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Ärztetest: Biofeedbacktherapie - Die Kraft der Vorstellung

Biofeedback entwickelt sich zunehmend zu einer wissenschaftlich anerkannten Therapieform.

Der Wille als Kraft

Stellen Sie sich ein Computerspiel vor, bei dem Sie ganz ohne Maus oder Tastatur auskommen. Die verschiedenen Aufgaben lösen Sie durch nichts anderes als Ihren puren Willen. Das Spiel gibt es tatsächlich. Es basiert auf den Erkenntnissen des Biofeedback. Mithilfe des Verfahrens lassen sich normalerweise unbewusst ablaufende körperliche und seelische Prozesse erfassen, der bewussten Wahrnehmung zugänglich machen und willkürlich verändern.

Geist und Körper hängen zusammen

Hintergrund ist die Erkenntnis, dass die Veränderung von geistig-emotionalen Vorgängen mit einer Veränderung des körperlichen Zustandes einhergeht – und umgekehrt. Darstellbar wurde dieser Zusammenhang erstmals 1870, als es möglich war, den Hautwiderstand zu messen. An psychisch erkrankten Patientinnen konnte daraufhin nachgewiesen werden, dass sich die Transpirationsrate der Haut mit dem seelischen Befinden der Versuchspersonen verändert.

Nervensystem willentlich beeinflussen

Bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts ging die wissenschaftliche Medizin jedoch davon aus, dass das vegetative Nervensystem nicht willentlich zu beeinflussen sei. Bei der Erforschung der Gehirnströme, die durch Elektroenzephalographie (EEG) aufgezeichnet werden können, stellte sich heraus, dass Versuchsteilnehmer die Potenzialschwankungen beeinflussen konnten. Diese Möglichkeiten wurden auf die Messung anderer Körperfunktionen ausgedehnt, es begann die gezielte Entwicklung des modernen Biofeedback. Neben der Anwendung im klinisch-psychologischen Bereich wird Biofeedback heute auch im Sporttraining eingesetzt.

Messwerte in Signale umsetzen

Die gemessenen Körperdaten – etwa elektrische Leitfähigkeit und Widerstand der Haut, Körpertemperatur, Puls und Blutdruck, Atemfrequenz und -tiefe, Muskelspannung sowie Gehirnströme – werden von einem Gerät erfasst und in ein optisches oder akustisches Signal umgewandelt. Ein Bildschirm, auf dem die Werte in Form von Lichtzeichen oder Kurven erscheinen, oder ein Lautsprecher, der akustische Signale abgibt, zeigen dem Übenden an, ob er sich dem gewünschten Ziel nähert oder sich davon entfernt. Diese Rückmeldung motiviert zum aktiven Training.

So wirkt Biofeedback

Biofeedback kommt inzwischen bei zahlreichen Indikationen zur Anwendung. In einem ersten Schritt wird der Arzt oder Therapeut die Ausgangssituation abklären und entscheiden, ob Biofeedback als alleinige Methode nützen kann oder ergänzend zu einer anderen Behandlungsform, zum Beispiel mit Medikamenten, eingesetzt werden soll. Die Zusammenhänge zwischen den Beschwerden und den sie auslösenden Körperfunktionen werden erklärt. Die Übungen werden in bequemer, leichter Kleidung im Sitzen oder Liegen durchgeführt. Ein oder mehrere Sensoren werden an der entsprechenden Körperstelle befestigt und mit dem Biofeedback-Gerät verbunden.

Migräne: Sensor auf Schläfenarterie

Bei Migräne wird der Sensor beispielsweise über der Schläfenarterie fixiert. Als Biosignal dient die an dieser Arterie gemessene Durchblutung. Als Rückmeldesignal wird dem Patienten ein Kreis auf dem Bildschirm vorgegeben. Durch Gedanken, Gefühle und Stimmungen kann Ëder Übende eine Änderung der Gefäßweite und damit eine Veränderung der Durchblutung erreichen. Wie gut es ihm gelingt, den Durchmesser der Arterie willentlich zu vergrößern, zeigt der Ring auf dem Bildschirm, der sich den gemessenen Werten entsprechend verändert.

Biofeedback: Spannung zeigen, Entspannung fördern

Bei Blasenschwäche werden die Sensoren im Bereich der Beckenbodenmuskeln angelegt, deren Anspannung der Bildschirm anhand einer Kurve wiedergibt. Durch die sichtbaren Veränderungen lernen Patienten, die Funktion dieser Muskulatur zu stärken. Für die Beeinflussung von Stress werden dem Patienten über Kopfhörer angenehme Musik und Anleitungen zur Entspannung
vorgespielt. Gleichzeitig wird anhand von Farbmustern der Spannungszustand und dessen Veränderung angezeigt.

Den Weg zum Ziel erlernen

Erreicht der Übende den jeweiligen Zielzustand, kommt es darauf an, sich das damit verbundene Erleben so weit einzuprägen, dass es bei Bedarf willentlich abgerufen werden kann. Die erste Biofeedback-Sitzung dauert etwa eine Stunde, weitere Sitzungen zu 45 Minuten werden meist im Wochenabstand durchgeführt. Die Anzahl der Behandlungseinheiten hängt von der Art der Beschwerden und der individuellen Reaktion ab. Meist werden Serien von vier bis zehn Sitzungen angeboten, in manchen Fällen sind weitere Übungsserien nötig.

Manche lernen es nie

Es gibt auch Menschen, die Biofeedback nicht erlernen können. Ob jemand auf Biofeedback anspricht, klärt sich nach etwa sechs Sitzungen. Häufig werden Patienten dazu angehalten, Protokoll zu führen und auch zu Hause zu üben. Dazu kann ein tragbares Gerät benutzt werden. Den meisten Übenden gelingt aber bald eine Kontrolle ohne die Hilfe eines Apparats. In jedem Fall müssen die Patienten aktiv mitarbeiten.

Bei zahlreichen Beschwerden angewendet

Die Biofeedback-Therapie hat sich überwiegend in der Psychologie und bei Ärzten in psychosomatisch orientierten Kliniken und Praxen durchgesetzt. Biofeedback wird zur Steigerung des Körperempfindens eingesetzt. Die Erfahrung, körperliche Vorgänge bis zu einem gewissen Grad beeinflussen zu können, stärkt das Selbstvertrauen. Biofeedback wird zur Unterstützung von Entspannungstechniken und psychologischen Behandlungen angewendet, kann aber auch als eigenständige Behandlungsmethode dienen.

Zähneknirschen, Bluthochdruck, Verdauungstörung

In der Medizin wird Biofeedback zur Behandlung von Beschwerden angeboten, die durch Muskelverspannung oder innere Spannung entstehen, zum Beispiel Migräne, spastischer Schiefhals und Zähneknirschen. Auch bei Krankheiten wie Blasen- oder Darmschwäche, Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen der Finger und Füße, Hechelatmung, Herzrhythmusstörungen und Verdauungsstörungen wird Biofeedback eingesetzt; ebenso bei Bewegungsstörungen, bei Lähmungen (etwa nach einem Schlaganfall) und Epilepsie.

Ängste, Schlafstörungen, Stress

In der Psychologie kommt Biofeedback bei Ängsten, Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität, Panikattacken, Phobien, Schlafstörungen sowie zur Bewältigung von Stress zum Einsatz. Biofeedback sollte nie ohne vorherige Diagnose und medizinische Indikation angewendet werden. Sonst besteht das Risiko, dass eine Krankheit nicht erkannt und eine notwendige Behandlung versäumt wird.

Nur unter ärztlicher Kontrolle

Wie alle Therapieverfahren, die auf die Psyche einwirken können, sollte Biofeedback nur unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden. Es ist möglich, dass sich durch Biofeedback-Übungen der Medikamentenbedarf verringert, etwa bei Patienten mit Diabetes oder hohem Blutdruck. Dies muss kontrolliert und gegebenenfalls die Dosis angepasst werden.

Nebenwirkung: Benommenheit, veränderte Wahrnehmung

Gelegentlich löst Biofeedback vorübergehend akute Angst, Benommenheit, Desorientierung und veränderte Sinnesempfindungen aus. In diesen Fällen sollte man kein Fahrzeug lenken, keine Maschinen bedienen und keine Arbeiten ohne sicheren Halt verrichten.

Was ist dran am Biofeedback?

Wirksam und positive Effekte: Es existieren zahlreiche kontrollierte Studien und eine Vielfalt von systematischen Übersichtsarbeiten zu Anwendungsbereichen. Diese belegen, dass Biofeedback bei bestimmten Erkrankungen beziehungsweise Symptomen wirksam ist: Bei Blasenschwäche (Inkontinenz) reduziert Biofeedback das Einnässen, bei kindlicher Migräne verringert es die Intensität von Schmerzen und bewirkt, dass seltener Migräneanfälle auftreten. Bei der rheumatoiden Arthritis lindert Biofeedback als Ergänzung zur Standardtherapie die Schmerzen und verbessert die Funktion der Gelenke.

Bei Schmerzen oder Funktionsstörungen des Kiefergelenks verringert es die Beschwerden und verbessert die Beweglichkeit. In der Schlaganfall-Nachbehandlung reduziert Biofeedback den Grad der einschränkenden Behinderungen beim Gehen und der Handfunktion. Außerdem ist die Biofeedbacktherapie als Prophylaxe gegen Migräne wirksam.

Keine ernsten Nebenwirkungen

Bei ordnungsgemäßer Anwendung sind ernste Nebenwirkungen nicht zu befürchten. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung fällt bei den genannten Beschwerden positiv aus. Biofeedback ist bei diesen Erkrankungen und Störungen als ergänzende Behandlung zur Standardtherapie geeignet.

Bei gewöhnlicher Verstopfung und Anismus, einer häufigen Ursache von Verstopfung, bei der sich der Schließmuskel bei der Stuhlabgabe zusammenzieht, hilft Biofeedback, den Schließmuskel zu entspannen. Es ist geeignet, bei einer Schwäche des Darmschließmuskels (fäkale
Inkontinenz), auch nach einer Operation am Schließmuskel (nicht aber nach Prostataoperationen) das Einkoten zu verhindern. Ferner kann Biofeedback bei cystischer Fibrose die Lungenfunktion und bei kindlicher Hirnlähmung die Beweglichkeit verbessern. Bei Epilepsie senkt es die Anfallfrequenz.

Wirksamkeit noch nicht belegt: Bei anderen Anwendungen ergibt die Datenlage Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit. Da die Studien jedoch methodische Schwächen zeigen, sind die Ergebnisse nicht überzeugend, ein Beleg der Wirksamkeit steht noch aus. Das betrifft Untersuchungen zu Bluthochdruck, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, chronischen Schmerzen, Erektionsproblemen, Schlafstörungen und Stress. Bei Asthma gibt es Hinweise auf eine Eignung von Biofeedback als unterstützende Maßnahme zur Senkung des Medikamentenverbrauchs.

Bei Neurodermitis nicht wirksam

Aufgrund des nicht abschließenden Wirksamkeitsnachweises fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung negativ aus. Biofeedback ist zur Behandlung dieser Krankheiten und Störungen wenig geeignet.
Bei Neurodermitis, Ohrgeräuschen, Rückenschmerzen und Spannungskopfschmerz liegt kein Nachweis der Wirksamkeit vor. Eine symptomatische Behandlung von Asthma zeigte ebenso wenig Wirksamkeit. - Biofeedback ist zur Behandlung dieser Erkrankungen nicht geeignet.

Die Therapeuten und Kosten

Eine Liste von qualifizierten Therapeuten, die Biofeedback anbieten, ist bei der Österreichi-schen Gesellschaft für Biofeedback und Psychophysiologie, Wagramer Straße 102/2/5,
Tel./Fax (01) 202 52 02, oder im Internet, www.austria-biofeedback.at , erhältlich.

Auch bei einer Psychotherapie

Manche Krankenzusatzversicherungen übernehmen einen Teil der Behandlungskosten. Patienten sollten deshalb bei ihrer Versicherung nachfragen. Bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen kann Biofeedback im Rahmen einer Psychotherapie angewendet werden.

In diesem Fall gewähren die Krankenkassen üblicherweise einen Zuschuss. Erfolgen Biofeedbacktraining oder Biofeedbacktherapie an einer Klinik oder in einem Spital, entweder stationär oder ambulant, so wird diese Leistung in der Regel nicht gesondert verrechnet.

Das Konzept des Biofeedback

Viele Körperfunktionen – etwa der Herzschlag, die Temperaturregelung oder die Muskelspannung – laufen unbewusst ab und werden ständig unbemerkt kontrolliert und den Bedürfnissen angepasst. Biofeedback-Geräte dienen als „Ersatzsinnesorgan“, um diese Vorgänge erfahrbar zu machen und gegebenenfalls zu beeinflussen. Sie melden das Ablaufen der unbewusst von Nervenreizen gesteuerten Körperfunktionen so an den Patienten, dass dieser sie wahrnehmen, willentlich verändern und steuern kann.

Biofeedback hat sich
bei Beschwerden
bewährt, die durch
Muskelverspannung
entstehen.  

Biofeedback ist fundiert

Ziel der Übungen ist, einen gewünschten Zustand letztlich rein durch mentale Steuerung – ohne Rückmeldung durch das Gerät – zu erreichen. Biofeedback ist eine wissenschaftlich fundierte Methode. Mit der Messung der elektrischen Hirnströme (EEG) und anderen diagnostischen Untersuchungen wurde bewiesen, dass es eine enge Beziehung zwischen seelisch-mentalen und
körperlichen Prozessen gibt. Wie sie zusammenwirken, ist noch nicht restlos geklärt.

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