"Auch wenn das Leben begrenzt ist, aufs Leben nicht vergessen!" - KONSUMENT im Gespräch mit Karin Böck, MAS (Pall. Care), Pflegedienstleiterin bei der Caritas der Erzdiözese Wien.
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Karin Böck |
KONSUMENT: Wer arbeitet in einem Palliativteam?
Böck: Diese Teams bestehen meist aus Ärzten, Pflegepersonal, Sozialarbeitern sowie Seelsorgern. Je nach Aufgabenstellung kommen noch Physio-, Ergo- oder Logotherapeuthen und Psychologen dazu. Ziel ist bei schweren Erkrankungen die Symptomkontrolle und Symptomlinderung vor Ort. Vor allem im städtischen Bereich sind diese Teams auch zur Unterstützung des Hausarztes gedacht, da immer mehr Ärzte keine Hausbesuche mehr machen. Wichtig ist, zu wissen, dass ein Palliativteam keine Grundversorgung macht, sondern die Patienten bzw. ihre Angehörigen berät und anleitet.
Was ist der Unterschied zu einem Hospizteam?
Ein Hospizteam besteht aus speziell geschulten ehrenamtlichen Mitarbeitern, die von einer hauptamtlichen Koordinatorin unterstützt werden. Die Übergänge zum Pallitivteam sind fließend. Entscheidend ist immer, was der Patient in seiner aktuellen Situation benötigt. Oft sind alle Beteiligten schon an ihren Grenzen angelangt. Dann braucht es in erster Linie Menschen, mit denen man schwierige Dinge besprechen kann. Das Wichtigste ist, ein Netz um Patient, Angehörige, Freunde zu knüpfen.
Wann ist es Zeit, Kontakt aufzunehmen?
Wenn eine schwere Erkrankung lebensbedrohlich geworden ist und ein Sterben zu Hause gewünscht wird. Unsere Teams organisieren häufig bereits den Übergang von der Krankenanstalt in die häusliche Betreuung. Sie leisten Unterstützung bei der wichtigen Frage: „Wie komme ich als Patient zu jenen Leistungen, die ich brauche?“ Das kann pflegerische, aber auch finanzielle Angelegenheiten betreffen.
Können Patienten auch einfach bei der Caritas anrufen?
Selbstverständlich. Bereits bei diesem Erstgespräch wird geklärt, was vonnöten ist. Braucht der Patient eine Pflegeberatung oder eine medizinische Beratung? Hier wird auch entschieden, ob wir überhaupt helfen können oder an andere Organisationen verweisen müssen. Anschließend gibt es einen Termin vor Ort. Da wir aufgrund der schwierigen Finanzierungslage – wir sind auf Spenden angewiesen – zu wenige Teams haben, gibt es leider Wartelisten. Das gilt nicht nur für die Caritas, sondern auch für alle anderen Anbieter. Der Bedarf in diesem Bereich ist nach wie vor wesentlich größer als das Angebot.
Wer wird von Ihnen hauptsächlich betreut?
Unsere Klienten sind im Durchschnitt 70 Jahre alt. Bei manchen von ihnen ist gar nicht sichtbar, wie krank sie in Wahrheit sind. Der allergrößte Teil – etwa 80 Prozent – sind Krebspatienten. Wir betreuen aber auch Menschen mit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) oder geriatrische Patienten mit besonderen Fragestellungen. Wenn jemand unheilbar krank ist, nicht mehr ins Spital möchte, sondern zu Hause bleiben will, bekommt er z.B. psychosoziale Unterstützung durch Gespräche. Ein wichtiges Thema ist immer: Gibt es noch Ziele in diesem Leben? Oder Bilder für das Leben danach? Auf Wunsch gehen unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter auch mit ihren Schützlingen spazieren oder ins Theater. Entscheidend ist, dass man auch dann, wenn das Leben begrenzt ist, nicht aufs Leben vergisst.
Gibt es auch mulitkulturelle Teams?
Ja, eines unserer Teams ist multikulturell. Das ist für eine Großstadt wie Wien natürlich viel zu wenig! Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir, dass Menschen in schwierigen Situationen zu ihrer Muttersprache zurückkehren. Die emotionale Sprache ist einfach die jeweilige Muttersprache. Wir nützen daher die Sprachkompetenz unserer Mitarbeiter und haben auch einen Ethnologen im mobilen Palliativteam.
Wie viele Teams stehen insgesamt zur Verfügung und für wie lange?
Wir haben hier in Wien fünf hauptamtliche und drei ehrenamtliche Teams im Einsatz. Eines dieser ehrenamtlichen Teams ist das bereits erwähnte multikulturelle Team. Die Betreuung durch uns erfolgt so lange wie nötig. Es gibt es keine Zeitbegrenzung. Und wir sind rund um die Uhr für unsere Patienten erreichbar.