In meinem dritten Blog-Beitrag zum Thema Lärm möchte ich die Problematik von Lärm am Arbeitsplatz beleuchten. Meine beiden vorherigen Beiträge beschäftigen sich mit Lärm allgemein und Baulärm.
Gesetzeslage für Lärm am Arbeitsplatz
Uns muss natürlich bereits bei der Job-Wahl klar sein, dass wir bei einigen Berufen mehr Lärm ausgesetzt sind, als bei anderen. Nichts desto trotz kann es auch im vermeintlich chilligen Büro ganz schön laut werden. Zum Glück hat der Gesetzgeber Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer festgelegt. In diesem Fall sogar europaweit durch die Richtlinie 2003/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (Lärm). Wie es bei EU-Richtlinien so üblich ist, müssen sie in geraumer Zeit im nationalen Recht verankert werden. Daraus entstand im Jahr 2006 die Verordnung Lärm und Vibrationen (VOLV). Ich kann euch sagen, ich habe die VOLV gelesen. Solltest du das auch vorhaben – nimm dir Zeit. Die Grundsatztexte sind zwar verständlich geschrieben, taucht man aber tiefer in die Materie ein, kommen einen kryptische „Wurzel aus“-Formeln für die Berechnung von Schallwerten unter. Richtig toll, für Mathematik-Experten wie mich. Aber keine Sorge, ich habe die interessanten Punkte der Verordnung herausgepickt und etwas weiter unten im Beitrag zusammengefasst.
Neben der VOLV wird man bezüglich gesetzlichen Lärm-Vorschriften auch im Bundesbedienstetengesetz (B-BSG) sowie im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) fündig.
Wie laut darf es am Arbeitsplatz sein?
Ich weiß nicht wie es bei euch ist, aber ich sitze mit 3 Kolleginnen in einem 4er-Büro. Und wir erfüllen das weibliche Klischee, dass wir so gut wie immer den Schlapfen offen haben, zu 100 %. Natürlich geht es ausschließlich um Arbeitsthemen *hust, räusper*. Jedenfalls ist es immer relativ laut. Nicht selten kommt es aber vor, dass jemand von uns konzentriert arbeiten muss. Mittlerweile haben wir den Deal gemacht, dass wir versuchen zu gewissen Tageszeiten ruhig zu sein oder den anderen zu sagen „Hey Leute, ich brauche mal Ruhe, bitte leiser reden oder draußen besprechen.“ Und das funktioniert so weit so gut.
Jetzt kommt es natürlich auch vor, dass nicht die lieben Kollegen, sondern andere äußere Einflüsse den Schallpegel am Arbeitsplatz erhöhen. Die VOLV sieht dabei Grenzwerte vor, in deren Rahmen wir uns als Mitarbeiter bewegen können.
Diese Grenzwerte für Lärm am Arbeitsplatz dürfen in bestimmten Räumen laut § 5 Abs. 1 VOLV nicht überschritten werden:
- 50 dB in Räumen, in denen überwiegend geistige Tätigkeiten ausgeführt werden
- 65 dB in Räumen, in denen einfache Bürotätigkeiten oder vergleichbare Tätigkeiten ausgeführt werden
- 50 dB ortsbezogen, in Aufenthalts- und Bereitschaftsräumen, Sanitätsräumen und Wohnräumen, wobei Geräusche, die durch Personen im Raum verursacht werden, nicht einzubeziehen sind.
Eine Übersicht, welche typischen Geräusche wie laut (in dB) sind, findest du in meinem Blog-Beitrag zum Thema Lärm allgemein.
Wenn’s zu laut wird …
- Werden dauerhaft 80 dB (bezogen auf 8 Stunden) bzw. 135 dB Spitzenwert am Arbeitsplatz überschritten, ist eine Gesundheitsgefährdung für das Gehör nicht auszuschließen.
- Werden 85 dB (bezogen auf 8 Stunden) bzw. 137 dB Spitzenwert überschritten, besteht eine statistische Relevanz für eine Gehörgefährdung.
Laut ArbeitnehmerInnenschutzgesetz muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hier einen Gehörschutz zur Verfügung stellen. Sind Arbeitnehmer einer gesundheitsgefährdenden Lärmeinwirkung ausgesetzt, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass sich betroffene Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung der Hörfähigkeit unterziehen lassen. Ist der Lärm nur vorübergehend, kommen auch organisatorische Maßnahmen infrage. Beispielsweise eine Änderung der Arbeitszeiten, Arbeitsunterbrechungen oder das Einrichten eines vorübergehenden Besprechungszimmers weiter weg von der Schallquelle. Auch Containerboxen an einem ruhigen Ort sind eine Möglichkeit. Huiii, wie heimelig… Ich hoffe das brauche ich nie.
Ihr seht, Lärm ist ein ernstes Thema. Der Arbeitgeber sollte das Problem nicht ignorieren, sonst kann das Arbeitsinspektorat eingreifen und im Extremfall das Weiterarbeiten verbieten. Vielleicht denkst du jetzt „Na gut, dann bleibe ich einfach von der Arbeit daheim.“ Das ist jedoch (je nachdem wie gut du es dir mit deinem Chef stehst) keine gute Idee. Das Fernbleiben vom Arbeitsplatz machst du auf dein eigenes Risiko. Nur in wirklichen Extremfällen kann das gerechtfertigt sein. Auch wichtig zu wissen: Der Arbeitgeber darf jedoch keinesfalls seinen Mitarbeitern die Schuld für eine sinkende Arbeitsleistung geben, wenn diese erhöhtem Lärm ausgesetzt sind. Na dann …
Empfindest du den Lärm in deinem Büro als zu laut, kannst du eine Lärmmessung beantragen lassen. Sollte evaluiert werden, dass der Geräuschpegel tatsächlich überschritten wird, muss der Arbeitgeber Schallschutzmaßnahmen vornehmen. Laut Arbeitsverfassungsgesetz sind Arbeitgeber verpflichtet Betriebsräte über Grenzwertüberschreitungen zu informieren und die Messergebnisse auszuhändigen.
Lärm als Berufskrankheit
Dass Lärm krank macht habe ich bereits in meinem ersten Beitrag behandelt. Nun geht es aber um Lärm am Arbeitsplatz. Zu viele gesundheitsschädigende Einflüsse oder Überlastungen können auf Dauer zu einer Berufskrankheit werden. Und jetzt ratet mal, was die Berufskrankheit Nr. 1 in Österreich ist? Richtig: Lärmschwerhörigkeit. Das erklärt jetzt auch warum mein Papa und mein Opa nie auf Mama und Oma hören, wenn sie ihnen etwas auftragen. Muss doch am jahrelang ausgesetzten lauten Schall am Arbeitsplatz liegen, oder? Die Armen …
Zurück zu Lärm als Berufskrankheit. Die aktuell letzten Studienwerte der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zeigen, dass die Lärmschwerhörigkeit mit großem Abstand vor den weiteren beruflich bedingten Krankheiten liegt.
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