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Einkaufen: Brot - Das fällt ins Gewicht

Wer zum Bäcker geht, kann gewinnen oder verlieren. Wir haben uns in Wien und Innsbruck angesehen, ob der Preis auch zum Brot passt.

„Wo kaufen Sie am häufigsten frisches Gebäck ein“, wollten wir zu Jahresbeginn bei einer Einkaufen: Frisches Gebäck - Lokale Bäcker beliebt von unseren Lesern wissen. Das Ergebnis war eindeutig: Mehr als die Hälfte geht zum lokalen Bäcker bzw. in die Filiale einer Bäckereikette.

Katze im Sack

Was dort über die Theke geht, behagt den Kunden offensichtlich. Wie die Ware verkauft wird, schon weniger. Denn aus unserer Leserpost wissen wir: Viele Kunden stört die Preisauszeichnung bei manchen Bäckern. Was Brot und Gebäck genau kostet, ist oft mühsam oder gar nicht ­herauszufinden. Die meisten Konsumenten ärgern sich aber darüber, dass halbierte Brote vor dem Verkauf nicht abgewogen werden. „Ist der Preis, den ich für diese Katze im Sack zahle, tatsächlich gerechtfertigt?“, lautet die am häufigsten gestellte Frage. Die Antwort darauf kennen wir inzwischen – und sie hat uns, ehrlich gesagt, überrascht.

Halb und ganz

Für unsere Erhebung gingen wir mehrfach einkaufen, und zwar in Wien in zwölf Bäckereien bzw. Supermarktfilialen und in Innsbruck in drei Bäckereien. Wir verlangten jeweils einen ganzen Brotlaib und dazu noch einen halben frisch aufgeschnittenen. Natürlich achteten wir darauf, ob es im Geschäft eine Waage gab und – noch wichtiger – ob sie auch benutzt wurde.

Waage oft nicht im Einsatz

Erstes erstaunliches Zwischenergebnis: In Innsbruck wurde kein einziges Brot abgewogen! In Wien verzichtete genau die Hälfte der Unternehmen, die wir für ­unseren Broteinkauf ausgesucht hatten, darauf; unter ihnen auch die Nobelbäcker Gragger und Joseph, wo Brot als Lifestyleprodukt zu Apothekerpreisen verkauft wird. Nur in den Filialen von Interspar und ­Merkur wurden Gewicht und Preis vor dem Verkauf immer ermittelt.

Innsbruck top

Kaum hatten wir die Brote erstanden, kamen sie bei uns im Labor auch schon auf die Waage. Und wieder waren wir überrascht: In den meisten Fällen bekommen die Kunden mehr Brot für ihr Geld. Besonders großzügig sind die Bäcker in Innsbruck. Sie portionieren ihre Brote so, dass ihre Kunden sowohl bei einem ganzen wie auch einem halben Laib gut aussteigen. Nur eines von 18 gekauften Broten war unter­gewichtig. Ein wirklich beeindruckendes Ergebnis!

Kunden steigen meist gut aus

In Wien sieht es weniger gut aus, aber auch hier gehen die meisten Konsumenten eher mit mehr als mit weniger Brot nach Hause. Trotzdem: Von insgesamt 71 eingekauften Broten hatten immerhin 27 zu wenig Gewicht. Das sind 38 Prozent und damit mehr als ein Drittel unserer Einkäufe.

Die Sorge, dass Kunden beim Broteinkauf übers Ohr gehauen ­werden, ist also in der Bundeshauptstadt nicht ganz unbegründet. Da aber auch in Wien ganze Brote oft mehr Gewicht auf die Waage bringen als angeschrieben, steigen Kunden meist auch beim ­Einkauf eines halben Laibs relativ gut aus. Das von vielen unserer Leser geforderte Abwiegen in der Filiale wäre daher eher kontraproduktiv, weil ein höheres Brotgewicht für den Kunden natürlich auch einen höheren Preis bedeuten würde.

Am meisten Geld beim Kauf eines halben Brotes ersparten sich Konsumenten beim Bäcker Ruetz in Insbruck. (Bild: Baloncici/shutterstock.com, Doris Seyser/VKI)

Preisermittlung schwierig

Nobel abgezockt

Das gilt aber nicht für alle Bäcker, bei denen wir eingekauft haben. Denn erstaunlicherweise bekommt man genau dort, wo man viel Geld für ein Brot hinlegen muss, am wenigsten Ware. Im Klartext heißt das: Der Broteinkauf im Bio-Supermarkt bzw. beim Nobel­bäcker ist für die Kunden fast immer ein Verlustgeschäft. Besonders unangenehm fielen dabei denn’s und vor allem Joseph auf. Ob ganz oder halb: Alle(!) dort erstandenen Brote waren untergewichtig, und das nicht zu knapp. Bei denn’s lagen die Abweichungen nach unten zwischen 1,7 und 10,6 Prozent. Damit zahlen die Kunden im schlimmsten Fall mehr als einen halben Euro praktisch für Luft.

Ach, Joseph!

Noch gravierender ist die Situation bei Joseph: Minus 3,2 bis minus 26,5 Prozent lautet hier die ernüchternde Bilanz. Wir konnten es selbst kaum glauben, aber statt mit einem halben Kilo Brot ver­ließen wir bei einem Einkauf den edlen Laden mit einem Leicht­gewicht von sage und schreibe 367,5 Gramm. Verrechnet wurden uns dafür 3,30 Euro und damit um 15 Cent mehr als der Kilopreis von 6,30 Euro hätte erwarten lassen. Offenbar gibt es bei Joseph einen Strafzoll für all jene Kunden, bei denen das Personal zum Messer greifen muss, weil sie statt eines ganzen Laibs nur einen halben ­wollen. Korrekt nach dem tatsächlichen Gewicht abgerechnet hätte dieses Brot übrigens nur 2,43 Euro statt der verlangten 3,30 Euro kosten dürfen. Der Aufschlag von 87 Cent, also fast einem Euro für genau nichts, ist für den Nobelbäcker garantiert ein gutes Geschäft – und für seine Kundschaft mit Sicherheit ein ziemlich schlechtes.

Ein Schelm, wer Böses denkt

Bei Joseph brachte uns aber nicht nur die Lässigkeit, mit der hier konsequent weniger Brot für mehr Geld verkauft wird, auf die ­Palme, sondern auch die seltsame Preisauszeichnung. So erfahren die ­Kunden zwar auf einem Aushang, was die jeweiligen Brote kosten, aber nicht, wie schwer sie sind. Wer es genau wissen will, muss beim Verkaufspersonal nachfragen. Oder die winzige Werbebroschüre studieren, die, wenn man Glück hat, in allen Filialen aufliegt. Dort ist das Gewicht der angebotenen Brote aufgelistet. Dafür fehlen ­wiederum die Preisangaben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ...

Tabelle: Ersparnis/Verlust

Kein Groscherlgeschäft!

In unserer Übersichtstabelle haben wir für Sie aufgelistet, wie viel Geld wir beim jeweiligen Bäcker beim Broteinkauf sparen konnten bzw. wie hoch unser Verlust war. Die Bandbreite ist erstaunlich groß. In Wien reicht die Gewinnzone von 0 bis 44 Cent, in Innsbruck beträgt die Spanne 3 bis 46 Cent zugunsten des Kunden. Genauso gut kann man aber auch draufzahlen. In Wien wurden uns für die untergejubelten untergewichtige Brote zwischen 1 und 87 Cent zu viel abgenommen. In Innsbruck hielten sich mit maximal 6 Cent die Verluste dagegen in Grenzen. Kaum zu glauben, aber wahr: Ausgerechnet bei den teuren Nobelbäckern ist für die Kunden die Gefahr, draufzuzahlen, am größten. Selbst wenn es oft nur um g­eringe Cent-Beträge geht: Auch Kleinvieh macht Mist. Und über die Jahre kann das ganz schön ins Geld gehen, in die eine wie in die andere Richtung.

Abgewogen und ausgerechnet

Wie viel Geld wir beim Broteinkauf erspart haben (+) oder noch drauflegen mussten (-).

Wien

Bäckerei Abwiegen Ganzes Brot Halbes Brot
Anker wiegt eher ab +4 bis + 23 Cent +0 bis +2 Cent
Bäckerei Schwarz wiegt nicht ab -2 bis +28 Cent -8 bis +12 Cent
Billa wiegt nicht ab +1 bis +5 Cent -4 bis -17 Cent
denn's wiegt eher nicht ab -14 bis -55 Cent -5 bis -33 Cent
Felber wiegt eher ab -2 bis +20 Cent -6 bis 0 Cent
Gradwohl wiegt nicht ab 0 bis +12 Cent -6 bis +10 Cent
Gragger wiegt nicht ab -22 bis +44 Cent -8 bis +43 Cent
Interspar wiegt ab -8 bis 0 Cent 0 Cent
Joseph wiegt nicht ab -20 bis -41 Cent -14 bis -87 Cent
Mann wiegt eher ab +6 bis +16 Cent 0 bis +25 Cent
Merkur wiegt ab -4 bis 0 Cent -1 bis 0 Cent
Ströck wiegt nicht ab +10 bis +17 Cent +4 bis +27 Cent

Innsbruck

Bäckerei Abwiegen Ganzes Brot Halbes Brot
Baquette wiegt nicht ab +3 bis +28 Cent -6 bis +21 Cent
Der Bäcker Ruetz  wiegt nicht ab +22 bis +27 Cent +15 bis +46 Cent
Die Brotbuben wiegt nicht ab +6 bis +17 Cent +3 bis +5 Cent

 

Zusammenfassung

  • Vorgesorgt. Viele Bäcker sind beim Portionieren des Brotteigs großzügig. Das bedeutet mehr Gewicht beim fertigen und meist auch beim halben Brotlaib.
  • Aufgewogen. Auch wenn es Kunden stört, dass Brot in vielen Filialen nicht auf die Waage kommt: Die meisten Konsumenten erleiden dadurch keinen finanziellen Verlust, im Gegenteil.
  • Abgeräumt. Bei Nobelbäckern gibt es praktisch immer untergewichtige Brote, dafür aber zum vollen Preis, wie unsere Erhebung zeigt. Bei rund 6,50 Euro pro Kilo machen die Bäcker damit ein gutes Geschäft, während die Kunden für Luft zahlen.
  • Eingefordert. Kommt Ihnen beim Einkauf ein halber Laib verdächtig klein vor, verlangen Sie, dass das Brot abgewogen und nach dem tatsächlichen Gewicht verrechnet wird.

Untersuchungskriterien

Bei 12 Wiener Bäckern bzw. Supermärkten und 3 Innsbrucker Bäckereibetrieben wurde, soweit vorhanden, immer ein ganzer Brotlaib und ein halber frisch aufgeschnittener gekauft. Gab es keinen frisch aufgeschnittenen Brotlaib, wurde ein vorverpackter genommen. Gab es keinen ganzen Laib, wurde nur ein halber gekauft. Für den Broteinkauf wurden die ausgewählten Geschäfte jeweils drei Mal besucht. Nach jedem Einkauf wurden die Brote abgewogen; anhand des Gewichts wurde der Preis berechnet und dem tatsächlich bezahlten Preis gegenübergestellt. Die Differenzen nach oben bzw. unten wurden sowohl in Prozent als auch in Cent ermittelt. Während des Einkaufs wurde darauf geachtet, ob es in der Filiale eine Waage gab, ob die Ware vor dem Verkauf abgewogen wurde und ob das eventuell ermittelte Gewicht für den Kunden sichtbar war. Außerdem wurde die Preisauszeichnug überprüft bzw. vermerkt, wenn sie in einem Geschäft nur unvollständig war oder überhaupt fehlte.

Durchgeführt wurde die Untersuchung im März 2016.

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