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Handygebühren im Ausland - Nicht immer grenzenlos

Der Gebrauch des Smartphones im Ausland kann teuer werden. Kostenfallen sind reduziert, aber nicht gänzlich beseitigt.

Handy im Urlaub

Eine Unachtsamkeit während eines kurzen Sprungs ins kühlende Nass wurde mit einer Horror-Rechnung bestraft: Herbert M. befand sich auf Maturarreise. Am heißen Strand suchte er Abkühlung in der Meeresbrandung, Kleidung und Handy hatte er zuvor am Strand abgelegt. Erfrischt vom Ausflug ins Meer kehrte er zurück. Da der erste Schock: Das Handy war weg.

Horror-Rechnung nach Maturareise

Der zweite folgte dann zu Hause, als die Handyrechnung ins Haus flatterte: Sie belief sich auf über 55.000 Euro! Schnell war klar: Der Provider hatte keinen Abrechnungsfehler gemacht, die Forderung war korrekt. So nachzulesen im aktuellen Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle der heimischen Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) für das Jahr 2012.

Könnte das auch Ihnen im Urlaub blühen? Ja und nein.

Wohin die Reise führt

Wer sich innerhalb des EU-Raumes oder in Island, Norwegen und Liechtenstein (EWR) bewegt, der genießt – zumindest theoretisch – mittlerweile zweifachen Schutz vor Schock-Rechnungen:

  • Europa-Tarife für Telefonie, SMS, MMS und Internet mit fixen Preis-Obergrenzen ­müssen von jedem Provider angeboten, können von diesem allerdings auch unterlaufen werden, wie wir noch erläutern ­werden. Außerhalb von EU/EWR gelten diese Preisgrenzen nicht. Auch besteht für den Provider keine gesetzliche Verpflichtung, seine Kunden bei überhöhter Nutzung der Telefondienste zu benachrichtigen (er kann das tun, muss aber eben nicht).
  • Mobiles Internet: Anders beim Datenverbrauch im Ausland (mobiles Internet): Warnungen vor ruinösem Datenverbrauch inner- und außerhalb der EU sind verpflichtend – sie kommen aber nicht immer und nicht für jeden zur Anwendung.
Dieser Artikel entstand im Rahmen der Tätigkeiten des Netzwerkes der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net).

Roaming-Gebühren

Roaming-Gebühren

Die Gebühren, welche bei Nutzung der ­Mobilfunk-Dienste im Ausland anfallen, ­werden Roaming-Gebühren genannt (engl.: to roam = umherschweifen, wandern). Sie liegen naturgemäß meist deutlich über den Inlandsgebühren, da der heimische Provider an seine ausländischen Kollegen etwas ­bezahlen muss, damit sich seine Kunden in deren Netze einwählen dürfen.

"Frei"-Minuten, "Gratis"-SMS, "Frei"-Datenvolumina ...

„Ich hab ja mein Freipaket“, lautet ein häufig zu hörender Einwand. Ein fataler Irrtum, sofern dieses Paket nicht ausdrücklich auch Roaming-Leistungen umfasst (was bei den meisten ­Handyverträgen nicht der Fall ist). Bei Nutzung Ihrer Geräte im Ausland gelten somit die im Paket erworbenen „Frei“-Minuten, „Gratis“-SMS, „Frei“-Datenvolumina nicht.

... gelten im Ausland meist nicht

Die 1.000 "Frei“-Minuten etc. werden also nicht für die im Ausland genutzten Leistungen angerechnet. Vielmehr werden sie zuzüglich zu Ihrem ­gebuchten Paket gesondert in Rechnung ­gestellt, auch wenn Sie als Langzeit-Urlauber keine einzige "Frei“-Minute Ihres Österreich-Pakets genutzt haben sollten.

"Optionales" kann günstiger sein

"Optionales“ kann günstiger sein

Provider müssen zwar den Europa-Tarif anbieten (siehe "So viel darf es kosten“) und dürfen dies auch unter einer anderen Bezeichnung tun, sie können aber außerdem weitere Roaming-Angebote machen, die unter Umständen günstiger kommen. Diese bestehen meist aus einem Telefonie-, SMS- und Datenpaket, wobei der Telefonie-Teil oft "Frei“-Minuten in Österreich plus solche innerhalb der EU enthält.

  • Orange offeriert derzeit "Europa für alle". Enthalten sind unter anderem 100 Minuten innerhalb von Europa um 12 € (laut Europa-Tarif würden 28,80 € anfallen); ohne Bindung.
  • T-Mobile hat 200 Minuten nach Europa plus 200 Minuten innerhalb Europas um 33,99 € im Programm ("All inclusive Europa", mit ­Bindung).
  • A1 inkludiert in seinen Tarifen für Viel­tele­fonierer jeweils ein 100-Minuten-Europa-Guthaben und bietet auch Zusatzpakete für Telefonie und Internet ab 29,90 € (je 100 Minuten/SMS/MB).
  • 3 (Drei) etwa offeriert Telefonie- und Datenvolumen zum normalen Heim-Tarif für Italien, Groß­britannien, Irland, Schweden, Dänemark, Hongkong (hier wird auch vom Standard-Paket abgebucht) sowie "Holiday-Pakete“ ab 9 €.

Telering: aktives 3-Minuten-Gespräch kostet 1,65 €

Doch bei Weitem nicht jeder "optionale“ ­Tarif muss Vorteile ­bieten. So heißt es etwa bei Telering (Stand Mai 2013): "Ohne An­meldung eines Roaming-Pakets zahlst du für abgehende Anrufe 0,348 € und für ein­gehende Anrufe 0,096 € pro Minute.“ Das entspricht den zu diesem Zeitpunkt gültigen maximalen Europa-Tarifen. Mit einem Roa­ming-Tarif müsste es dann doch günstiger werden! Möglicherweise ein Irrtum. Denn mit dem Roaming-Tarif bezahlte man für ­jedes aus­gehende Gespräch eine Grund­gebühr von 0,90 € plus 0,25 € pro Minute; für ankommende Gespräche gleichfalls 0,90 € Grundgebühr, jedoch keine Minutengebühr:

Ein aktives 3-Minuten-Gespräch kostete also 1,65 € (Europa-Tarif 1,044 €), das empfan­gene Gespräch hätte 0,288 € kosten dürfen, wurde von Telering aber mit dem mehr als dreifachen Betrag von 0,90 € berechnet.

"A1 Mobile Traveler": fast dreimal so teuer wie Standardtarif

Auch A1 bietet ein vergleichbares Tarif­modell wie Telering an. Dazu kommt: A1 hat einerseits Standard-Tarife („EU-reguliert“) wie „A1 Mobile Weltweit“ zu den entsprechenden Preisen im Programm, offeriert andererseits aber mit dem Hinweis "günstiger in Griechenland, Italien, Spanien“ seinen Tarif „A1 Mobile Traveler“, der auch außereuropäische Länder umfasst. Nur: Bei Wahl dieses Tarifs fährt man in der EU keineswegs "günstiger“, sondern bezahlt fast dreimal so viel wie im EU-Standardtarif! Hartnäckig befragt, musste selbst der A1-Support passen: "Sie haben recht, das verstehe ich auch nicht. Ich werde das notieren “

Fazit der Roaming-Angebote

Fazit

  • Mißtrauen: Trauen Sie den als besonders günstig beworbenen Tarifen Ihres Providers nicht blind – prüfen Sie vielmehr alle seine ­Roaming-Angebote.
  • Europa-Tarif: Bei Buchung eines Auslandstarifs bzw. ­Zusatzpaketes sollte man auf dem Europa-Tarif (oder besseren Bedingungen) bestehen und sich nicht durch eine erweiterte Länderauswahl zu einem optionalen Tarif/Paket ­verleiten lassen, sofern man diese Desti­nationen nicht wirklich benötigt.
  • Kontrolle: Nach dem Urlaub die Abrechnung genau kontrollieren, ob tatsächlich nur der ver­einbarte Tarif verrechnet wurde.
  • Manuelle Auswahl: Bei Reisen außerhalb der EU unbedingt ­bereits daheim die Tarife der Roaming-­Partner Ihres Providers checken und nicht auf die automatische Einwahl im Zielland verlassen („Manuelle Auswahl“ am Handy wählen) – hier gibt es Unterschiede von bis zu 30 Prozent!
  • Lokale Wertkarte: Bei einem freien Mobiltelefon (also ohne SIM-Lock) kann im Ausland auch eine ­lokale Wertkarte günstiger sein.

Smartphone, Handy, Tablet-PC oder mobiler Datenstick könnten im Urlaub für ­Vielsurfer sowie eifrige Downloader und Networker teuer werden – ein Gigabyte ­Datenverkehr kostet laut Euro-Maximaltarif immerhin rund 540 €. Bei Auswahl des ­falschen Tarifmodells, könnte das rasch auf rund zweieinhalbtausend Euro hochschnellen.

Mobiles Internet mit Schutzschirm

Mobiles Internet mit Schutzschirm

Dem hat der Gesetzgeber aber einen Riegel vorgeschoben. Mit der Kostenbeschränkungsverordnung. Diese gilt für die Datenkommunikation (also nicht fürs Telefonieren) und mittlerweile weltweit. Der Provider muss bei Ausschöpfen von 80 Prozent des Datenvolumens warnen und bei 100 Prozent die Leitung kappen oder die Verbindungs­geschwindigkeit auf 128 kbit/s drosseln, sofern sich der Konsument nicht für eine andere Alternative entscheidet (etwa den Zukauf eines weiteren Datenpakets).

Standard­mäßig gelten 60 € als Grenze, wenn sich der Kunde nicht für einen höheren Betrag entschieden hat oder diesen Schutzmechanismus überhaupt abbestellt hat, was wohl kaum empfehlenswert scheint.

Probleme könnte es in zwei Fällen dennoch geben:

  • Erlaubt im Zielland der Roaming-Partner ­Ihres Providers diesem die Echtzeitüber­wachung Ihres Datenverbrauchs nicht, kommt auch diese Regelung nicht zum Tragen. Sie müssen darüber aber per SMS informiert werden. Also vor Reiseantritt erkundigen.
  • Für Unternehmer besteht kein automatischer Schutz durch die Kostenbeschränkungsverordnung. Stolpersteine gibt es also genug.

Apropos Stolperstein: Der eingangs erwähnte Maturant, Herbert M., hatte letztlich doch noch Glück. Obwohl er grob fahrlässig gehandelt hatte – er ließ das Handy nach dem Diebstahl nicht sperren –, gelang es der Schlichtungsstelle, seinen Provider in ­Kulanz für eine drastischen Kostennachlass zu gewinnen. Herr M. kam mit einem blauen Auge davon, die Angelegenheit kostete ihn „nur“ 509 €.

Checkliste für die Reise

  • Notieren: Notfallnummer des Providers (Sperre), Ihre Kundennummer, Passwörter und sonstige Kennungen.
  • Komplettieren: Die in Ihren Handy-Kontakten eingetragenen Rufnummern um die Länder-Vorwahl +43 erweitern; das erlaubt auch im Ausland eine Anwahl auf Tastendruck.
  • Studieren: Bedienungsanleitung Ihrer Geräte (Kostenkontrolle, manuelle Einwahl in fremde Netze, Roamingsperre etc.).
  • Deaktivieren: Alle Dienste auf Smartphone etc., die sich regelmäßig einwählen (Maildienste, Social Networks) oder Datenverbindungen im Hintergrund herstellen (zahlreiche Apps!). Daten-Roaming am Gerät ausschalten oder – sicherer – vom Provider temporär ganz sperren lassen; wenn nicht benötigt: MMS-Abos aussetzen.
  • Optieren: Für Schutz durch Kostenbeschränkung, falls Selbstständiger oder mit Firmen-Zusatzvertrag unterwegs. Opt-in beim Provider! Gilt nur für Datenkommunikation.
  • Eruieren: Günstigsten Tarif im Zielland, in EU/EWR auf Europa-Tarif oder besseren Bedingungen bestehen. Zusatzpakete einem möglichen Tarifwechsel vorziehen, sofern diese nicht mit langen Bindefristen behaftet sind.
  • Informieren: Auch über Kosten in Transitländern zum Urlaubsort (EU-Regelung gilt nicht für den gesamten Kontinent). Und: Nicht in allen Ländern außerhalb der EU ist mobiles Internet möglich!
  • Realisieren: Dass Ihr Standard-Inlandpaket an Freiminuten, SMS, MMS und Datenvolumen im Ausland bei den meisten Providern nicht gilt.
  • Probieren: Im Zielland eine SIM-Card auf Zeit erstehen (so gut wie immer billiger als Roaming, Erreichbarkeit jedoch nur durch Personen, welche die temporäre Rufnummer kennen); Gerät darf nicht SIM-locked sein. Oder schon vor Urlaubsantritt eine Calling Card für aktive Gespräche erstehen (Guthaben-Karte aus dem Telefonshop, meist deutlich billiger als Roaming, aber nach Kosten für Einwahl am Urlaubsort erkundigen); SIM-lock spielt hierbei keine Rolle.
  • Minimieren: Gebrauch der Mailbox. Abhören in EU kostenpflichtig, in Nicht-EU sogar doppelte Verrechnung für Empfang (zu Ihrem Handy und zurück zur Mailbox). Kostenfalle! Mailbox kann meist auch übers billigere Festnetz abgehört werden. Rufnummer und Vorgangsweise beim ­Provider erfragen.
  • Forcieren: Nutzung des öffentlichen Festnetzes am Urlaubsort, von WiFi im Hotel (VoIP), ­Internetcafés, Callshops.
  • Optimieren: Kommunikationsverhalten – SMS statt Telefonie. Empfang in EU kostenlos.
  • Delegieren: Anrufen lassen statt selbst anrufen – immer billiger.
  • Kalkulieren: Kosten für Online-Navi am Smartphone (große Datenmengen!) oder On-board-Lösung (Karten auf Handy gespeichert, ab etwa 30 €).
  • Kontrollieren: Bei manueller Auswahl des Roamingpartners, ob diese Auswahl auch nach Wiedereinschalten des Geräts noch gültig ist. Mobilfunkabrechnung nach Urlaubsende prüfen!
  • Riskieren: Nichts. Nutzen Sie am Smartphone im Ausland keine Funktionen, die Ihnen nicht völlig vertraut sind. 

So viel darf es kosten

Per Juli 2013 gelten für den EU-Raum plus Island, Norwegen und Liechtenstein – und nur für dieses Gebiet – folgende Obergrenzen, die jeder Provider anbieten muss:

Sprach-Europatarif (pro Minute)

  • Aktive Telefonate (Sie rufen aus dem Ausland in Österreich oder in einem anderen EU/EWR-Land an) 28,8 Eurocent. Dabei darf der erste Takt mit maximal 30 Sekunden verrechnet werden. Führen Sie also ein nur 10 Sekunden langes Gespräch, kann dieses maximal mit einer halben Minute zu Buche schlagen (und nicht wie in anderen Bereichen auch mit 60 oder gar 90 Sekunden), danach erfolgt die Abrechnung sekundengenau.
  • Für passive Telefonate (Sie werden angerufen) 8,4 Eurocent. Hier muss vom Start weg ­sekundengenau abgerechnet werden.

SMS-Europatarif

  • Pro gesendete SMS-Roamingnachricht maximal 9,6 Eurocent.
  • Empfangene SMS-Roamingnachrichten sind gebührenfrei.

Daten- und MMS-Europatarif

  • Pro übertragenes Megabyte maximal 54 Eurocent. Abrechnung auf das Kilobyte genau. Die Gebühr für MMS-Nachrichten darf diesen Betrag nicht überschreiten (hier muss aber nicht auf Kilobyte abgerechnet werden).

Mailbox-Nachrichten

  • Empfang einer Nachricht gebührenfrei. Abhören jedoch kostenpflichtig!

Achtung! Diese Obergrenzen gelten nur für den angeführten geografischen Bereich. Schon ein Anruf aus der benachbarten Schweiz oder aus den Adria-Anrainerstaaten auf dem Weg nach Griechenland, Kroatien oder in die Türkei kann ein Vielfaches kosten!

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