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Handymasten - Schlechte Karten für Anrainer

Die Errichtung von Mobilfunk-Sendemasten sorgt unter Anrainern immer wieder für Aufregung. Es gelten auch in diesem Fall allgemeine Anrainerrechte. Wenn es zum Konflikt kommt, haben Betroffene aber eher schlechte Karten.

Für Handymasten gilt zunächst einmal dasselbe wie für jede mögliche Beeinträchtigung unter Anrainern: Die Freiheit des einen hört dort auf, wo in die Freiheit eines anderen "eingegriffen" wird. Ausgehend von dieser Grundsatzüberlegung beinhaltet das Privatrecht Regelungen zum Schutz vor Einwirkungen von außen (Immissionen) auf das eigene Grundstück. Die Grundregeln gelten für alle Beeinträchtigungen gleichermaßen:

  • Unmittelbare Immissionen müssen nicht geduldet werden.
  • Mittelbare Immissionen (z.B. Lärm) können untersagt werden, wenn sie das ortsübliche Maß übersteigen. 
  • Geht die Immission von einer behördlich genehmigten Anlage aus, dann ist sie zu dulden. Der dadurch gestörte Nachbar hat jedoch einen sogenannten verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch für den durch die Einwirkung verursachten Schaden.

Abwässer, Rauch, Geräusche

Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang § 364 Abs. 2 ABGB, wonach "der Eigentümer eines Grundstückes dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geräusche, Erschütterungen ..." unter bestimmten Voraussetzungen untersagen kann, nämlich dann, wenn die Immissionen das ortsübliche Maß überschreiten und eine ortsübliche Nutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen.

Streitpunkt Handystrahlung

Die Aufzählung der Immissionen, die ein Nachbar unter Umständen abwehren kann, ist aber nur beispielhaft. Unzulässig können zum Beispiel auch optische Einwirkung (Lichtreklame, Scheinwerferbeleuchtung), ionisierende Strahlung, Bienenflug, die Rodung eines vor Wind schützenden Waldgrundstücks oder etwa das Absenken des Grundwasserspiegels sein.

Handystrahlen sind "Immissionen"

Auch Handystrahlen sind "Immissionen"

Elektromagnetische Wellen, und zwar auch solche, die von Mobilfunkanlagen ("Handymasten") ausgesendet werden, wurden vom Obersten Gerichtshof bereits als Immissionen im Sinn des § 364 ABGB qualifiziert. Und selbst wenn Grenzwerte eingehalten werden, ist ein nachbarrechtlicher Anspruch auf Unterlassung und/ oder Schadenersatz wegen Gesundheitsschädigung nicht von vornherein ausgeschlossen.

Voraussetzung ist aber ein Kausalzusammenhang zwischen den von der Basisstation ausgehenden Immissionen und dem Gesundheitszustand des Nachbarn. Solange der Zusammenhang zwischen Handymast und konkreter gesundheitlicher Beeinträchtigung nicht nachgewiesen ist, liegt keine wesentliche Beeinträchtigung nach § 364 Abs. 2 ABGB vor.

WHO sagt "Nein"

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP) gehen davon aus, dass die elektromagnetischen Felder bei Einhaltung derempfohlenen Grenzwerte keine gesundheitlichen Auswirkungen haben.

Und die Frage, ob elektromagnetische Wellen eine "unmittelbare Immission" sind, die genauso wenig geduldet werden muss wie etwa Gesteinsbrocken, die von einem benachbarten Grundstück in den eigenen Garten rollen, wurde vom OGH bereits mit "Nein" entschieden, weil die von einer Basisstation ausgehenden Wellen nicht zielgerichtet auf ein bestimmtes Haus ausgesendet werden.

Zwischen Bund- und Länderkompetenzen

Zwischen Bund- und Länderkompetenzen

Hauptproblem der Anrainer bei der Errichtung von Handymasten ist, dass eine Gesundheitsgefährdung durch die Strahlenbelastung im Verfahren vor der Baubehörde nicht wirksam geltend gemacht werden kann. Das liegt an der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern: Die gesetzliche Regelung zur Vermeidung einer Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit der Nachbarn durch den Betrieb von Sendeanlagen obliegt dem Bundesgesetzgeber (Post- und Fernmeldewesen) und ist damit der landesgesetzlichen Regelung entzogen. Dies wurde vom Verwaltungsgerichtshof mehrfach bestätigt.

Kreative Gesetzesentwürfe 

Allerdings sind die Landesgesetzgeber nicht untätig geblieben. Im Gegenteil: In den letzten Jahren kam es zu durchaus kreativen und rechtlich bemerkenswerten Konstruktionen.

Dazu gehören die rückwirkend in Kraft gesetzten Bestimmungen über die naturschutzrechtliche Anzeigepflicht hinsichtlich frei stehender Antennentragmastanlagen in Salzburg, die im Jahr 2005 in Niederösterreich beschlossene, aber dann wieder aufgehobene Besteuerung von Mobilfunkmasten, die Einführung eines Anhörungsrechts von Nachbarn im oberösterreichischen Antennen-Baubewilligungsverfahren oder die – vom Verfassungsgerichtshof im Jahr 2008 gekippte – Verordnung der Gemeinde Höchst in Vorarlberg, dass im gesamten Gemeindegebiet bis auf Weiteres keine Mobilfunkantennen mehr aufgestellt werden dürfen.

Wertminderung durch Handymasten

Wertminderung durch Handymasten

Aus Eigentümersicht stellt sich die Frage, ob es dem Wert ihrer Immobilie schadet, wenn sich in unmittelbarer Nähe ein Mobilfunksendemast befindet. Der deutsche Bundesgerichtshof spricht in diesem Zusammenhang von "erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung" und einem "gravierenden Wertverlust". Der Oberste Gerichtshof in Wien hatte über eine Klage auf 180.000 Euro wegen Wertminderung einer Liegenschaft infolge der Errichtung einer Sendestation zu entscheiden.

Beweislast beim Geschädigten

Da im Schadenersatzrecht der Geschädigte die Rechtswidrigkeit und das Verschulden des Schädigers zu behaupten und nachzuweisen hat, blitzte der Kläger ab, denn er stützte sich nur allgemein auf einen rechtswidrigen Betrieb der Mobilfunk-Basisstation. Er behauptete weder eine Verletzung verbindlicher Vorschriften über Grenzwerte noch die Verletzung behördlicher Auflagen. Damit hatten aber die Haftungsvoraussetzungen der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens "kein ausreichendes Substrat".

Der Kläger hätte etwa geltend machen können, dass die Anlage Grenzwerte überschreite. Oder aber, dass der Beklagten erkennbar sei, dass der Betrieb der Mobilfunksendeanlage trotz Einhaltung der Grenzwerte nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Gesundheitsgefahr darstelle.

Auch Mieter sind beeinträchtigt

Werden aktuelle Grenzwerte eingehalten, so spricht dies dafür, dass die entsprechenden Einrichtungen (z.B. Mobilfunkmast) hingenommen werden müssen. Ebenso müssen Mobilfunkantennen, die in einem gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsabstand aufgestellt wurden, von der Nachbarschaft hingenommen werden. Dass es auch anders geht, zeigen die folgenden Beispiele aus Deutschland und der Schweiz. Ein Gericht in München hat einem Mieter, auf dessen Wohnhaus ein Handymast montiert worden war, eine Mietsenkung um 20 Prozent zugesprochen.

Die Begründung lautete: "Allein die Furcht vor möglichen Gesundheitsschäden stellt eine Beeinträchtigung der Lebensqualität dar." Ähnlich entschied das Genfer Mietamt, nämlich auf eine Mietzinsreduktion von 30 Prozent. Der Grund: Auf dem Dach einer nahen Liegenschaft befand sich eine Mobilfunkanlage, gegen die sich die Anwohner gewehrt hatten. Letztlich ließ der Besitzer der Liegenschaften die Antennen wieder abbauen, denn die Mietverluste waren enorm geworden

Gesundheitsgefahr durch Handystrahlen?

Ob Handystrahlung gesundheitsgefährdend ist, dazu fehlen bisher wissenschaftlich haltbare Aussagen.

Es drohen vermutlich keine unmittelbaren irreversiblen Schäden; Langzeitschäden sind hingegen weder nachgewiesen noch lassen sie sich gänzlich ausschließen. Das Problem liegt darin, dass Langzeitstudien sehr aufwendig sind und die wenigen, die es gibt, bis heute zu keinen wissenschaftlich unbestreitbaren Ergebnissen geführt haben.

Vorsicht walten lassen

Es müssten Hunderttausende Menschen über Jahrzehnte hinweg beobachtet werden, um beispielsweise feststellen zu können, ob sich die Rate an Hirn- und Hörnervtumoren signifikant erhöht hat. Zahlreiche Experten unterstützen daher die Empfehlung, mangels sicherer Daten Vorsicht walten zu lassen, die Strahlenbelastung also so weit es geht zu minimieren – vor allem für Kinder, weil sie eine dünnere Schädeldecke haben als Erwachsene.

Gefahr durch Handymasten geringer

Weitgehend unbestritten ist, dass die Gefahr, die von Sendemasten ausgeht, wesentlich geringer ist als jene durch die Mobiltelefone selbst. Denn die Strahlenbelastung nimmt mit der Entfernung stark ab. Das Handy, direkt am Ohr gehalten, führt zu einer ungleich höheren Belastung als eine Sendestation in wenigen Metern Entfernung.

Handymast und Baurecht

Die Regelungen betreffend Handymasten unterscheiden sich im Baurecht in den einzelnen Bundesländern im Detail stark. Wesentlich ist, dass es rechtlich einen Unterschied zwischen frei stehenden Antennenmasten und jenen gibt, die auf oder an einem Gebäude (meist am Dach) befestigt werden.

Bestehen keine baurechtlichen Sonderbestimmungen für Antennentragmasten, so fallen frei stehende Antennenmasten unter den Begriff der "baulichen Anlage", während Antennenmasten an Gebäuden als "Änderung eines Gebäudes" zu qualifizieren sind. Entscheidend ist, dass aus den baurechtlichen Gesichtspunkten der Bestimmungen über die Antennenmastanlagen, wie vor allem dem Ortsbildschutz, den Nachbarn keine Parteistellung in den entsprechenden Verfahren zukommt.  

Im Burgenland besteht für die Errichtung von Handymasten jeder Art eine Anzeigepflicht bei Zustimmung der Anrainer. Ohne eine derartige Zustimmung ist die Errichtung von Handymasten bewilligungspflichtig. Für Antennenanlagen unter 3 m Höhe besteht eine Mitteilungspflicht. 

In Kärnten sind frei stehende Antennentragmasten als Errichtung einer sonstigen baulichen Anlage bewilligungspflichtig. Für Antennentragmasten, die an Gebäuden angebracht werden sollen, besteht eine Bewilligungspflicht als "Änderung von Gebäuden".

In Niederösterreich ist ein frei stehender Antennentragmast im Ortsgebiet als Errichtung einer baulichen Anlage, die Anbringung eines Antennentragmastes an einem Gebäude als Abänderung eines Bauwerks bewilligungspflichtig. Außerhalb von Ortsgebieten besteht eine Anzeigepflicht. 

In Oberösterreich haben Nachbarn ein Anhörungsrecht im Antennen-Baubewilligungsverfahren, aber keine Parteistellung. Die Anbringung von Antennenanlagen von mehr als 3 m Höhe ist je nach Widmung bewilligungspflichtig oder – in bestimmten Fällen – anzeigepflichtig.  

In Salzburg gilt für die erhebliche Änderung von Bauten mit einem umbauten Raum von nicht mehr als 4.000 Kubikmetern und höchstens drei oberirdischen Geschoßen das vereinfachte Bewilligungsverfahren. Sonst sind frei stehende Handymasten unter bestimmten Voraussetzungen bewilligungspflichtig. Antennenanlagen von weniger als 2 m Höhe zählen zu den bewilligungsfreien Baumaßnahmen.  

In der Steiermark besteht für die Errichtung von Handymasten jeder Art eine Anzeigepflicht mit einem eigenen Anzeigeverfahren. Dieses Anzeigeverfahren sieht in bestimmten Fällen ein Anhörungsrecht der benachbarten Grundeigentümer vor.  

In Tirol besteht für die Errichtung von Handymasten jeder Art innerhalb von geschlossenen Ortschaften mit Ausnahme von Industrie- und Gewerbegebieten eine Anzeigepflicht mit einem eigenen Anzeigeverfahren, sofern dafür nicht eine Bewilligung erforderlich ist. Bei "charakteristischen Gebäuden" und in Schutzzonen bestehen Bewilligungspflichten für Antennentragmasten. 

In Vorarlberg ist die Errichtung von Antennenanlagen für Mobilfunk an einem Gebäude als "wesentliche Änderung von Gebäuden" bewilligungspflichtig. Frei stehende Antennenmasten für Mobilfunk hingegen sind als Bauwerke anzeigepflichtig. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Gemeinden zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes durch Verordnung ein Verbot von Handymasten festlegen können.  

In Wien fällt die Errichtung von Antennen und Funkanlagen außerhalb vom Grünland-Schutzgebiet sowie von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre unter die bewilligungsfreien Bauvorhaben. Sonst besteht außerhalb dieser Gebiete eine Bewilligungspflicht für die Errichtung von frei stehenden Handymasten und für Handymasten an bestehenden Gebäuden.

Störung durch Amateurfunker

In einem Beschluss hat sich der OGH mit Immissionen durch den Betrieb einer Funkanlage befasst: Die Parteien bewohnen Eigentumswohnungen eines Hauses in Bad Vöslau. Der Beklagte betreibt mit fernbehördlicher Betriebsbewilligung eine Funksendeanlage. Der Kläger begehrt die Unterlassung von das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Störungen bei der Telefonie, beim Empfang von TV- und Hörfunk sowie beim Betrieb eines Computers durch den Betrieb der Funkanlage des Beklagten.

Dazu der OGH: Elektrische Wellen sowie elektrische und magnetische Felder und Strahlen sind Immissionen im Sinn des § 364 Abs. 2 ABGB. Die Nachbarn haben bei Störungen des Fernsehempfanges durch die Amateurfunkanlage einen nachbarrechtlichen Unterlassungsanspruch.

Buchtipp: "Wenn Nachbarn nerven"

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www.konsument.at/nachbarn

Aus dem Inhalt

  • Lärm: Feiern, Musik, Kinder, Baulärm
  • Geruch: Grillrauch, Abfall, Gewerbebetriebe
  • Garten: Licht, Bäume, Zäune
  • Tierhaltung: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere
  • Streitfall: Rechtsweg und Schlichtung

196 Seiten, 16,90 € + Versand

 Wenn Nachbarn nerven

 

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