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Chicorée - Feine Sprossen

So ändern sich die Zeiten: Früher war die Zichorie Ausgangsprodukt für Kaffee-Ersatz. Heute ist der noble Chicorée fixer Bestandteil der feinen Küche.

Ob Getränk oder Gemüse: Beides stammt aus einer bis zu 25 Zentimeter langen, kräftigen Rübe mit brauner Rinde, die schon seit der Antike bekannt ist. Ursprünglich wurde sie als Heilpflanze verwendet, ehe der Arnstädter Hofgärtner Timme zu Beginn des 18. Jahrhunderts entdeckte, dass die Wurzeln zur Gewinnung von Kaffee-Ersatz genutzt werden können. Für die Kaffeeproduktion wird die Pflanze im Herbst geerntet, die bitter schmeckende Wurzel geschabt, in Stücke geschnitten, getrocknet, geröstet und gemahlen. Überbrüht man dieses dunkle Pulver mit heißem Wasser, entsteht ein Getränk, dessen spezifischer Geschmack von den Bitterstoffen Lactucin, Lactucopikrin und Inulin stammt, die durch das Rösten ein kaffeeähnliches Aroma entwickeln.

Gemüse mit Vergangenheit

Während der Zichorienkaffee zunehmend an Bedeutung verliert, gewinnen die zarten Sprossen der Wurzel auch in Österreich immer mehr Anhänger. Die eigentliche Heimat dieses Gemüses ist Belgien. Dort wusste vor knapp 150 Jahren Monsieur Brésier, Chefgärtner im Botanischen Garten Brüssel, nicht, wohin mit einer überreichen Zichorienernte. Er versuchte, die überschüssigen Wurzeln in seinen Gewächshäusern zu lagern. Doch in den folgenden Wintermonaten trieben kräftige Sprossen aus, die wegen des Lichtmangels bleich und zart blieben. Belgien ist heute noch der bedeutendste Exporteur dieses Gemüses, das meist unter der Bezeichnung Chicorée – früher auch „Brüsseler Endivie“ – in den Handel kommt.

Der Anbau ist relativ aufwendig: Das Auspflanzen der Rüben im Frühjahr erfolgt meist in landwirtschaftlichen Betrieben, die die Blätter der Pflanze als Viehfutter nutzen können. Sind die Wurzeln gut ausgebildet, werden sie geerntet und danach mindestens einen Monat im Freien gelagert. Die kühlen Herbsttemperaturen regen den Stoffwechsel beziehungsweise die Treibwilligkeit der Wurzeln weiter an.

Triebe im dunklen Keller

Die nun folgende Anzucht erfolgt dann in Spezialbetrieben: Die zuvor im Freien gelagerten Wurzeln werden in Kellern oder abgedunkelten Treibräumen ganz dicht in Kästen, Container, Gruben oder auf Gitter gesetzt, bis aus ihnen die zarten, weißen Sprossen mit den hellgelben Rändern sprießen. Als Zuchtmethode setzt sich zunehmend die Treiberei in Wasser ohne Abdeckung („Hydrokultur“) durch. Vorteil für die Produzenten: vergleichsweise geringer Aufwand, allerdings zu Gunsten eines nur noch lockeren Aufbaues der Sprossen.

Licht verboten

Geerntet beziehungsweise gebrochen wird der Chicorée per Hand. Dann werden die Sprossen kurz in warmem Wasser (bis 40 Grad C) gewaschen, in der Zentrifuge getrocknet und beim Putzen am unteren Ende glatt geschnitten. Darauf folgt das rasche Verpacken in lichtdichte Kartons. Die jungen Sprossen dürfen dem Licht nämlich nur ganz kurz ausgesetzt sein, sonst kommt es zum Vergilben oder Vergrünen der äußeren Blätter, was Bitterwerden und damit Qualitätseinbußen nach sich zieht. Bewahren Sie Chicorée auch zu Hause in der Küche nur lichtgeschützt auf; am besten in einem perforierten Kunststoffbeutel oder locker in ein feuchtes Tuch eingeschlagen im Gemüsefach des Kühlschranks. Dort hält er sich mehrere Tage frisch. Zum Einfrieren ist dieses Gemüse übrigens nicht geeignet.

Rote Züchtung

Lichtschutz gilt auch für den seit Mitte der Achtzigerjahre vermarkteten Roten Chicorée, eine Züchtung aus Radicchio und Chicorée, der an den rot geflammten Blättern zu erkennen ist. Da er beim Erhitzen seine attraktive Färbung einbüßt, wird er in der Küche meist roh – zur Ergänzung winterlicher Salate – verwendet.

Chicorée ist arm an Kalorien und reich an Mineralstoffen wie Kalium, Phosphor, Calcium sowie dem Kohlenhydrat Inulin. Das Gemüse ist ein wichtiger Vitaminträger – insbesondere Provitamin A, B1, B2 sowie etwas Vitamin C – und wirkt auch leicht harntreibend.

Vielseitig verwendbar

Für die Verwendung von Chicorée gibt es eine Fülle von Rezepten. Dieses knackig-frische Blattgemüse eignet sich als Salat oder als pikanter, leicht bitterer Bestandteil einer Mischung aus Ananas, Bananen, Mandarinen, Äpfeln und anderen süßen Früchten sowie Nüssen. Die einzelnen Blätter können auch mit Käse, pikanten Aufstrichen, kleinen Fleischlaibchen oder Ähnlichem gefüllt und als Fingerfood gereicht werden. Oder Sie tauchen die Blätter direkt in eine Cocktailsauce. Sie können Chicorée aber auch schmoren oder dämpfen und mit einer Käsesauce oder nur mit etwas Butter und Kräutern servieren.

Dämpfen, wickeln, überbacken

Bei einer weiteren klassischen Zubereitungsart werden die Chicoréesprossen im Ganzen gedämpft, dann jeweils mit einer Scheibe Speck umwickelt, mit Béchamelsauce übergossen und anschließend im Backrohr überbacken. Auch Gemüsesuppen oder Aufläufe gewinnen durch die feinen, appetitanregenden Bitterstoffe.

Neue, bessere Sorten

In den meisten Rezepten wird empfohlen, einen etwa drei Zentimeter langen Keil aus der Mitte des Strunks herauszuschneiden, da dort die Bitterstoffe am konzentriertesten sind. Diese Prozedur können Sie sich ersparen. Bei den neueren Sorten sind die Bitterstoffe schon so weit reduziert, dass Sie die Sprossen komplett verwerten können.

Chicorée mit Gorgonzolasauce

Zutaten für 4 Portionen

1 kg Chicorée

1 EL Butter oder Margarine

5 EL klare Gemüsesuppe

etwas Zucker, Salz, weißer Pfeffer

 

Gorgonzolasauce

1⁄2 Tasse Milch

2 TL Butter oder Margarine

1 TL Mehl

125 g Gorgonzola

etwas Muskatnuss

 

Zubereitung

Chicorée waschen und der Länge nach halbieren. Eine große Pfanne mit Butter oder Margarine einfetten, die Chicoréehälften mit der Schnittfläche nach unten hineinlegen, Gemüsesuppe zufügen. Mit Zucker, Salz, Pfeffer bestreuen. Zugedeckt zehn Minuten bissfest dünsten. Dann das Gemüse herausnehmen und warm stellen.

Die restliche Flüssigkeit mit der Milch erhitzen. Butter oder Margarine mit dem Mehl verkneten und die Butter-Mehl-Kugel in die Flüssigkeit geben. Fünf Minuten kochen lassen, dann den zerbröckelten Gorgonzola einrühren. Mit einem Hauch Muskatnuss abschmecken. Nicht mehr kochen lassen. - Chicorée auf Tellern anrichten, mit der Sauce übergießen und sofort servieren.

Nährwert pro Portion

(etwa)

6 g Eiweiß

18 g Fett

7 g Kohlenhydrate

3 g Ballaststoffe

915 kJ/220 kcal

Wissen Sie…

  • … woran Sie gute Qualität erkennen?

Die Sprossen sollten beim Einkauf gleichmäßig geformt, fest, geschlossen, gut eingehüllt und an den Spitzen hellgelb, im übrigen weiß bis goldgelb sein und zwischen 100 und 150 Gramm wiegen. Sprossen mit braun verfärbten Blatträndern oder welken Blättern sind bereits überlagert. Grüne Blätter sind meist sehr bitter und ein Hinweis darauf, dass die Ware nicht lichtgeschützt gelagert wurde.

  • … warum das Gemüse bitter schmeckt?

Die zarten Sprossen enthalten einen leicht bitteren Milchsaft (Bitterstoff Intybin), der dem Gemüse seinen charakteristischen, feinwürzigen Geschmack verleiht.

 

  • … wie Sie Chicorée verarbeiten?

Chicorée muss bei der Weiterverarbeitung in der Küche nicht mehr gewaschen werden. Meist genügt es, die äußeren Blätter mit einem feuchten Tuch abzureiben.

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