auch üppig gedüngt und gespritzt.

Bio-Baumwolle deutlich besser

So viel zur konventionellen Baumwolle. Bei Bio-Baumwolle schaut es doch deutlich besser aus. Chemisch-synthetische Pestizide und leicht lösliche Mineraldünger sind verboten, es wird nicht in Monokultur angebaut, sondern Fruchtfolgen müssen eingehalten werden. Das hilft den Böden bei der Regeneration und den Bauern bei der Diversifizierung ihrer Einkommensquellen. Auch der Wasserverbrauch ist deutlich geringer, um bis zu 90 Prozent.

Unternehmenseigene Siegel

Vor dem Hintergrund immer umweltbewussterer Konsumenten ist es da nur logisch, dass die Modeindustrie versucht, mit nachhaltiger Baumwolle zu punkten. Auch entsprechende Gütesiegel und Nachhaltigkeits-Programme sind am Start. Es gibt da die recht vertrauenswürdigen, wie z.B. GOTS.

Und es gibt diejenigen, die weniger strenge Richtlinien vorgeben. Zu zweiteren zählen (fast immer) jene, die sich Unternehmen selbst zusammenschustern. Bei C&A heißt das dann „More Sustainable Cotton“. Oder in einem Werbeslogan, der den englischen Claim mehr als patschert eindeutscht, wir zitieren im Wortlaut: "Die gesamte Baumwolle in unserer Kinderunterwäsche ist nachhaltigerer." Klingt fast nach Satire, ist aber ernst gemeint.

Was ist wirklich drin?

Was kann "More Sustainable Cotton"? Die Klassifizierung sieht vor, dass Baumwolle nur aus Bio-Produktion stammen darf oder dem Standard der "Better Cotton Initiative" entspricht. Das Verhältnis laut Homepage: Grob gesprochen ein Drittel bio, zwei Drittel Better Cotton. Bio ist selbstredend begrüßenswert. Aber Better Cotton? Dieses Label stößt immer wieder auf Kritik. "Greenwashing pur" nannte es einmal der Chef des Outdoorbekleidungsherstellers Patagonia. Auch unsere Kollegen der Stiftung Warentest bewerteten das Siegel in einem T-Shirt-Rückverfolgungstest (2019) als "am wenigsten überzeugend". Die Hauptkritikpunkte: Better Cotton gibt sich mit deutlich laxeren Anbauprinzipien zufrieden und erlaubt auch ein Massenbilanzierungssystem. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass bei der Verarbeitung konventionelle und nach der Better Cotton Initiative zertifizierte Baumwolle vermischt wird. Oder sogar nur konventionelle Rohstoffe verarbeitet werden.

Ein Produzent muss lediglich eine vertraglich definierte Menge an Better-Cotton-Baumwolle im eigenen Portfolio haben. In anderen Worten: Kein Mensch weiß, aus welcher Baumwolle z.B. ein T-Shirt, das mit More-Sustainable-Cotton-Logo versehen ist, hergestellt wurde. C&A ist auf Nachfrage bemüht festzuhalten, dass man keine Bio-Baumwolle mit Baumwolle anderer Standards mische. Man zeichne aus Bio-Baumwolle gefertigte Kleidungsstücke zusätzlich durch eigene Etiketten aus. Wer also auf Bio-Baumwolle setzen möchte, lässt lieber die Finger von Textilien, die lediglich einen "More Sustainable Cotton"-Anhänger aufweisen.

Produktion umgestellt

Welche Ziele hat sich C&A mit seinem "More Sustainable Cotton"-Programm gesetzt? Das ist für den Konsumenten schwer nachvollziehbar. Die auf der Homepage kommunizierten Ziele sind überholt. Dort ist zu lesen, dass man es bis 2020 schaffen wollte, 100 Prozent der von C&A genutzten Baumwolle auf diesen Standard zu heben. Aktuellere Daten findet man nicht. Wir haben nachgefragt: Gebetsmühlenartig wurde uns versichert, dass C&A Europa dieses Ziel erreicht hat. Darüber hinausgehende Informationen mögen wir doch bitte schön dem Nachhaltigkeitsbericht von 2020 entnehmen. Nun gut: Dort steht zu lesen, dass man bei 96 Prozent angelangt sei.

Was sagt C&A dazu?

Wir haben dem internationalen Konzern mit Sitz in Belgien eine Reihe kritischer Fragen gestellt. C&A hat darauf fristgerecht reagiert. Recht gehaltvoll waren die Antworten allerdings nicht. Im Wortlaut zu finden weiter unten bei "Download".

Hält das grüne Versprechen?

Unser Fazit: Nein, tut es nicht. Nicht nur, dass ein ohnedies schon vager Begriff bis zur grammatikalischen Unkenntlichkeit missbraucht wird – Stichwort nachhaltigerer. C&A agiert darüber hinaus intransparent. Für den Konsumenten ist es schwer nachvollziehbar, welche Art von Baumwolle in mit dem „More Sustainable Cotton“-Logo versehenen Kleidungsstücken verarbeitet wurde.

Bio-Baumwolle? Oder doch Better-Cotton-Baumwolle (die auch konventionelle Baumwolle sein kann)? Und was unter dem Better-Cotton-Standard zu verstehen ist, bleibt für den Durchschnittskunden auch im Verborgenen. "Klingt gut, wird schon passen" ist wohl die oftmals schnell gefasste Meinung. Und genau darauf hoffen und bauen Unternehmen wie C&A mit solchen Labels.

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Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns!
Greenwashing? Grünes Mascherl, nichts dahinter? Melden Sie es uns! Bild: VKI

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2 Kommentare

Nachhaltiger

neferhotep, 30. September 2022, 08:09

Bei aller berechtigten Kritik an der Praxis, die Standards zu unterlaufen und das gut zu verkaufen, der Ttiel ist auch nicht besser: Nachhaltiger ist der Komparativ und nicht der Superlativ, dieser wäre "am nachhaltigsten".

Greenwashing-Check (C & A)

ling, 25. September 2022, 19:09

Ist doch genauso wie bei den Autoherstellern und dem Flotten-Durchschnittsverbrauch.

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