Was ändert sich jetzt wirklich in der Praxis?
Reklamieren wird
einfacher. Bis jetzt hatten Sie bei Reklamationen nach dem Kauf das Problem,
dass Sie beweisen mussten, dass die Ware schon einen Mangel hatte, als Sie sie
übernommen haben. Jetzt wird erst einmal vorausgesetzt, dass der Mangel schon
bei der Übergabe vorhanden war. Juristen nennen das Beweislastumkehr.
Und ich kann jetzt zwei Jahre lang reklamieren?
Es stimmt,
dass die Frist für die Gewährleistung bei beweglichen Sachen auf zwei Jahre
verlängert wurde. Allerdings gilt die erwähnte Beweislastumkehr nur in den
ersten sechs Monaten ab Kaufdatum. Später müssen dann Sie beweisen, dass der
Mangel schon bei der Übergabe bestanden hat. Das kann in der Praxis schwierig
werden. Auch Mängel aufgrund typischer Abnutzung sind von der Gewährleistung
ausgeschlossen, ebenso verderbliche Waren.
Gewährleistung - Vieles neu
Was kann ich dann eigentlich reklamieren?
Prinzipiell nicht nur
einen Defekt, sondern auch, wenn die Ware nicht die versprochenen oder allgemein
üblichen Eigenschaften aufweist. Hier hat der Gesetzgeber wichtige
Klarstellungen getroffen. Auch unrichtige Aussagen aus der Werbung sind ein Fall
für die Gewährleistung. Und wenn ein Produkt normalerweise erst vom Konsumenten
zusammengebaut wird, wie das bei Möbeln von großen Möbelhäusern oft der Fall
ist, haftet das Möbelhaus, wenn die Montageanleitung falsch oder unvollständig
ist und Sie deswegen das Möbelstück beschädigen.
Muss ich beim
Hersteller reklamieren?
Nein. Für die Gewährleistung ist immer derjenige
zuständig, bei dem Sie die betreffende Ware erstanden haben, also der Händler.
Er muss sich dann wegen der Details der Gewährleistung an seinen Lieferanten
wenden.
Gilt die neue Gewährleistung nur für Konsumenten?
Nein.
Auch wenn zum Beispiel ein Selbstständiger Waren kauft, die er gewerblich nutzt,
ist die neue Gewährleistung anwendbar.
Und bei Verkäufen von privat an privat?
Anders als bei Geschäften
zwischen Unternehmern und Letztverbrauchern kann hier die Gewährleistung
ausgeschlossen werden. Dies muss aber vorher explizit im Kaufvertrag vereinbart
werden. Andernfalls kann der private Verkäufer zur Gewährleistung herangezogen
werden.
Gilt die neue Regelung auch für gebrauchte Waren?
Auch
hier kann die Gewährleistung eingeschränkt werden (nämlich auf insgesamt ein
Jahr). Bedingung: Diese Frist muss ausdrücklich vereinbart werden. Bei
Gebrauchtfahrzeugen ist diese Einschränkung nur möglich, wenn seit der ersten
Zulassung bereits ein Jahr vergangen ist. Für Gebrauchtwagen gibt es übrigens
einen neuen Mustervertrag, der von VKI und Justizministerium empfohlen
wird.
Kann ich mir jetzt aussuchen, ob ich lieber die Ware repariert oder das
Geld zurückhaben will?
Jetzt hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der
Mangel vorrangig durch Reparieren oder Austausch der defekten Ware zu erfolgen
hat. Dies muss innerhalb einer annehmbaren Frist erfolgen. Allerdings gibt es
auch Fälle, wo Reparieren oder Austausch nicht möglich oder zumutbar sind, etwa
weil die damit verbundenen Unannehmlichkeiten (Stemmarbeiten, Lieferant sitzt im
Ausland) unverhältnismäßig groß wären. Hier hat der Käufer das Recht, zwischen
einem Preisnachlass und „Geld retour“ (der Fachausdruck dafür lautet Wandlung)
zu wählen. Letzteres ist allerdings bei geringfügigen Mängeln
ausgeschlossen.
Gilt die neue Gewährleistung auch bei Reisebeschwerden?
Ja. Es ist
allerdings noch nicht ganz klar, wie sich das in der Praxis auswirken wird. Im
Gesetz heißt es, dass „Reparieren“, genau gesagt das Verbessern eines Mangels,
Vorrang hat. Daraus könnte abgeleitet werden, dass Konsumenten bei einer Reise
sofort reklamieren müssen. Praktisches Beispiel: Das Hotel ist durch Bauarbeiten
unzumutbar laut, und der Reisende Mayer müsste sofort bei der örtlichen
Reiseleitung vorsprechen und verlangen, dass er in einem anderen Hotel
untergebracht wird (die so genannte „Rügepflicht“). Setzt sich diese Ansicht
durch, könnte Herr Mayer später keine Chance haben, vom Veranstalter Geld
zurückzuerhalten, wenn er dieser Rügepflicht nicht nachgekommen ist. Es ist noch
nicht klar, wie die Gerichte hier entscheiden werden. Um sicherzugehen, sollte
man sofort bei der Reiseleitung des Veranstalters vor Ort reklamieren. Wenn dies
nicht funktioniert (nicht immer ist die Reiseleitung auch greifbar), ist es
nicht verkehrt, direkt an den Veranstalter ein Beschwerdefax zu
senden.