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Anlageberatung für Senioren - Was tun mit 40.000 Euro?

  • Finanzanalyse lässt zu wünschen übrig
  • Gute Vorbereitung macht sich bezahlt
  • Worauf Sie beim Beratungsgespräch achten sollen

Reiferen Semestern wird oft zunehmende Begriffsstutzigkeit nachgesagt. Viele Menschen rund um die 60 sind heute davon weit entfernt und erfreuen sich bester geistiger Gesundheit. Aber Klischees wie dieses ­machen es leichter, sich ein wenig dümmer zu stellen als man ist und neugierig zu sein wie ein kleines Kind.

Genau das ist bei Beratungsgesprächen zur Geldanlage in Banken auch angesagt. Denn die Informationen, die dabei an ältere Kunden weitergegeben werden, reichen nicht immer aus, um sich ein klares Bild von dem Produkt zu machen, in das man sein Geld steckt.

Zielgruppe: 60plus

40.000 Euro standen unseren Testpersonen im Alter von 59 und 66 Jahren zur Verfügung, um sie als Einmalanlage zu investieren. Zielvorgabe: eine konservative, sicherheitsorientierte Anlageform mit möglichst guten Konditionen.

Größere Anschaffungen waren für die nächste Zeit nicht geplant, somit standen auch längerfristige Investitionen offen – wenn auch nicht zu langfristig: 20- bis 30-jährige Bindungen sind in diesem Alter eigentlich nicht zielgruppenadäquat, wie es in der Werbung so schön heißt, kommen aber nach den Erfahrungen aus der Verbraucherberatung selbst bei viel älteren Semestern immer wieder vor.

In unserer Erhebung wurden keine derartigen Langläufer vorgeschlagen; zehn bis zwölf Jahre waren es aber doch in mehreren Fällen, und selbst das ist aus unserer Sicht schon grenzwertig.

In geheimer Mission

Unsere Untersuchungsobjekte in Form von Bankfilialen lagen über Oberösterreich, Niederösterreich und Wien verstreut und wurden nach vorheriger Terminvereinbarung verdeckt, also "in geheimer Mission", aufgesucht. Um ein möglichst objektives Bild zu gewinnen, wurden bei jedem Anbieter mehrere Berater in unterschiedlichen Filialen unter die Lupe genommen.

Es bestätigte sich, was in vielen Lebensbereichen gilt: Gut oder weniger gut ist nicht konzern- oder systembedingt, sondern hängt großteils von den agierenden Personen ab. Manche der Berater verstanden einfach ihr Handwerk, bei anderen blieben viele Fragen offen. Somit ist eine gelungene Beratung oft auch Glücksache.

Fast ausschließlich Eigenprodukte

Fast ausschließlich Eigenprodukte

Was aber nicht heißt, dass man sich mit schlechten oder unzureichenden Leistungen abfinden muss: Oberste Maxime ist so oder so, von mehreren Seiten Vorschläge einzuholen, denn die in den Banken an­gebotenen Produkte stammen natürlich überwiegend aus der jeweiligen hauseigenen Angebotsschmiede; so auch bei dieser Erhebung. Um ein Gefühl dafür zu erhalten, ob ein Produkt etwas taugt oder nicht, sollte es daher unbedingt mit ähnlichen von anderen Anbietern verglichen werden.

In jedem Fall wurden mindestens zwei ­verschiedene Produkte offeriert – das ist prinzipiell löblich, auch wenn man immer erwarten muss, dass es sich um Haus­gemachtes handelt, auch bei Fonds. Möchte man also einen breiteren Eindruck vom Kapitalmarkt und aktuellen Anlageangeboten gewinnen, muss man sich zwangsläufig selbst informieren oder ­einen unabhängigen Vermögensberater aufsuchen.

Unterschiedliche Angebotspalette

Interessant war in diesem Zusammenhang die unterschiedliche Angebotspalette für unsere Tester: Einer von ihnen war relativ versiert und ­erhielt durch die Bank deutlich mehr Alternativangebote vorgelegt (meist drei bis vier), während für den weniger kundigen Tester meist zwei Produkte zur Auswahl standen. Mag sein, dass hier einfach die Überlegung dahinterstand, den fachunkun­digen Anleger nicht mit einer Produktflut in Verwirrung zu stürzen.

Das hätte hingegen ein Berater der Volksbank Wien fast geschafft: Er versuchte sich im anderen Ext­rem und stellte dem Interessenten binnen einer halben Stunde gleich fünf ver­schiedene Angebote zur Auswahl. Das ist selbst für Finanzeingeweihte eine geballte Ladung an Informationen, schließlich sind bei jedem Produkt neben den Rahmen­bedingungen meist auch verschiedene Szenarien (wie gute oder schlechte Kapitalmarktentwicklung) und diverse Neben­kosten zu besprechen.

Unterschiedliche Beratungsdauer

Die Beratungsdauer war denn auch sehr unterschiedlich und erstreckte sich von ­einer knappen Viertelstunde (in der DenizBank, wo keinerlei Bedarfserhebung stattfand, gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen wurde, dass das Institut nicht auf Beratung ausgerichtet sei, weil der eigene Schwerpunkt auf Onlinebanking und den angebotenen Sparprodukten liege) bis zu über einer Stunde.

Nach den Gebühren fragen

Mitdenken ist gefragt

Vom menschlichen Standpunkt aus erfreulich, aus finanzieller Sicht aber problematisch ist die Tatsache, dass unseren älteren Testpersonen offenbar kraft ihres Alters Weitsicht und Planungssicherheit attestiert wurden. Zumindest erklären wir uns so die Tatsache, dass eine umfangreichere Ana­lyse der Lebensumstände gelegentlich ausblieb.

Die richtigen Fragen stellen

Dabei setzt die Auswahl eines geeigneten Anlageprodukts unbedingt voraus, dass man weiß, ob der Anleger daneben noch ausreichend Bares für unvorherge­sehene Ausgaben hat, ob in den nächsten Jahren größere Ausgaben (etwa für einen Umbau, einen Umzug oder Ähnliches) ­anfallen könnten, ob weiteres Vermögen, Immobilien und Ähnliches vorhanden sind und welche Absichten und Ziele der Kunde generell verfolgt.

Es gehört unseres Erachtens zu den Pflichten eines Beraters, hier für den Kunden mitzudenken und die richtigen Fragen zu stellen. Meist beschränkte sich die Bedarfserhebung auf folgende drei Bereiche: Um wie viel Geld handelt es sich, wie lange soll es angelegt werden und wie sicher? Zumindest in puncto Sicherheit wurde immer nach der Risikoneigung gefragt; die restliche Ana­lyse ist verbesserungswürdig und erzielte in unserer Wertung daher im Schnitt auch die niedrigste Gesamtnote.

Nach den Gebühren fragen

Über die jeweiligen Produkte wussten die Berater gut Bescheid und konnten sie auch verständlich erklären. Mithilfe von Grafiken, Fact Sheets und Broschüren wurden die zu erwartenden Erträge nachvollziehbar dargestellt. Zu kurz kam dabei manchmal jedoch Nachteiliges für den Anleger wie Depotgebühren und Anschaffungs­spesen oder bei Kombiprodukten die Risiken des Nicht-Sparanlagen-Teils.

Es gab aber auch erwähnenswerte Ausnahmen, wo darauf hingewiesen wurde, dass bei ­einem Fonds ein Depot erforderlich ist, für das Gebühren anfallen, und diese Gebühren wurden in die Renditeberechnung miteinbezogen. Auch hier gilt wieder: nach­fragen, beharrlich sein, alle Nebenkosten auflisten lassen und auf einer schlüssigen Renditeberechnung (inklusive aller Gebühren und basierend auf positiven wie negativen Entwicklungen) bestehen.

Mindest-Anlagesumme

Bei manchen Banken kommen gewöhn­liche Sterbliche gar nicht so weit, irgend­etwas zu fordern, zum Beispiel bei der Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV). Dort wurde unserem Tester mitgeteilt, dass unter einer Anlagesumme von 70.000 Euro kein Interesse an einer Geschäftsbeziehung bestehe. Der zweite Tester hatte mehr Glück und wurde zu einer Beratung vorgelassen: auch hier aber die dezente Andeutung, dass man üblicherweise erst ab einer Anlagesumme von 100.000 Euro tätig werde. Also eher keine Anlaufstelle für Otto Durchschnittsanleger.   

Hochspekulatives nur im Ausnahmefall

Einheitliches Produktangebot

Bei der Produktauswahl hat sich wieder einmal gezeigt: Auch Finanzprodukte ­unterliegen Modetrends. So sind derzeit verschiedenste Kombiprodukte "in", beispielsweise etwas attraktiver verzinste Sparbücher, die es nur in Kombination mit einem Fonds gibt. Dabei wurde oft stark mit dem Sparteil und der höheren Rendite argu­mentiert; die mit dem Fondsteil einhergehenden Risiken, die nicht wirklich zur Risikoneigung unserer Testpersonen passten, wurden hingegen nur beiläufig oder gar nicht erwähnt.

Als zweite Hauptschiene wurden Versicherungsprodukte aller Art offeriert. Erlebensversicherungen mit Einmalerlag haben sich nicht bewährt, denn mit Laufzeiten von bis zu zwölf Jahren und alles ­andere als berauschenden Renditen sind sie nicht wirklich maßgeschneidert für eine ältere Kundschaft. Außerdem kann man vor Ende der Laufzeit nicht ohne erheb­lichen Verlust auf sein Geld zugreifen. Insgesamt war das Angebot sehr einheitlich: Spar- (bzw. Kombi-)Produkte, Ver­sicherungen und Fonds, seltener festverzinsliche Wertpapiere und auch Garantieprodukte.

Hochspekulatives nur im Ausnahmefall

Durchaus in Ordnung – und allemal besser als unergiebige Langzeitbindungen – fanden wir den Hinweis eines Oberbank-Beraters auf das derzeit sehr niedrige Zins­niveau. Aus diesem Grund empfahl er, vorläufig einmal auf eine kurzfristige ­Anlage (zwischen sechs und zwölf Monaten) zu setzen.

Positiv an der Produktauswahl ist auch, dass niemand zu (hoch-)riskanten Spielchen verleitete. Lediglich ein Berater der BAWAG erstaunte uns mit High-Yield-­Anleihen, zu Deutsch weniger schön auch "Schrottanleihen" genannt, also Unternehmensanleihen, die mit einem hohen Ausfallsrisiko bewertet werden und deshalb höhere Zinssätze aufweisen. Egal ob es sich um Direktanleihen oder um Fonds aus diesem Segment handelt: Für sicherheitsorientierte Anleger ist das nichts! 

Testtabelle: Anlageberatung für Senioren

Vorleistungen

Gute Beratung setzt voraus, dass Sie sich im Vorhinein über Ihre Wünsche klar werden, vor allem hinsichtlich Anlagedauer, Risiko und Flexibilität. Was soll das Produkt auf jeden Fall "können"?

  • Absolut sicher oder sehr ertragreich sein?
  • Kurzfristig verfügbar oder lange fix gebunden sein?
  • Eine Versicherungsleistung bieten oder das eigene Vermögen vermehren?
  • Als Ansparmöglichkeit für den Eigenverbrauch dienen (zum Beispiel für Umbauten oder Renovierungsarbeiten an Haus oder Wohnung) oder um später Angehörige zu unterstützen (zum Beispiel in Form eines auf das Enkerl laufenden "Führerschein-Sparbuchs" oder Bausparvertrags)?

Darauf ist beim Beratungsgespräch zu achten

Funktionsweise verstehen. Nicht drängen lassen oder einfach abschließen, weil Sie sich da "sowieso nicht auskennen". Ein guter Berater kann Ihnen jedes Produkt so beschreiben, dass Sie die grundsätzliche Funktionsweise verstehen und über eventuelle Vorteile oder Risiken Bescheid wissen.

Seien Sie wissbegierig. Geben Sie sich in Geldsachen nicht weltmännischer als Sie tatsächlich sind. Denn aufschneiden kann Sie richtig Geld kosten: Wenn es nach unerwarteten Verlusten zu einem Prozess in Sachen Beratungshaftung kommt, kann die Bank in diesem Fall jede Verantwortung von sich weisen.

Nachhaken. Haken Sie auch nach, wenn Sie den Sinn mancher Fragen nicht verstehen. Unter Umständen gibt ein Nachfragen dem Berater einen wichtigen Hinweis auf Ihren Wissensstand in puncto Geldanlage oder auf Ihre finanzielle Situation.

Alle Kosten kennen. Bei fast jedem Anlageprodukt fallen Spesen an, seien es Schließungsgebühren bei Sparbüchern oder Depotgebühren und interne Kosten bei Fonds. In der Beratung fällt manches davon unter den Tisch; dabei können sich die Spesen erheblich auf die Rendite auswirken.

Prognosen zählen nicht. Mit prognostizierten Renditen ist es wie mit Wettervorhersagen: Kann sein, dass die sonnigen Tage kommen, kann aber auch sein, dass nicht ... Nur (schwarz auf weiß) Garantiertes ist fix.

Zeit fürs Kleingedruckte nehmen. Lesen Sie sich jedes Angebot zu Hause in Ruhe durch und lassen Sie sich nicht von "Aufhängern" wie Topseller, Superzins oder Ähnlichem fesseln. Viel spannender sind die Details im Kleingedruckten, die manches Werbeversprechen gleich wieder relativieren. Selbstständig Vergleichsangebote einholen. Jeder Anbieter offeriert klarerweise fast nur hauseigene Produkte.

Zusammenfassung

  • Personenabhängig. Ob eine Beratung gut oder schlecht ist, hängt nicht vom Institut, sondern von der Person des Beraters ab. Auch bei ein und demselben Anbieter gab es deutliche Unterschiede in den Leistungen.
  • Wenig Analyse. Risikoneigung und Verfügbarkeit des Anlagebetrags waren kaum ein Thema. Daher selber gut vorbereiten und Anlagedauer sowie -ausrichtung reiflich überlegen!
  • Viel nachfragen. Nebenkosten fielen manchmal unter den Tisch, Vergleiche mit anderen Produkten, vor allem aber mit anderen Anbietern sind unbedingt zu empfehlen.

Testkriterien

Zwei Tester im Alter von 59 und 66 Jahren (einer ein eher kundiger Anleger, der andere ohne direkten Bezug zu Finanzthemen) suchten anonym 23 größere und kleinere Bankinstitute in Wien, Niederösterreich und Oberösterreich auf.

Gewünscht war eine sicherheitsorientierte Einmalanlage von 40.000 Euro, die in Kürze verfügbar werden sollten, mit guten Konditionen. Bei Analyse durch einen Berater sollte jedoch auf möglichen Finanzbedarf in einigen Jahren hingewiesen werden. Gewünscht war also ein flexibles Produkt.

Direkt nach dem Beratungsgespräch fertigten die Testkäufer mittels eines strukturierten Fragebogens Protokolle an. Insgesamt wurden 43 auswertbare Beratungen (Dauer 15 bis 70 Minuten) durchgeführt.

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