Leser schauten genau hin
Mit Jahreswechsel werden alle Medikamente billiger, versprach man uns, als sich Ende 2008 die Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneien von 20 auf 10 Prozent abzeichnete. Unsere Leserinnen und Leser schauten genau hin und so dauerte es nicht allzu lange, bis erste Reklamationen bei uns eingingen. „Als häufiger Käufer des Produktes Nicorette Kaugummi kann ich ihnen mitteilen, dass Ende 2008 eine nicht sehr drastische, aber merkbare Verteuerung vorgenommen wurde“, schrieb uns etwa Herr D.
Kein Missbrauch
Wir konfrontierten die Österreichische Apothekerkammer mit diesem und ähnlichen Beispielen und wollten wissen, ob die Steuersenkung überhaupt beim Konsumenten ankommt. „Wir geben die Mehrwertsteuersenkung in vollem Umfang an den Konsumenten weiter“, sagte deren Präsident, Heinrich Burggasser. Die Apotheker halten sich an geltendes Recht, denn selbst wenn sie wollten, dürften sie die fiskalische Entlastung nicht für eine Preiserhöhung nutzen.
Handelsspanne gesetzlich festgelegt
Ihre Marge ist gesetzlich festgelegt und bemisst sich am von der Pharmaindustrie festgesetzten Fabrikabgabepreis. Eine Erhöhung desselben muss der Hersteller dem Ministerium für Gesundheit, Familie und Jugend melden. Hat das Ministerium keine Einwände, ist die Preiserhöhung genehmigt. Der Eindruck unserer Leser, die Preise für eine Vielzahl in der Apotheke erhältlicher Produkte seien im Vergleich zum Vorjahr teilweise gestiegen, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Hat also die Pharmaindustrie abkassiert und die Mehrwertsteuersenkung schamlos zu einer Preiserhöhung missbraucht?
Differenziertes Bild
Schaut man sich die Situation genauer an, zeigt sich ein differenziertes Bild. Um Missverständnissen vorzubeugen: Prinzipiell ausgenommen von der Mehrwertsteuersenkung sind Medizinprodukte wie Verbandsmaterial, Fieberthermometer oder Kontaktlinsenreinigungsmittel sowie Nahrungsergänzungsmittel. Für Letztere gilt schon seit Jahren ein reduzierter Steuersatz von 10 Prozent.