Der Werbefilm macht es allen klar: An der Bushaltestelle wartet eine Reihe von Leuten. Plötzlich fällt einer um. Wie Dominosteine sinken auch andere Wartende entseelt zu Boden. Selbstmordattentat oder Amoklauf? Falsch: Damit sollen Frau und Herr Österreicher zur Impfung gegen Hepatitis A+B bewogen werden. Denn einige Aufrechte trotzen standhaft der Gefahr, sie sind geimpft.
Irreführende Information
Doch die Werbeaktion von GlaxoSmithKline (GSK) ist irreführend. Mit 188 gemeldeten Hepatitis A Fällen und 576 Hepatitis B Fällen in Österreich (2004) sind diese Viruserkrankungen für den Durchschnittsbürger in Österreich keine große Gefahr. Hepatitis holt man sich nicht beim Warten an der Bushaltestelle. Hepatitis A wird durch Verzehr von rohem Fisch oder verunreinigtem Wasser übertragen, Hepatitis B vor allem über Blut und sexuelle Kontakte. Und tot umfallen wird man bei einer Ansteckung auch nicht. Akute Todesfälle kommen extrem selten vor.
Hepatitis A wird nie chronisch, Hepatitis B nur selten und lässt sich behandeln. Aber: Hepatitis B grassiert in südlichen Ländern wegen der schlechten hygienischen Bedingungen, es gibt dort kaum Therapiemöglichkeiten. Daher bemüht sich die Weltgesundheitsorganisation WHO, diese Infektionskrankheit auszurotten. Eine Impfung ist für Urlauber Basis jeder Reisevorsorge. Auch Risikogruppen in Österreich sollten sich schützen; zu ihnen zählen besonders medizinisches Personal, Menschen die sich piercen oder tätowieren lassen, die häufig wechselnde Sexualpartnern haben und die Drogen konsumieren.
Verbotene Werbung
Aber das ließe sich auch ohne Panikmache und Werbe-Geschenke verteilende Studenten an Kreuzungen erklären. Rechtlich sieht die Lage so aus: Aufklärung über gesundheitliche Gefahren ist erlaubt. Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente die sich an Laien wendet, ist gesetzlich verboten.
Alle medizinischen Informationen, die im Rahmen der Aktion vermittelt wurden sind für sich genommen nicht falsch - aber deutlich verzerrt. Die Optik ist schlecht: Erstens erhielten praktische Ärzte Informationsmaterial vom Hersteller GSK, das einerseits über die Impfaktion informiert – was durchaus korrekt ist - andererseits die Gefahren von Hepatitis unrealistisch groß darstellt. Sollte ein durch die Werbeaktion verunsicherter Patient fragen, hat so der Arzt die richtigen Argumente für die Impfung gleich zur Hand.
Zweitens profitieren alle Unterstützer von der Kampagne: Das Gesundheitsministerium, weil es die Ziele der WHO unterstützt, Ärzte, die für jede Impfung ein Honorar verrechnen, Apotheken durch den Verkauf. Der Werbefolder beschreibt unter anderem einen Kombi-Impfstoff für Hepatitis A + B (reduziert die Zahl der Einzel-Injektionen) und diesen bietet ausschließlich GlaxoSmithKline an. Der „Info“-Folder macht bei Patienten also unserer Meinung nach Werbung für Produkte eines bestimmten Herstellers und hält sich somit nicht an das Gesetz.
Ausweichende Antworten
Wir baten die Unterstützer um Stellungnahme zur Werbekampagne. Wir erhielten überwiegend Infos zur Infektionsgefahr mit Hepatitis A und B in Österreich.
Die Ärztekammer, so der Wortlaut, erlaubt uns „mitzuteilen, dass diese (Impfkampagne) von uns voll unterstützt wird.“ Das Argument: „um folgenschwere Erkrankungen bis hin zum Leberzellkrebs und Tod zu vermeiden.“ Die Apothekerkammer argumentiert: „Impfungen haben im Lauf der Jahrzehnte unzählige Menschenleben gerettet“, um die heiße Kartoffel weiterzureichen: „Diese Impfaktion wird vom Hersteller des Impfstoffes beworben.“
Artikel vorher prüfen
Die Vertreterin des Herstellers reagierte auf die „Konsument“-Anfrage ganz besonders verschnupft, unterstrich die Risken der Ansteckung („auch in Österreich möglich“) und betonte, „dass impfen schützt.“ Der Werbespot sei vielleicht nicht jedermanns Geschmack, habe aber, wörtliches Zitat, „wie viele positive Anfragen und die gestiegene Impfbereitschaft zeigen, das angestrebte Ziel erreicht.“ Was das erreichte Ziel ist, blieb offen; dafür erhielten wir die Aufforderung, den fertigen Artikel vor der Veröffentlichung an sie zu schicken ...
Sowohl Ärztekammer als auch Hersteller berufen sich auf das Österreichische Impfkomitee, das die Kampagne unterstützt. Die Website des Österreichischen Impfkomitees wird von Glaxo Smith Kline gefördert (siehe Impressum www.impf.at ).