Unternehmen verpassen sich immer öfter einen "grünen Anstrich". Alles Fassade oder ernst zu nehmende Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit? Wir haben bei Experten nachgefragt.
KONSUMENT im Gespräch mit Nunu Kaller (Greenpeace), Stefan Grasgruber-Kerl (Südwind) und Raphael Fink (Österr. Umweltzeichen).
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Schummeln für den guten Ruf
Mit wachsendem Bewusstsein der Konsumenten steigt der Druck auf Unternehmen, nachhaltige Produkte anzubieten. Immer mehr Unternehmen und PR-Profis springen auf diesen Zug auf. Sie bieten "grüne" Lösungen an, die auf den ersten Blick umweltfreundlich, ethisch korrekt und fair erscheinen. Bei näherer Betrachtung halten sie nicht immer, was sie versprechen. In der Branche spricht man auch von "Green claims", "environmental advertising" oder ganz einfach von Ökoschmähs. Ein Problem, dem sich auch das International Consumer Protection Enforcement Network mit seiner jährlichen Aktion gegen Betrug an Konsumenten (Fraud Prevention Month) widmet. - Wie Kunden Green-Washing erkennen können, erklären drei Experten anhand von Beispielen.
Was ist Greenwashing?
Wenn einer der größten Hersteller von Getränken in Plastikflaschen versucht, sich medienwirksam mit einer Sammelaktion von Plastikmüll zu brüsten. Das ist das ein klassischer Fall von Greenwashing. Mit dem wachsenden Anspruch der Verbraucher (und auch Investoren) in Sachen Nachhaltigkeit und ethischer Konsum werden die Ideen der PR-Profis immer frecher. Die Palette reicht von Beschönigungen bis zu glatten Lügen.
Die 7 Sünden des Greenwashing, definiert vom Netzwerk Underwriters Laboratories Environment:
1. Versteckte Kompromisse: Produkte werden mit einem umweltfreundlichen Aspekt beworben; andere, weniger ethisch korrekte, werden unter den Tisch gekehrt. So wirbt Nespresso mit dem Recycling von Kaffeekapseln, das nur einen kleinen Teil der Müllentsorgung ausmacht – und stellt die Kapseln weiterhin aus umweltschädlichem Aluminium her.
2. Fehlende Nachweise: Etiketten wie "ökologisch" oder "nachhaltig" sagen ohne Zertifizierung nichts über die tatsächlichen Produktionsbedingungen aus.
3. Unschärfe: Unklare und oft missverständliche Aussagen wie "nachhaltigere Baumwolle" klingen zwar gut, sind aber nicht automatisch gleichbedeutend mit ökologisch produzierter Ware.
4. Irrelevanz: Darüber, dass z.B. eine Avocado, die ja ganz klar pflanzlicher Natur ist, das Etikett "vegan" trägt, kann man sich schon wundern. Viel interessanter wäre, zu erfahren, wie Produkte konkret hergestellt werden.
5. Das geringere Übel: Der Konsument wird von den schwerwiegenden Auswirkungen eines Produktes abgelenkt, indem sie überspielt werden. Ein Klassiker ist das "benzinsparende Auto", da Autofahren mit Benzin in jedem Fall umwelt- und klimaschädlich ist.
6. Lügen: Dazu gehören alle falschen Aussagen, die Verbraucher gezielt in die Irre führen.
7. Falsches Label: Sich im Gütesiegeldschungel zurechtzufinden, ist für Konsumenten eine Herausforderung geworden. Es gibt seriöse Zertifizierungen und solche, die schlichtweg erfunden sind.