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Lebensversicherung mit Inflationsschutz - Überraschende Ergebnisse

Uniqa Österreich und die Raiffeisen Versicherung kommen bereits mit der fünften Tranche einer Lebensversicherung mit Inflationsschutz auf den Markt.

"Inflationsschutz & Raiffeisen Bank International Invest V" heißt das Produkt bei der Uniqa, "Inflationsschutz 173,72 Raiffeisen Bank International" bei der Raiffeisen Versicherung.

Wir haben uns das Produkt näher angesehen und kommen zum Teil zu überraschenden Ergebnissen.

Einmalerlag, 15 Jahre, 173 Prozent

Wichtig ist zuerst einmal, dass es sich um eine sogenannte indexgebundene Lebensversicherung handelt, die mit einem Einmalerlag am Laufzeitbeginn gefüllt wird. Am Ende der Laufzeit nach 15 Jahren (dies ist die neue Mindestlaufzeit für Steuerfreiheit bei Lebensversicherungen mit Einmalerlag) erhält der Sparer eine Mindestauszahlung von 173,72 Prozent.

Nettobeitrag beachten

Die Versicherung weist vorsichtshalber darauf hin, dass sich die 173,72 Prozent auf den "Nettobeitrag" beziehen. Der Nettobeitrag ist hier Ihr Einzahlungsbetrag ohne die 4 Prozent Versicherungssteuer, die Sie ja auch bezahlen müssen. Sie haben nach 15 Jahren also keinen Vermögenszuwachs von 73,72 Prozent, sondern nur einen von 69,72 Prozent. Und aus der vom Versicherer genannten Mindestrendite von 3,75 Prozent (inkl. Zinseszins) werden so nur noch 3,48 Prozent.

So haben wir gerechnet:

 Kapital:  100,00%  104,00%
 Rendite:  3,75%  3,48%
     
 Jahr  Kapital  Kapital
 1  103,75%  107,62%
 2  107,64%  111,36%
 3  111,68%  115,24%
 4  115,87%  119,25%
 5  120,21%  123,40%
 6  124,72%  127,69%
 7  129,39%  132,14%
 8  134,25%  136,74%
 9  139,28%  141,50%
 10  144,50%  146,42%
 11  149,92%  151,51%
 12  155,55%  156,79%
 13  161,38%  162,24%
 14  167,43%  167,89%
 15  173,71%  173,73%

 

Und was bedeutet dies für unseren Vorsteuervergleich mit anderen Produkten? Hier müssen wir rechnerisch die Vorsteuer-Rendite errechnen, die sich bei Entfall der Steuerfreiheit ergeben würde:

3,75 % / 75 % * 100 % = 5,00 Prozent Vorsteuerrendite
3,48 % / 75 % * 100 % = 4,64 Prozent Vorsteuerrendite

Indexgebundene Lebensversicherung

Indexgebundene vs. klassische Lebensversicherung

Hand aufs Herz: Können Sie spontan den Unterschied zwischen einer klassischen und einer indexgebundenen Lebensversicherung benennen?

Uniqa sagt dazu:

"Die indexgebundene Lebensversicherung bietet Versicherungsschutz im Er- und Ablebensfall unter unmittelbarer Beteiligung an der Wertentwicklung eines oder mehrerer Sondervermögen (Anlagestock/Anlagestöcke). Die  Anlagestöcke werden gesondert vom übrigen Vermögen in Wertpapieren angelegt und in Anteileinheiten aufgeteilt.
Der Zeitwert der im Anlagestock veranlagten Wertpapiere unterliegt kapitalmarktbedingten Wertschwankungen. Der Wert der veranlagten Wertpapiere kann somit über oder unter der Höhe der Beitragssumme liegen.

Die Versicherungsleistungen sind vom Wert der insgesamt gutgeschriebenen Anteileinheiten (Deckungsrückstellung) abhängig. Die Deckungsrückstellung der Versicherung ergibt sich aus der Zahl der auf die Versicherung entfallenden Anteileinheiten. Den Geldwert der Deckungsrückstellung der Versicherung ermittelt der Versicherer dadurch, dass die Zahl der Anteileinheiten der Versicherung mit dem analog zum Stichtag gemäß ermittelten Wert einer Anteileinheit des entsprechenden Anlagestockes multipliziert wird."

Auf gut Deutsch: Die sogenannte indexgebundene Lebensversicherung investiert in einen vorab definierten Anlagebereich. Dieser liegt im Deckungsstock und sichert Ihre Ersparnisse ab. Geht aber der Wert der Veranlagungen im Deckungsstock ganz oder teilweise verloren (Insolvenz, ...), so sind Sie an diesem Verlust zu 100 Prozent beteiligt.

Im Gegensatz zur klassischen Lebensversicherung haben Sie keine zusätzliche Sicherheit über den Deckungsstock hinaus.

Keine Risikostreuung, Kredit-Rating mittlerer Qualität

Keine Risikostreuung

Und wie sieht dies jetzt bei unserem konkreten Beispiel aus?
Unter "Vorteile" finden Sie im Online-Angebot der UNIQA bzw. von Raiffeisen den entscheidenden Hinweis:

"Know-how & hohe Bonität: Durch die Spezialisten der Raiffeisen Centrobank AG. Die vereinbarte Mindestauszahlung wird durch Veranlagung in einer Anleihe der Raiffeisen Bank International AG (Raiffeisen Bank International AG: S&P long-term debt and deposit rating A) dargestellt."

Ihr Deckungsstock besteht im konkreten Fall also aus einer Veranlagung von 100 Prozent des Kapitals in eine einzige Veranlagung: eine Anleihe der "Raiffeisen Bank International AG", deren Rating hier mit "A" der Rating-Agentur S&P (Standard & Poor's) angegeben wird.

"A"-Rating bedeutet nicht "ERST"-klassig

Im KONSUMENT-Buch "Kapital & Zinsen" können Sie lesen, dass es sich bei einem Kreditrating der Klasse "A" um eine sogenannte "hohe Kreditqualität" handelt. Die Reihenfolge der Abstufung lautet aber: "Höchste Kreditqualität", "Sehr hohe Kreditqualität", "Hohe Kreditqualität" und "Gute Kreditqualität, niedrigster Investmentgrade". Der Versicherer erklärt dies leider nicht.

Kreditratings können sich ändern

Kreditratings sind nicht konstant – sie können sich ändern, insbesondere über eine so lange Zeit wie bei 15 Jahren. Üblicherweise würde Ihnen Ihr Kundenberater hier eine stärkere Streuung auf mehrere Anlageobjekte nahe legen, um Ihr Risiko zu reduzieren. Hier leider nicht: Ihre Kapitalrückzahlung hängt an einer einzigen Anleihe!

Marktanalyse: Vergleichsrendite

Bereits oben hatten wir die Prozentrechnung des Versicherers korrigieren müssen: Wieder einmal hatten die Finanzmathematiker des Versicherers die für Sie relevante Rendite auf die gesamte Einzahlung (inkl. Versicherungssteuer) mit der Rendite auf den sogenannten Sparanteil verwechselt. Die tatsächliche Vergleichsrendite beträgt nicht 5,00 Prozent sondern nur 4,64 Prozent vor Steuern.

Vergleich: Nullkupon-Anleihe oder Zerobond

Die Rendite einer Veranlagung ist immer von der Bonität des Schuldners und auch von der Laufzeit der Veranlagung abhängig. Für unseren Marktvergleich suchen wir also eine Anleihe mit möglichst gleicher Laufzeit (d.h. bis 2026: 2011 + 15 Jahre) und gleichem Schuldner. Am besten als sogenannte Nullkupon-Anleihe oder Zerobond, um die Zinseszinsrechnung zu berücksichtigen.

Die Anleihe "RZB Nullkup.Obl. 08-20/PP/92" (ISIN: AT000B011200) ist vom gleichen Schuldner, eine Nullkupon-Anleihe und hat eine Laufzeit bis 2020, d.h. eine Restlaufzeit von rund 9 Jahren. Da im Normalfall mit zunehmender Laufzeit die Rendite ansteigt, ziehen wir diese Anleihe als möglichen Vergleichsmaßstab heran. Auf der Homepage der Wiener Börse sehen wir, dass der letzte Kurs von 66 Prozent am 21. Oktober 2011 zu Stande kam. Und aufgrund des Umsatzes von 50.000,-- Euro auch nicht zufällig aussieht. 

Welche Rendite ergibt sich hieraus? Laut Wiener Börse 4,64809 Prozent:

  RZB Nullkup.Obl. 08-20/PP/92     Letzter Preis:    66,000 +3,77%
  ISIN: AT000B011200   Datum, Zeit:  21.10.2011, 13:15:18 

 

  Diff. in %  +3,77%
  Diff. absolut  2,400
  Letztgehandeltes Volumen    50.000
  Bid / Ask  - / -
  Bid / Ask Volumen  - / -
  Bid / Ask Order Indikator  0 / 0
  Rendite p.a.  4,64809%  

 

Im Klartext heißt das: Die indexgebundene Lebensversicherung bietet eine steuerfreie Rendite von korrekten 3,48 Prozent. Die hierzu korrespondierende Nachsteuerrendite von 4,64 Prozent erhält man beim gleichen Schuldner für eine etwas kürzere Laufzeit. Wofür aber ist die Lebensversicherung gut?

Nebennutzen: Inflationsschutz, Nutzen für den Versicherer

Nebennutzen: Inflationsschutz

Das Produkt bietet einen gewissen Nebennutzen: Steigt die Inflationsrate über die vom Versicherer genannte Rendite auf die Nettoeinzahlung (3,75 Prozent), so steigt auch die Rendite der Veranlagung. Allerdings wird hier nicht auf die jährliche Inflationsrate abgestellt, sondern auf den Verbraucherindex nach 15 Jahren. Eine sehr hohe Inflation in einem Jahr kann also durch niedrigere Inflationszahlen in anderen Jahren ausgeglichen werden. Und natürlich handelt es sich nicht um die hohen Inflationsraten in Österreich, sondern um die niedrigeren Durchschnittswerte des Euroraumes. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt hier einen Wert von "unter, aber nahe bei 2 Prozent" an.

Unser Teil-Fazit: Verspricht mehr, als es halten muss.

Der Nutzen für den Versicherer

Der Versicherer zahlt Ihnen auf Ihren Veranlagungsbetrag (inkl. 4 % Versicherungssteuer) eine Rendite von 3,48 Prozent - steuerfrei aufgrund der Steuergesetze. Und erzielt selbst bei der Veranlagung in eine Anleihe beim gleichen Schuldner eine Rendite von 4,64 Prozent.

Der Gewinn: genau 25 Prozent der Marktrendite von 4,64 Prozent (4,64 – 3,48)/4,64 = 25 %).
Also erhält der Versicherer den Steuervorteil aus der Lebensversicherung. Sie stehen so da, wie mit einer vergleichbaren Veranlagung. Ob der Gesetzgeber in Österreich das so gewollt hat?

Und noch eine kleine Rechnung: (4,64 % - 3,48 %) * 15 Jahre = 17,4 Prozent
In 15 Jahren verdient der Versicherer an dieser kleinen Konstruktion immerhin 17 Prozent Ihres Einmalerlags (inkl. Versicherungssteuer).

Unser Fazit: Hände weg!

Unser Fazit: Lassen Sie die Finger von dieser Veranlagung. Sie ist  nur scheinbar günstig.

1. Die Veranlagung in nur eine Anleihe mittlerer Qualität ist ein hohes Risiko. Gehen Sie auf Nummer sicher und streuen Sie Ihre Veranlagungen.

2. Sie erhalten bei diesem Produkt die gleiche Nachsteuer-Rendite wie mit Vergleichsangeboten des gleichen Schuldners und ähnlicher Laufzeit. Es gibt keinen Grund für den Umweg über die Versicherung.

3. Eine gleich rentable Veranlagung können Sie möglicherweise zwischendurch verkaufen (allerdings nur eingeschränkt über die Börse). Sie haben hierbei keine steuerlichen Nachteile, bei der Lebensversicherung schon.

4. Prüfen Sie sogenannte "Sondernutzen" wie Inflationsschutz auf den 'inneren Wert' dieser Zusagen und Versprechungen. Oft ist weniger drin als es scheint.

5. Schauen Sie bei sogenannten "indexbezogenen Versicherungen" genau auf das Investitionsobjekt. Hier finden sich oft riskantere Produkte (denn nur bei diesen ist eine höhere Rendite möglich) bis hin zu Nachranganleihen.

Buchtipp: Polizzen-Check

Polizzen-Check Nehmen Sie sich vor Vertragsabschluss, aber auch danach regelmäßig Zeit, Ihre Polizzen anhand unseres Buches "Polizzen-Check" zu kontrollieren.

Ersparnisse von mehreren Hundert Euro pro Jahr sind durchaus drinnen – und erspartes Geld ist schließlich immer noch das am leichtesten verdiente!

Aus dem Inhalt:

  • Welche Versicherungen wirklich notwendig sind
  • Was an Mindestschutz sinnvoll ist
  • Wie Sie bestehende Polizzen optimieren
  • Spartipps für alle Versicherungssparten
  • Achtung! Fallen im Kleingedruckten

136 Seiten, € 14,90 (+ Versand)

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