Die Wahrheit ist dem Leser zumutbar
In eigenen Rubriken wird da mitunter sogar vorsichtig Negatives über den sonst so traumhaften Urlaubsort geäußert. Auch hinter Empfehlungen wie „unsere Meinung“ steckt der Versuch, die Tatschen am Urlaubsort ins rechte Licht zu rücken. Doch Papier ist geduldig, und mit Worten lässt sich trefflich manipulieren. Eine Kunst, die Reisekatalogtexter perfekt beherrschen. Die total verwahrloste Hotelumgebung kann man auch – ohne zu lügen – mit „naturbelassener Grünlage“ umschreiben, und „zweckmäßiges Zimmer“ klingt allemal besser als schlicht zu sagen, dass den Urlauber eine spartanische Unterkunft erwartet.
Lesehilfe für Urlaubsträume
Was können häufig verwendete Formulierungen bedeuten? Lesen Sie zwischen den Zeilen.
„Zentrale Lage“: Hier ist Krach, tagsüber, nachts oder ständig. Das Hotel liegt an der verkehrsreichen Hauptstraße, am Marktplatz oder an der lauten Uferpromenade.
„Verkehrsgünstig“: Von Ruhe keine Spur. Verkehrslärm plagt den erholungssuchenden Urlauber.
„Flughafennähe“: Spricht für sich. Entschließen sich Reiseveranstalter zu dieser Angabe, erwartet den Urlauber wahrlich die Lärmkulisse eines Airport-Hotels.
„Für junge Leute“: Hier hat es der Urlauber mit einer einfachen Unterkunft ohne jeden Komfort zu tun. Es geht wahrscheinlich lustig, mit Sicherheit aber spartanisch zu.
„Schöner Strand“: Warum nicht Sandstrand? Weil es sich um einen Kieselstrand oder Felsen handelt.
„50 Meter zum Strand“: Mag schon stimmen, aber vielleicht muss eine Uferstraße überquert werden?
„Strandnah“: Das Hotel liegt also nicht direkt am Strand, nicht 100 Meter, nicht 200 Meter vom Strand, sondern nur „strandnah“. Im Klartext: Fußmarsch oder Anfahrt im überfüllten Bus. So nah ist der Strand also doch nicht, oder?
„Bademöglichkeit“: Möglichkeit zum Baden gibt es (Mole oder Bootssteg am Hafen), aber mehr nicht. Kurzum: Es gibt keinen Strand.
„Naturstrand“: Klingt gut, aber unwegsame Klippen sind zum Baden nicht jedermanns Sache.
„Meerseitig“: Heißt nicht Meerblick, auf den kleinen Unterschied kommt es an!
„Internationale Küche“: Sagt nicht viel, aber eine Warnung für Feinschmecker: Hier gibt’s das Übliche.
Bessere Fotos wünschenswert
Ein Kapitel für sich sind die Fotos: Klar, dass die Prospektfotografen nur die „Schokoladenseiten“ von Strand, Hotel und Umgebung vor die Linse holen. Fotos von verträumten Buchten sind verlockend, von den auf derselben Seite abgebildeten Hotels sind diese Plätze aber meist meilenwert entfernt.
Nicht so schön, aber freilich informativer wären mehrere Fotos von den Hotels, die im Idealfall dreifach ins Bild gerückt werden: als Totale mit Blick auf die Umgebung, ergänzt durch einen Blick in eines der Zimmer und einer Aufnahme vom Strand.