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Behandlungsfehler im Spital - Aus Fehlern gelernt

Behandlungs- und Pflegefehler im Spital beeinträchtigen den Gesundheitszustand eines Patienten massiv. Die Patientenanwaltschaft erwirkt neben der materiellen Entschädigung für den Patienten Verbesserungen im Qualitätsmanagement des Spitals.

Der Fall: Beschädigung der inneren Organe diagnostiziert

Franz S. stürzt zu Hause und zieht sich dabei eine Fraktur im Beckenbereich zu. Bis zu seinem Sturz war der 89-Jährige völlig mobil und selbstständig. Bei der Untersuchung im Krankenhaus werden allerdings Erkrankungen an inneren Organen diagnostiziert, was eine weitere Behandlung auf der internen Station des Spitals notwendig macht.

Erfrierungen von Kriegszeit an Händen und Füßen

Bei der Aufnahme gibt S. an, dass er aufgrund von Erfrierungen an Händen und Beinen, die er sich während der Kriegszeit zugezogen hat, unter schweren Gefühlsstörungen an beiden Füßen leidet. Die Erfrierungen werden auch in der Krankenakte vermerkt. Da er nicht gehfähig ist und absolute Bettruhe einzuhalten hat, muss besonders darauf geachtet werden, dass vor allem an den Füßen keine Druckgeschwüre entstehen können. Ein dafür notwendiger Lagerungsplan wird jedoch nicht erstellt.

Geschwürbildung an beiden Fersen

Nach fünf Tagen treten ausgeprägte Anzeichen chronischer Druckbelastung mit Geschwürbildung an beiden Fersen auf. Eine penible Druckentlastung wird zwar angeordnet, in der Dokumentation der Krankengeschichte wird jedoch nicht festgehalten, wie die Lagerung der Fersen zu erfolgen hat.

Weitere Versorgung durch Hauskrankenpflege

Nach 14 Tagen wird Franz S. aus dem Spital entlassen. In den Entlassungspapieren werden Schädigungen der Haut (Dekubitus) und Geschwüre (Ulcera) an beiden Fersen, Fußballen sowie einigen Zehen beschrieben. Auf ärztliche Anordnung erfolgt die weitere Versorgung durch die Hauskrankenpflege. S. kann sich nur mit Spezialschuhen und Rollstuhl bewegen.

Patient eingeschränkt geh- und stehfähig

Nachdem Beschwerden im Bauchbereich auftreten, wird er erneut in das Krankenhaus aufgenommen. Dabei wird festgestellt, dass in der Zwischenzeit Gewebe an den Fersen abgestorben ist. Diese Nekrosen bessern sich während der dreiwöchigen Behandlungsphase im Spital nur leicht. War der Patient bei der Aufnahme nur eingeschränkt geh- und stehfähig, so kann er bei seiner Entlassung mit dem Rollmobil zirka 150 Meter zurücklegen. Für die weitere Heilung der Druckgeschwüre wäre allerdings ein mit hohen Kosten verbundener vierwöchiger Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung nötig.

Patient erhält Entschädigung; Wiederholungsfälle sollen künftig vermieden werden

Intervention: Kein zeit-, sach- und fachgerechtes Handeln

Die Patienten- und Pflegeombudsschaft (PPO) des Landes Steiermark, an die Franz S. sich wendet, fordert vom Träger der Krankenanstalt Einsicht in die Patientendokumentation. Die PPO kritisiert, dass anhand der Unterlagen kein zeit-, sach- und fachgerechtes Handeln der agierenden Pflegepersonen erkennbar sei, und fordert neben einem finanziellen Ausgleich für den Patienten auch strukturelle Maßnahmen, die derartige Versäumnisse bei anderen Patienten in Zukunft verhindern.

Aufwandsentschädigung bzw. Schmerzensgeld für Patient

Die Pflegedirektion nimmt den Fall zum Anlass, um eine qualitätsgesicherte Pflegeplanung und -dokumentation zu erarbeiten, die auch ein Schulungsprogramm und innerbetriebliche Fortbildungen für die Pflegekräfte des Spitals einschließt. Franz S. wird für seine Aufwendungen sowie als Schmerzensgeld für die fehlerhafte Pflege einen Pauschalbetrag von 7.000 Euro zugesprochen.

Fazit: Wiederholungsfälle sollen künftig verhindert werden

Für die PPO zeigt das vorliegende Beispiel, wie idealerweise mit Behandlungs- bzw. Pflegefehlern im Spital umzugehen ist. Neben einer materiellen Entschädigung sind strukturelle Maßnahmen unverzichtbar, damit Wiederholungsfälle verhindert werden.

VKI-Kooperation mit der Patientenanwaltschaft

In unserer Rubrik berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befasst sind.

Die Patienten- und Pflegeombudsschaft des Landes Steiermark setzt sich für eine konstruktive Aufarbeitung von Fehlern bei der Behandlung im Spital ein. Diese sollte neben einem materiellen Ausgleich für die unmittelbar geschädigten Patienten auch dazu führen, dass die internen Abläufe im Krankenhaus hinterfragt und verbessert werden.

 

Steiermark
Patienten- und Pflegeombudsschaft
Friedrichgasse 9,
8010 Graz,
Tel. 0316 877-3350
Fax 0316 877-4823
E-Mail: ppo@stmk.gv.at
Patientenvertretung Steiermark > Kontakt

 

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