Ist Glyphosat krebserregend?
Wir sagen: Je nachdem, wie Tierversuche und Laborversuche gegenüber Studien am Menschen gewichtet werden, gelangt man zu unterschiedlichen Einschätzungen. Mit Blick auf die Studien am Menschen halten wir die Frage für derzeit nicht geklärt. |
Glyphosat ist das weltweit am meisten eingesetzte Mittel zur Unkrautvernichtung und es ist höchst umstritten. Einerseits leistet die Substanz in der Landwirtschaft wichtige Dienste, andererseits haben Umweltschützer den Stoff schon lange im Visier, weil er krebserregend sein soll. Sogar offizielle Stellen kommen dabei zu unterschiedlichen Einschätzungen.
Unterschiedliche Bewertungen von WHO und EFSA
Im März 2015 ließ die Weltgesundheitsbehörde (WHO) verlautbaren, das Glyphosat wahrscheinlich karzinogen sei. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kam in ihrem ein halbes Jahr später veröffentlichten Bericht zu einem völlig anderen Ergebnis. Danach geht von Glyphosat keine zusätzliche Krebsgefährdung aus.
Dass WHO und EFSA zu unterschiedlichen Schlüssen kommen, liegt nicht nur daran, dass sie Studien unterschiedlich interpretieren, sondern auch daran, dass sie jeweils andere Schwerpunkte setzen:
- Die EFSA legt den Fokus darauf, welche Mengen in die Umwelt gelangen und ob Menschen einer gesundheitsschädlichen Dosis ausgesetzt sein könnten.
- Die WHO beurteilt nur, wie gefährlich das Mittel als solches ist, unabhängig davon, wie es verwendet wird.
Studien mit Tierversuchen und ...
WHO und EFSA messen Tierstudien eine hohe Bedeutung bei. Die Ergebnisse von Tierstudien lassen sich aber nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen. Die WHO geht von einer Gefahr aus, weil einige Studien an Mäusen Hinweise darauf geben. Die EFSA teilt diese Ansicht nicht, weil die Studienlage nicht eindeutig ist und sich in den Tierstudien erst dann eine erhöhte Krebsgefahr zeigt, wenn die Versuchstiere so hohen Glyphosatkonzentrationen ausgesetzt werden, wie sie in der Umwelt nicht vorkommen.
... über Einfluss auf Umwelt und Menschen
Auch aus den Studien, an denen Menschen beteiligt sind, leitet die WHO eine Gefährdung ab. Doch die Studienlage ist nicht eindeutig und Experimente am Menschen sind nicht möglich. Es können nur Studien herangezogen werden, in denen untersucht wird, inwieweit sich eine Glyphosatbelastung in der Umwelt auf die Gesundheit der Menschen auswirkt.
Die größte dieser sogenannten Kohortenstudien wurde in den USA durchgeführt und zeigte kein erhöhtes Krebsrisiko. Nur ein statistisch nicht abgesichertes Teilergebnis bei einer bestimmten Tumorart wies auf ein erhöhtes Risiko hin.
Urteil über Krebsrisiko noch nicht möglich
Darüber hinaus existieren viele kleinere Beobachtungsstudien. Eine Zusammenfassung von sechs dieser Arbeiten kommt zu dem Ergebnis, dass Glyphosat das Risiko einer Krebserkrankung um 30 Prozent erhöht. Doch die Analyse ist nicht gut ausgeführt und die meisten anderen Fall-Kontroll-Studien liefern keine Belege für erhöhtes Krebsrisiko. Die Frage, ob die Anwendung von Glyphosat für ein erhöhtes Krebsrisiko in der Bevölkerung verantwortlich gemacht werden kann, ist somit noch nicht zu beantworten.
Stimmt das, was die berichten? Beinahe täglich berichten Medien von Behandlungsmethoden, diagnostischen Tests und Studien. Wie aber steht es mit den Fakten hinter diesen Meldungen? Können wir glauben, was wir lesen? In unserer Rubrik "Fakten-Check Medizin" finden Sie Informationen, ob es für Medienberichte zu medizinischen Themen echte wissenschaftliche Beweise gibt. "Faktencheck Medizin" ist eine Kooperation von KONSUMENT mit Cochrane-Österreich. Cochrane-Österreich ist werbefrei, unabhängig und wird durch die Bundesgesundheitsagentur gefördert. Lesen Sie mehr auf www.medizin-transparent.at |