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Kinderschuhe - Zu klein geraten

  • Korrekte Größenangabe nur bei 3 von 18 Schuhen
  • Große Marken oft zu schmal geschnitten
  • Flexible Sohle und gute Fersenstabilität inzwischen Standard

Trendy versus Passform

Eltern können ein Lied davon singen: Schuheinkauf mit dem Nachwuchs geht an die Substanz. Die Sprösslinge wollen vor allem coole Treter, den Erwachsenen ist in erster Linie wichtig, dass das ausgesuchte Paar gut passt. Die Folge davon sind nicht selten lautstark ausgetragene Meinungsverschiedenheiten im Geschäft.

Weiche Kinderfüße

Auch wenn solche Auseinandersetzungen mühsam sind: Sie müssen sie führen. Denn vor allem kleinere Kinder können nicht verlässlich beurteilen, ob ihr Fuß ordentlich im Schuh sitzt. Ihr Sensorium ist diesbezüglich noch nicht hinreichend ausgebildet. Dazu kommt, dass das kindliche Fußgewebe weich und formbar ist, es hat viele knorpelige und erst ansatzweise knöcherne Strukturen und kann sich so leicht der Form eines Schuhs anpassen. Aber gerade das soll nicht sein. Nicht der Fuß soll sich nach dem Schuh, sondern der Schuh sich nach dem Fuß richten.

„Die Fußbekleidung hat die Aufgabe, ihrem Zweck, der Beschützung des Fußes, nachzukommen; sie hat aber nicht die Aufgabe, an der Gestalt unseres Fußes herumzupfuschen.“ Das vermerkte vor 150 Jahren der Vater der modernen Fußbekleidung, der Zürcher Anatom Hermann Georg Meyer, in seiner Schrift „Die richtige Gestalt der Schuhe“ (1858). Sein Diktum hat noch heute Gültigkeit, und es gilt gleichermaßen für Kinder- wie für Erwachsenenschuhe.

Kinderschuh-Test 9/2005: kein Verlass auf Größenangabe

Im September 2005 testeten wir zuletzt Kinderschuhe. Wir wollten damals wissen: Können sich Eltern beim Schuheinkauf auf die Größenangaben verlassen? Nein, können sie nicht, lautete die ebenso klare wie niederschmetternde Antwort. Der Großteil der getesteten Schuhe war kleiner als angegeben.

 

Größenangabe und Passform

Hat sich in den vergangenen zwei Jahren etwas geändert? Stimmen die Größenangaben endlich? Vor allem aber: Wie sieht es mit der Passform aus? Sind die Schuhe breit genug, bieten sie der Ferse guten Halt, ist das verwendete Material atmungsaktiv, die Sohle rutschfest? Zwei Testkäufer mit ihren Kindern machten sich für uns auf den Weg. In 9 Geschäften kauften sie insgesamt 18 Paar Schuhe ein. Die Preise dafür bewegten sich zwischen 10 und 79 Euro.

Orthopädisch beurteilt

Nach dem Einkauf haben wir Schuh für Schuh gewissenhaft vermessen und die von uns erhobene Schuhgröße mit der angegebenen verglichen. Anschließend erfolgte die orthopädische Beurteilung durch einen Experten. Er prüfte Material, Verarbeitung, Fersenstabilisierung, Verschluss und Sohle. Das alles nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch. Wie gut der Schuh tatsächlich passt, wurde in einem weiteren Durchgang direkt an den Füßen unserer jungen Tester festgestellt.

Kinder haben natürlicherweise einen höheren Bewegungsdrang als Erwachsene: Sie laufen, springen, turnen und hüpfen herum, was der Entwicklung und Reifung ihrer Bänder, Knochen und Muskeln dient. Damit sind zugleich besondere Anforderungen an das Schuhwerk gegeben – es sollte einerseits biegsam sein und andererseits eine ausreichende Fersenstabilisierung bieten, damit es, wie der Fachmann sagt, zu keinem Valgus-Knick, d.h. keiner Überdehnung der inneren Sprunggelenksbänder kommt. Eine harte, steife Sohle fanden wir bei keinem Kinderschuh, und sie hätte da auch nichts verloren.

Gute Stabilisierung der Ferse

Überwiegend gut waren auch die Ergebnisse bei der Fersenstabilisierung. Ein Ausreißer ist hier nur der Schuh von ecco. Top dagegen zwei Paare von superfit, die auch in der orthopädischen Gesamtbeurteilung hervorragend abgeschnitten haben.

Zipp keine optimale Lösung

Der gute Halt im Schuh und damit auch die Sicherheit des Sprunggelenks ist unmittelbar abhängig vom Verschluss. Die meisten Schuhe setzen auf den Klettverschluss: Eine bewährte Lösung, denn sie garantiert ein schnelles Öffnen und Schließen und darüber hinaus eine gute Festigkeit. Eine Schnürung hat den Nachteil, dass es Bänder gibt, die, wenn der Knoten aufgegangen ist, zu Stolperfallen werden. Außerdem erfordern sie von der Kinderhand etwas mehr Geschicklichkeit (und Geduld). Damit die Schnüre leicht gleiten können, sollten nicht einfach Löcher ins Material gestanzt sein, sondern Ösen aus Metall oder Kunststoff vorhanden sein. Das Modell Timberland kann nur mit einem Zipp verschlossen werden. Das sieht zwar chic aus, macht aber wenig Sinn. Eine individuelle Anpassung des Verschlusses an den Fuß ist in diesem Fall unmöglich und eine ausreichende Fixierung des Sprunggelenks daher nicht gegeben.

Höhe des Fersenteils unbedingt beachten

Entscheidend für die Passform ist auch die Höhe des Fersenteils. Er sollte entweder unter dem Sprunggelenk enden oder dieses ganz umschließen. Endet der Schuh ausgerechnet auf der Höhe des Knöchels, kann es zu Druckstellen und dadurch zu Problemen beim Gehen kommen. ConWay, adidas Indoor und Venture waren etwas zu hoch geschnitten.

Mit Einlagen probieren

Besonders wichtig ist die Fersenteilhöhe dann, wenn Ihre Kinder Einlagen tragen müssen. Nehmen Sie diese unbedingt zum Schuhkauf mit und probieren Sie im Geschäft, ob der Schuh auch mit den Einlagen richtig sitzt und die Schuhkante nicht auf den Knöchel drückt.

Wichtig: rutschfeste Sohlen

Es ist ein kleines Wunder der Natur, das uns aber gar nicht auffällt, weil es so selbstverständlich ist: Mit unseren Füßen, einer relativ kleinen Fläche also, halten wir den ganzen Körper aufrecht und im Gleichgewicht. Das ist freilich nur durch ein sehr feines Zusammenspiel von Nerven, Muskeln und Knochen möglich. Wer damit rechnen muss, im nächsten Augenblick auszurutschen, bewegt sich von vornherein unsicher. Rutschfeste Sohlen, die mit entsprechender Profilierung auch Splitt und Feuchtigkeit meistern, bieten Sicherheit. Im Vergleich mit der Konkurrenz kamen die elefanten-Schuhe hier ins Schleudern. Aber auch Geox und nike haben Verbesserungsbedarf, denn nichts ist für Kinder so gefährlich wie rutschige Sohlen.

Luftig statt schwitzig

Ein Fuß darf nicht eingesperrt werden, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen muss ein ausreichender Luftaustausch sichergestellt sein, vor allem auch deshalb, weil der kindliche Fuß mehr zum Schwitzen neigt als der erwachsene. Leder und Textilien sind in dieser Hinsicht empfehlenswerte Materialien, weil atmungsaktiv. Weniger geeignet ist Plastik, das wir bei nike und den zwei Paaren von Venture fanden, denn es lässt keine Luft durch. Natürlich muss ein Fuß auch genügend Platz im Schuh haben, und zwar sowohl in der Länge wie auch in der Breite. Vor allem kleinere Kinder haben einen relativ breiten und voluminösen Fuß. Zu schmal geschnitten, lautete hier das Urteil bei Geox. Aber auch adidas Indoor, elefanten und ecco konnten in diesem Punkt nicht überzeugen.

Allgemein wird empfohlen, den Schuh so auszuwählen, dass er innen 12 bis maximal 17 mm länger ist als der Fuß. Das entspricht in etwa einer Daumenbreite. Andernfalls haben die Zehen zu wenig Platz und werden beim Gehen gestaucht. Wenn Sie die Daumenprobe machen, kontrollieren Sie dabei mit der anderen Hand, ob die Zehen Ihres Sprösslings auch ausgestreckt sind. Denn Kinder ziehen sie oft automatisch ein, sobald sie einen Druck spüren.

Größenangaben zum Vergessen

Bei unserem Test vor zwei Jahren lautete das Ergebnis bei den Schuhgrößen so: Über 70 Prozent der Schuhe waren kleiner als angegeben. Und diesmal? Haben die Hersteller ihre Hausaufgaben gemacht? Leider noch immer nicht! Gerade 3 von 18 Schuhen hatten eine korrekte Größenangabe – darunter ausgerechnet ein Auslaufmodell (elefanten), von dem nur noch Restpaare im Handel sind. Der allergrößte Teil war eine Nummer zu klein. Bei adidas und Geox irrte man sich gleich um zwei Nummern!

Unterschiedliche Normen

Können die Firmen etwa nicht ordentlich mit dem Maßband umgehen? Nein, der Grund ist, dass unsere Norm nicht genauso in allen anderen Ländern gilt – beispielsweise in Italien. Für Sie als Kunde heißt das, dass Sie sich nicht auf das verlassen können, was auf der Schachtel bzw. dem Schuh steht. Sie müssen selbst nachprüfen, ob zwischen der längsten Zehe und der Schuhspitze noch eine Daumenbreite Platz hat.

Selbsthilfe mit Schablone

Noch besser wäre, Sie zeichnen den Umriss des Kinderfußes auf ein Stück Karton, geben vorne 12 bis maximal 17 mm dazu und schneiden aus. Passt diese Schablone in den Schuh, ist er groß genug. Achtung: Solche Schablonen müssen Sie vor jedem Kauf neu machen. In den ersten zwei bis drei Lebensjahren durchwächst ein Kinderfuß nämlich drei Schuhgrößen im Jahr. Bis zum Abschluss des Wachstums noch ein bis zwei Schuhgrößen jährlich. Das Wachstum der Kinderfüße ist übrigens unabhängig vom Größenwachstum. Eine über Monate unveränderte Kleidergröße heißt daher keinesfalls, dass auch die Schuhe aus der Vorsaison noch passen. 

Vermessung nur zur Orientierung

Dass die korrekte Kennzeichnung der Schuhgröße ein wunder Punkt ist, wissen auch die Schuhverkäufer. In den meisten Geschäften wurden die Füße der Kinder vermessen. Das Ergebnis diente dann jedoch bestenfalls als Orientierungswert. Bei Humanic, Stiefelkönig, Salamander, GEA, Schuhhaus zur Oper und Fredi Kinderschuhe wurde uns nachdrücklich geraten, Modelle zu probieren, die eine, wenn nicht zwei Nummern größer waren als die vorher ermittelte Schuhgröße.

Unsere nachträgliche Überprüfung bestätigte die Richtigkeit dieser Einschätzung. Abgesehen von den drei Paar Schuhen, bei denen die Größenangabe korrekt ist, verkaufte man uns immerhin weitere acht Paar, die tatsächlich passten. Lösung für die Zukunft kann das aber keine sein!

Test Kinderschuhe: Crocs nur für den Strand

Sie heißen Crocs, haben knallige Farben und werden in eigenen Flagstores verkauft. Viele Kinder sind ganz vernarrt in diese auffälligen Treter aus Kunststoff. Auch wir kauften zwei Paar davon ein.

Crocs haben keine europäische Größenkennzeichnung und damit auch keine Angabe, die wir hätten nachmessen können.

Da der Fuß in diesen von manchen uncharmant als Plastikquadratlatschen bezeichneten Schuhen keinerlei Halt hat, konnten sie auch orthopädisch nicht beurteilt werden. Sie eignen sich nach Ansicht von Experten allenfalls als Badeschuhe.

Interview mit Dr. Martin Donner, Facharzt für Orthopädie

Orthopäde Dr. Martin Donner

"Großen Fortschritt sehe ich nicht."

Dr. Martin Donner, Wiener Facharzt für Orthopädie

Zu welcher Gesundheitsbeeinträchtigung kann ein zu kleiner Schuh führen?

Dr. Donner: Eine häufige Folge zu kleiner Schuhe ist der Hallux valgus, die schief nach außen stehende Großzehe. Diese Deformation wirkt sich auf die Schrittabwicklung aus. Beim Gehen setzen wir den Fuß zunächst an der Außenseite der Ferse auf – deshalb ist die Sohle an dieser Stelle üblicherweise stärker abgetreten – und rollen ihn dann bis zur Fußmitte und anschließend innenseitig über den Großzehenstrahl ab. Weicht die Großzehe zur Außenseite ab, so verschiebt sich auch der Abrollmechanismus. Die Folge: Die benachbarten Zehen müssen die Aufgabe der Großzehe übernehmen, für die sie aber nicht gebaut sind. So kommt es zu Beschwerden, vor allem im 2. und 3. Zehengrundgelenk.

Welche weiteren Folgen kann das aus ganzheitlicher Sicht haben?

Dr. Donner: Störungen an den Füßen, also an der Basis des statischen Systems Mensch, führen oft zu – schmerzhaften – Störungen auf den darübergelegenen Ebenen, d.h. im Sprunggelenk, im Knie- und Hüftgelenk, manchmal sogar in der Lendenwirbelsäule.

Wenn Sie die heutigen Kinderschuhe mit früheren vergleichen – ist für Sie eine Weiterentwicklung erkennbar?

Dr. Donner: Von großen Fortschrittsschüben kann man eigentlich nicht sprechen, abgesehen von der durchaus positiven Entwicklung auf dem Sportschuhsektor, womit wir aber gleich auch beim dazugehörenden Problem sind: Kinder tragen heute oft das ganze Jahr über nur einen einzigen Schuh, eben den „Sportschuh“ – mit offenen und seitlich eingesteckten Schuhbändern, womit der Schuh einem Pantoffel ähnelt. Das sieht zwar „urcool“ aus, ist aber aus orthopädischer Sicht gar nicht ideal, weil der Fuß so keinen seitlichen Halt hat und es leicht zu Sprunggelenksverstauchungen kommen kann.

Kinder wachsen schnell aus ihren Schuhen heraus – dürfen die an jüngere Geschwister weitergegeben werden?

Dr. Donner: Ich sehe da in den meisten Fällen kein orthopädisches Problem. Die Frage ist vielmehr, ob die Geschwister sich mit den gebrauchten Schuhen auch zufriedengeben.

Test Kinderschuhe: Kompetent mit "Konsument "

  • Kontrolle . Die angegebene Schuhgröße stimmt nach wie vor meist nicht mit der tatsächlichen überein. Daher Passgenauigkeit mit der Daumenprobe, noch besser mit einer selbst gefertigten Schablone überprüfen.
    Gut gepolstert. Zwar auch eine Nummer kleiner als angegeben ist der Bundgaard. Dieser Schuh aus Dänemark besticht aber durch erstklassige Verarbeitung und sehr gute Polsterung.
  • Luft . Der kindliche Fuß schwitzt stärker als der erwachsene. Atmungsaktive Materialien wie Leder und Textilien sind aus diesem Grund empfehlenswert. Finger weg von luftundurchlässigem Plastik, auch wenn es noch so schön bunt ist.
  • Beweglichkeit . Der Kinderschuh muss, passend zum großen Bewegungsdrang der Kleinen, biegsam sein. Aber auch an den Seiten eine feste Stütze bieten, damit das Sprunggelenk geschützt ist.
  • Paarweise . Ein Schuh allein ist zu wenig. Lassen Sie Ihr Kind immer beide Schuhe probieren. Oft ist ein Fuß länger.

Kinderschuhe: Testkriterien

Im Test waren 18 Kinderschuhe der Größen 28 bis 31.

  • Schuhgröße . Sie erfolgte durch drei Prüfer. Als Messgerät diente ein vom VKI eigens angefertigtes Gerät, welches nach dem Prinzip einer Schublehre aufgebaut ist. Vermessen wurde jeweils der linke und der rechte Schuh eines Paares. Die gemessenen Größen und die ermittelte Schuhgröße flossen in die Bewertung nicht ein.
  • Orthopädische Beurteilung. Diese Bewertung der Schuhe erfolgte durch einen Facharzt. Er beurteilte Material, Verarbeitung, Sohle, Fersenstabilisierung, Verschluss, Anziehhilfe und Einlageneignung der Schuhe und überprüfte deren Passform zusätzlich am Fuß des jeweiligen Kindes. Dabei wurde bewertet, ob der Vorfuß des Kindes genügend Platz hat, der Schuh unter dem Sprunggelenk endet, das Kind bei der Sprungprobe Schmerzen hat oder umkippt. Der Arzt ließ außerdem die Kinder ihre Schuhe verschließen, um zu prüfen, ob die Schuhe auch dann genügend Halt geben, wenn die Kinder sie alleine anziehen.

 

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