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Immobilienfonds - Auf Grund und Boden bauen

  • Wertentwicklung und Performance offen
  • Nur als Beimischung ratsam
  • Sicherheit hat Vorrang vor Ertrag

Viel Werbung

Seit kurzem gibt es auch in Österreich die Möglichkeit, in Immobilien-Investmentfonds (kurz „Immobilienfonds“) zu investieren. Die PR-Maschine läuft auf Hochtouren, die Erwartungen sind allseits hoch gesteckt. Geworben wird mit den Etiketten „sicher“ und „wertstabil“ durch Veranlagung in lukrative Immobilien. Wir haben hinterfragt, was die Neuen tatsächlich bringen und für wen sie geeignet sind.

Bald noch mehr Angebote

In Deutschland gibt es seit dem Börsendesaster einen wahren Run auf die Immobilienfonds, mangels heimischer Angebote auch aus Österreich. Nun hat der Finanzminister nachgezogen und mit dem Immobilien-Investmentfondsgesetz auch hier zu Lande die Rahmenbedingungen für offene Immobilienfonds geschaffen. Gleich mit eigenen Fonds dabei waren Bank Austria Creditanstalt und Raiffeisen. Vergleicht man die beiden Produkte, lassen sich wenig Ähnlichkeiten feststellen (regionale Ausrichtung, Anlagestrategie, Startvolumen etc.).

Man darf gespannt sein, wie die für heuer angekündigten Fonds von Constantia, Generali, Meinl Bank und Volksbanken im Detail gestaltet sind. Bawag/PSK, Erste Bank und Wiener Städtische überlegen noch.

Gutes Geschäft mit verunsicherten Anlegern

Fest steht: Das Gerangel um Kunden und attraktive Immobilien könnte heftig werden. Banken wie Versicherer wittern ein gutes Geschäft mit verunsicherten Anlegern, die ihr Erspartes künftig im sicheren Hafen „Immobilien“ parken wollen. Bisher wurden Immobilienbeteiligungen oft als so genannte „geschlossene Fonds“ beworben. In Wirklichkeit war der Anleger an ein einzelnes oder einige wenige Bauprojekte gebunden (meistens in Form von Beteiligungsmodellen), mit allen damit verbunden Risiken. Zum andern gab es die Direktanlage in Immobilienaktien. Diese Form war wegen des Kursrisikos für vorsichtige Anleger nicht geeignet.

Auch Sparplan ist möglich

Die neuen Immo-Fonds entsprechen eher den „normalen“ Investmentfonds, das heißt, die Rückgabe der Fondsanteile ist prinzipiell jederzeit möglich. Statt in Wertpapieren erfolgt die Veranlagung in Immobilien. Diese werden vom Fondsmanagement treuhändisch für die Inhaber der Fondsanteile verwaltet. Ansparvarianten und flexible Einzahlungen erlauben einen langfristigen Kapitalaufbau zur Altersvorsorge. Ein weiterer Vorteil: Je mehr verschiedene Objekte sich im Portfolio befinden, desto größer ist die Risikostreuung. Drei Jahre nach Auflage des Fonds sind mindestens zehn Immobilien fix vorgeschrieben.

Strenges gesetzliches Korsett

Zwar stöhnen die Fondsmanager über die Vielzahl von Vorschriften und Bestimmungen, für die Anleger soll damit aber eine hohe Sicherheit garantiert werden.

  • Der Immobilienanteil muss bei mindestens 60 Prozent liegen; 40 Prozent können für liquide Mittel verwendet werden (z.B. Bankguthaben, Anleihen etc.).
  • Das Fondsvermögen ist überwiegend im EU-Raum zu investieren (80 Prozent).
  • Für die Ausgabe der Fondsanteile und die Verwaltung des Fonds wird eine Depotbank zwischengeschaltet, die der staatlichen Finanzmarktaufsicht unterliegt.
  • Die Fondsanteile müssen auf Wunsch jederzeit zurückgekauft werden (zum zuletzt veröffentlichten Kurs). Zu diesem Zweck sind ständig zehn Prozent des Fondsvermögens in kurzfristig verfügbaren Geldern zu halten. (Achtung: In Ausnahmefällen kann sich aus Liquiditätsgründen die Auszahlung um bis zu zwei Jahre hinauszögern, beispielsweise wenn gleichzeitig viele Anleger aussteigen wollen.

Hohe Kosten schmälern Rendite

So viel Sicherheit hat ihren Preis. Die Werbeprospekte locken mit einer Rendite von fünf Prozent und mehr. Netto (nach Steuer und allen Nebenkosten) werden die Ertragschancen vermutlich unter fünf Prozent liegen. Zum Vergleich: Deutsche Fonds brachten in den letzten fünf Jahren im Schnitt zwischen drei und sechs Prozent Ertrag pro Jahr. Insgesamt attestierte unser Schwestermagazin „ Finanztest “ (Ausgabe 3/2003) den deutschen Immobilienfonds „stabile Qualität und sichere Renditen“.

Diese Zahlen sind aber wegen der anderen rechtlichen Konstruktion in Österreich nur mit Vorbehalt übertragbar. Die Bewährungsprobe am heimischen Markt steht noch aus. Angaben über die Performance sind reine Absichtserklärungen, denen keine Erfahrungswerte zu Grunde liegen. Insbesondere in den Anfangsjahren müssen hohe Transaktionskosten beim Ankauf der Immobilien verdaut werden.

Gewinne mit 25 Prozent besteuert

Die Branche kritisiert steuerliche Nachteile: Wächst der Wert des Fonds – was einen rein fiktiven Gewinn bedeutet, denn die Immobilien werden ja nicht verkauft –, unterliegen 80 Prozent dieser Wertsteigerung einem Steuersatz von 25 Prozent. Insgesamt kassiert der Fiskus dreimal: bei den Mieterträgen, bei den Aufwertungsgewinnen und bei den Erträgen aus liquiden Mitteln (z.B. Zinsen, Dividenden). Trotzdem ist die Steuerseite im Vergleich zu anderen Immobilienprodukten relativ einfach: Alle Gewinne sind für den Privatanleger mit 25 Prozent besteuert.

Wie prüfen die Prüfer? 

Stichwort Bewertung: Der Wert des Portfolios wird einmal pro Jahr durch zwei unabhängige Gutachter festgestellt. Derzeit ist noch unklar, ob die Annahmen der Gutachter für die Bewertung transparent gemacht werden. Es ist zu befürchten, dass die Anleger wie in Deutschland jeweils nur das Endergebnis zu Gesicht bekommen.

Unser – vorsichtiges – Urteil (Erfahrungswerte fehlen ja noch völlig): Die neuen Fonds können eine sinnvolle Ergänzung zu einem gut kombinierten Anlagepaket (Mix aus kurz-, mittel- und langfristigen Produkten) sein.

Für langfristige Altersvorsorge

Wegen des relativ niedrigen Risikos eignen sie sich für die langfristige Altersvorsorge. Aber: Auch wenn Immobilien gemeinhin gerne mit dem Mascherl „besonders sicher“ verkauft werden, sind Wertverluste oder Schwankungen möglich. Generell ist eine Behaltefrist von mindestens fünf bis zehn Jahren anzuraten (auch wegen der Ankaufsspesen). Tipp: Versuchen Sie, den Ausgabeaufschlag zu verhandeln. Und: Neue Angebote haben oft vergünstigte Ausgabespesen.

Die Produkte im Überblick

Real Invest Austria (Bank Austria Creditanstalt)

Startvolumen 20 Mio. Euro
Anlagestrategie Fokus auf österreichische Immobilien aus dem Infrastruktur- und Wohnbereich (u.a. Schulen und Kindergärten, Supermärkte)
Fondstypus wahlweise in einer ausschüttenden bzw. thesaurierenden*) Variante erhältlich
Kosten Ausgabeaufschlag 3%, Verwaltungsgebühr 0,9%
Mindestveranlagung ab 2500 Euro; im Ansparplan ab 40 Euro monatlich
Anmerkung Durch die Ertragssicherheit der Immobilien ist dieser Fonds als mündelsicher eingestuft.

Raiffeisen-Immobilienfonds (Raiffeisen)

Startvolumen 150 Mio. Euro
Anlagestrategie Konzentration auf gewerbliche Flächen, Geschäfts- und Bürogebäude in Westeuropa, später auch in osteuropäischen Ländern
Fondstypus wahlweise in einer ausschüttenden bzw. thesaurierenden*) Variante erhältlich
Kosten Ausgabeaufschlag bis 16.2.2004: 2,5% danach 3,5%, Verwaltungsgebühr 1,15 %
Mindestveranlagung ab 2000 Euro; im Ansparplan ab 30 Euro monatlich
Anmerkung Das Fondsmanagement wird durch einen international tätigen Immobilienmanager (Curzon Global Partners) durchgeführt.
*) Bei thesaurierenden Fonds werden die jährlichen Erträge nicht an die Anleger in Form von Dividenden ausgeschüttet, sondern im Fonds wiederveranlagt.

Kompetent mit Konsument

  • Vor Kauf informieren. Prospekt einsehen, Beratung einfordern. Durch die vielen gesetzlichen Bestimmungen ist die Konstruktion relativ kompliziert. Interesse für den Immobilienmarkt und dessen Spielregeln sollte vorhanden sein. Angebote vergleichen!
  • Portfoliopolitik hinterfragen. Die Fondsstrategie bestimmt die zukünftige Renditeentwicklung wesentlich mit. Informieren Sie sich daher über Ankaufspolitik, Objekte, Standorte, Kaufpreis und die Ertragsstruktur (Nutzflächen, Mietverträge, Erhaltungszustand) der einzelnen Immobilien.
  • Entwicklungen im Fonds beobachten. Wie entwickeln sich der Stand der liquiden Mittel, die Mieterlöse, die Liegenschaften? Welche Berichte und Informationen werden zur Verfügung gestellt? Wichtig: Jeder Anleger sollte in die Bewertung Einblick nehmen können.
  • Auf Spesen und Nebenkosten achten. Bei größeren Summen und Stammkunden zeigen sich die Banken bei den Ausgabeaufschlägen oft kulanter. Eventuell sind Direktbanken günstiger. Hat man schon ein Depot, den Fonds dazulegen lassen. Nicht deswegen bei einer anderen Bank ein neues Konto einrichten (Mindestgebühren!).

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