KONSUMENT: Medien, Künstlern und Filmemachern wird vielfach vorgehalten, nur das Schlechte zu zeigenund zu beschreiben. War das auch ein Ansatz für Ihren neuen Film "Zeit für Utopien", genau den gegenteiligen Weg zu gehen und positive Beispiele vor den Vorhang zu holen?
Langbein: Ich habe mit meinem letzten Kinofilm "Landraub" die extremen Auswüchse der Agrarindustrie kritisiert und in den dutzenden Diskussionen ging es letzten Endes immer darum, ob es Alternativen dazu gibt. Utopien sind konkrete Vorstellungen von Verbesserungen in den Lebensbedingungen für alle Menschen. Ohne Utopien hätte es den Fortschritt, der uns hier warme Zimmer, Demokratie und Menschenrechte bringt, nicht gegeben. Es ist also hochspannend, gerade auch in finstereren Zeiten zu schauen, wo es gelebte Alternativen einer menschengerechteren, sozialeren und ökologisch vertretbareren Welt gibt. Und davon gibt es zum Glück relativ viele. Was diesen Initiativen fehlt, ist eine gemeinsame Erzählung. Eine, die der Erzählung des Finanzkapitalismus entgegengestellt werden kann. Es ist mir ein Anliegen, an so einer Erzählung ein wenig mitzubasteln.
KONSUMENT: Würden Sie Österreich attestieren, in Sachen nachhaltiger Konsum ein Vorreiterland zu sein?
Langbein: Ich glaube, dass das ein bisschen ein Zerrbild ist. Man muss auf der einen Seite sicher sehen, dass der wachsende, mit Nachhaltigkeits-Etiketten versehene Konsum ein Ausdruck der Bedürfnisse der Leute ist – und auch eines Bewusstseins: Sie wollen es anders machen. Aber so lange zwischen den Konsumenten und den Produzenten die große Industrie und die Supermarktketten stecken, so lange wird dieser Prozess nur unvollständig oder sogar extrem verwässert stattfinden.
KONSUMENT: Wohin muss die Reise gehen?
Langbein: 60 Prozent von dem, was wir im Supermarkt kaufen, wächst nicht bei uns, sondern in Ländern, in denen viele Menschen ohnedies zu wenig zu essen haben. Unser Wohlstand ist auf dem Elend der Menschen im globalen Süden aufgebaut. Das muss sich ändern. Aus ökologischen Gründen und auch aus Gründen der sozialen Verantwortung. Diese Situation erzeugt enorme Verkehrsströme, ist vom Energieaufwand her ein völliger Unsinn und raubt den Menschen in den Entwicklungsländern die Lebensgrundlage. Da können Ansätze, die Konsumenten und Produzenten zusammenbringen, viel bewirken. Wir brauchen wieder eine regionale Versorgung, mit frischen Nahrungsmitteln und natürlich auch pestizidfrei.