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Rohstoffe für das Handy - Abbaubedingungen im Ethik-Check

Zahlreiche Rohstoffe in unseren Smartphones werden unter ausbeuterischen Bedingungen, zum Teil in Konfliktregionen, gefördert. Auch die Natur leidet. Das sind Fakten, die wir nicht so einfach wegwischen sollten.

Bild: Adam-Jan-Figel / Shutterstock.com

Mehr als eine Milliarde Smartphones gehen jedes Jahr über den Ladentisch. Die Hersteller – allen voran Marktführer Apple und Samsung – locken mit immer neuen Modellen, die dann via Mobilfunkvertrag billig erstanden werden können. Die Handys sind dabei als Wegwerfprodukte konzipiert, denn bei den allermeisten ist es nicht möglich, Einzelteile zu ersetzen.

Ökosoziale Folgen der Rohstoffgewinnung

Smartphones enthalten rund 60 verschie­dene Rohstoffe, darunter einige sogenannte Konfliktrohstoffe, die an Krisenherden gefördert werden. Anhand einiger exemplarischer Beispiele wollen wir aufzeigen, wie sich die Handyproduktion auf Menschen und Umwelt in Ländern des Südens auswirkt. In ­anderen Worten: wie und wo Mensch und Natur bluten müssen, damit wir alle zwei, drei Jahre ein neues Smartphone kaufen können.

Wir Konsumentinnen und Konsumenten ­tragen eine Mitverantwortung. Deshalb eine Anregung gleich vorweg: Nutzen Sie Ihr Smartphone so lange wie möglich! Und wenn Sie ein neues kaufen müssen, überlegen Sie, zu fair(er) produzierten Alternativen wie Fairphone oder Shiftphones zu greifen, bei denen es auch möglich ist, Einzelteile zu ersetzen.

Coltan 

Aus Coltan wird Tantal gewonnen, das als Kondensator im Handy verwendet wird. Geschätzte 50 bis 80 Prozent der weltweiten Coltanvorkommen lagern in der Demokratischen Republik Kongo. Seit mehr als 20 Jahren herrscht dort Bürgerkrieg. Milizen haben die Kontrolle an sich gerissen, nehmen den Arbeitern das Coltan weit unter Wert ab oder setzen Zwangsarbeiter (etwa Kriegsgefangene) ein.

Zwei Millionen Kinder gestorben

Das bedeutet: Jeder Cent, den die Kriegsparteien durch den Verkauf von Rohstoffen verdienen, fließt in Waffenkäufe und verlängert und verschärft den Krieg. Die ­Bevölkerung wird ausgebeutet, die Profite bleiben einer kleinen Elite vorbehalten. Etwa 30 Prozent der Arbeiter sind Kinder und ­Jugendliche, mindestens zwei Millionen Kinder sind laut der Initiative Aktiv gegen Kinderarbeit bereits in den Minen gestorben.

Auch die Umwelt leidet: Große Flächen an Regenwald werden abgeholzt, um nach dem begehrten Erz schürfen zu können. Damit wird u.a. der Lebensraum der stark gefährdeten Berggorillas gefährdet.

Kobalt 

Kobalt ist zusammen mit Lithium in jedem Handyakku enthalten. Es leitet Strom besonders gut und dient in Lithium-Ionen-Akkus als Pluspol. Die größten Kobalt-Reserven weltweit liegen in der Krisenregion Demokratische Republik Kongo. Chinesische Unternehmen kaufen dort Kobalt in großem Stil und verarbeiten es in Raffinerien zu Kobaltsulfat weiter.

Wie auch schon bei Coltan beschrieben, profitieren die Menschen im Land nicht vom Kobalt-Abbau. Zudem herrschen in den zahlreichen illegalen Minen Missstände: In den engen Schächten müssen Kinder arbeiten, fehlender Schutz führt oft zu tödlichen Unfällen. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Konflikten zwischen Milizen um Minen. Für die Schächte werden viele Hektar Wald abgeholzt; das Trinkwasser in Flüssen wird durch das Auswaschen der Mineralien mit Schwermetallen verunreinigt. 

Kupfer, Lithium, Silber, Zinn

Kupfer

Ein Handy besteht zu knapp 15 Prozent aus Kupfer, das in Drähten und Leiterplatten verbaut wird. Vorkommen: u.a. in Sambia, Chile, China und den USA. Laut der NGO Südwind hat die Kupfergewinnung in Sambia negative Auswirkungen auf die Menschenrechte von Arbeitern und lokalen ­Gemeinden und führt zu massiven Umweltschäden.

Die Unter­suchungen in zwei Bergbaugebieten des Landes ergaben, dass die Umweltverschmutzung durch den Kupferbergbau sich negativ auf die Wasserqualität und die Gesundheit der Gemeindemitglieder auswirkt. Außerdem kommt es im Rahmen der Errichtung von neuen Minen immer wieder zu Zwangsumsiedlungen und zur Zerstörung der lokalen Landwirtschaft.

Lithium

Grundbestandteil jedes Handy-Akkus. Vorkommen: u.a. in Bolivien, Chile, USA. Der Abbau von Lithium benötigt extrem viel Wasser und ist mit hohen Umweltbelastungen verbunden. Eines der größten Lithium-Vorkommen befindet sich im Norden Chiles, in der Atacama-Wüste, einer der trockensten Regionen der Welt. Der Lithium-Abbau wirkt sich dort verheerend auf die verschwindend kleinen Wasserreserven aus. Der Grundwasserspiegel sinkt immer dramatischer ab – der großteils indigenen Bevölkerung wird buchstäblich die Lebensgrundlage entzogen.

Ein weiteres Problem sind die toxischen Staubwolken, die bei der Lithium-Förderung entstehen und in die Dörfer sowie auf Weideflächen gelangen. Zu allem Überdruss profitiert die indigene Bevölkerung auch nicht monetär von der Lithium-Gewinnung, denn sie besitzt kaum formelle Eigentumsrechte an dem Land, auf dem sie seit Jahrhunderten lebt.

Silber

Wird auf der Leiterplatte in Kontaktbahnen verwendet; sehr gute elektrische Leitfähigkeit. Vorkommen: u.a. in Bolivien, Peru, ­Mexiko, China. Laut der NGO Südwind schuften in der Region Oruro in Bolivien, wo auch Zink, Blei und Zinn abgebaut werden, rund 90 Prozent der Arbeiter im Bergbau als Tagelöhner. Ihr Verdienst richtet sich danach, wie viel Metall sie aus dem Gestein lösen können.

Unglücksfälle in den kaputten Stollensystemen sind keine Seltenheit. Zudem leiden viele Bergleute an Silikose, der sogenannten Staublunge. Auch für die Umwelt in Bolivien sind die Folgen erschreckend: Die Flüsse um Oruro sind praktisch tot, das Grundwasser ist vielerorts verseucht. Besonders hoch ist die Schwermetallbelastung.

Zinn

Kommt in der Leiterplatte zur Anwendung. Zinnerz wird aus Erdschichten, Fluss-Sedimenten oder vom Meeresboden gewonnen. Vorkommen: u.a. in China, Indonesien und Peru. In Indonesien, dem Land mit der zweitgrößten Fördermenge, wird Zinn vor allem auf den Inseln Bangka und Belitung abgebaut. Die einst von Regenwald überzogenen Inseln gleichen einer Kraterlandschaft mit sandigem und saurem Boden. Viele Menschen, auch Kinder, graben in Minen, die von den großen Unternehmen bereits verlassen wurden, in einsturzgefährdeten Schächten.

Auch der Abbau auf dem Meeresboden ist folgenschwer: Riesige Fabrikschiffe baggern den Meeresboden um oder saugen mit ­großen Pumpen zinnhaltiges Material vom Meeresboden ein. Nach dem Auswaschen des Zinns werden die nicht brauchbaren ­Sedimente zurück ins Meer geleitet. Dieser schwermetallhaltige Schlamm zerstört die Korallenriffe und entzieht den Fischen die Lebensgrundlage. Zerstört werden auch die für den Küstenschutz wichtigen Mangrovenwälder, die zudem Kinderstube vieler Meerestiere sind.

Arbeitsbedingungen in China

Unsere Smartphones werden großteils in China zusammengebaut. Die Bedingungen für die Arbeiter und Arbeiterinnen sind unwürdig: Die Arbeitszeiten betragen zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche.

Das Arbeitsrecht sieht vor, dass bei einer Arbeitszeit von mehr als acht Stunden Überstunden ausgezahlt werden müssen, dies wird jedoch oft nicht eingehalten. Der Mindestlohn reicht nicht zum Leben. Als in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen die Mindestlöhne angehoben wurden, verlegten viele Unternehmen ihren Standort nach Nord- und Westchina, in ärmere Regionen, wo die Menschen ungebildeter sind.

Frauen verrichten meist jenen Teil der Arbeit, der am schlechtesten bezahlt ist. Dazu kommt, dass in der Produktion von Smartphones gesundheitsschädliche Chemikalien verwendet werden. Erkrankte Arbeiter brauchen eine Arztbestätigung, um eine Entschädigungszahlung zu erhalten – die Ärzte werden jedoch von den Unternehmen und der Regierung beeinflusst (siehe Herstellen von Smartphones und Computer - Arbeitsrechtsexperte Pak Kin Wan im Interview 1/2019).

Die Alternativen

Fairphone

Der holländische Hersteller setzt auf Reparaturfähigkeit und Recycling, nachhaltigen Abbau von Metallen und bessere Arbeitsbedingungen für Minen- und Montagearbeiter. Dazu kommt ein modulares Konzept, bei dem einzelne Teile ausgetauscht werden können. Das Fairphone 3 wurde von uns zuletzt mit einem "gut" bewertet: Smartphones: Groß, fair, faltbar - Neues von Samsung, Fairphone & Co.

Im Fairphone 2 - Das nachhaltigere Smartphone sagte die Fairphone-Chefin Eva Gouwens: "Wir stehen zwar vor ähnlichen Herausforderungen wie die restliche Industrie, doch was den Unterschied ausmacht: Wir haben einen ganz anderen Zugang. So zum Beispiel das ressourcen- und materialschonende Produktdesign; die Art, wie wir mit Zulieferfirmen zusammenarbeiten; wie wir versuchen, bei der Beschaffung von Mineralien verantwortungsbewusst vorzugehen – also die Art und Weise, wie wir an die Aufgabenstellungen in dieser Industrie herangehen und versuchen, Lösungen zu finden. Das ist es, was Fairphone einzigartig macht."

Shift

Auch der deutsche Hersteller legt Wert auf faire Löhne und Arbeitsbedingungen in der Lieferkette, Kinderarbeit soll vermieden werden. Bei den Geräten ist der Speicher erweiterbar und der Akku einfach zu tauschen; Reparaturen kommen günstig.

"Als kleines Familienunternehmen ohne Investoren haben wir ein klares Ziel: so viel Gutes zu tun, wie wir können, und dabei so wenig Schaden wie möglich anzurichten. Dies nehmen wir sehr ernst und setzen es konsequent und optimiert um. Wir entnehmen uns keine persönlichen Gewinne und das Budget für Werbung und Marketing ist kleiner als 0,1 Prozent und daher hier nicht aufgeführt", heißt es auf der Firmen-Website.

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