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Videoschnittprogramme - Probieren und studieren

  • Nur Übung macht den Meister
  • Lernaufwand aber unterschiedlich hoch
  • Für den Erstversuch genügen die Gratisprogramme
  • Früher hat man das Rohmaterial eines Films nicht in Minuten, sondern in Metern gemessen. Die Regielegende Francis Ford Coppola hat bei den Dreharbeiten zu „Apocalypse Now“ 600.000 Meter „verschossen“. Für die Kinofassung fiel mehr als die Hälfte davon den Schnittscheren zum Opfer, was die Spieldauer von fünfeinhalb auf zweieinhalb Stunden reduzierte.

    Zielgruppe im Auge behalten

    Nun hat das filmische Schaffen eines ­Videoamateurs zwar wenig mit einer Hollywoodproduktion zu tun. Da wie dort gilt jedoch, dass man zugunsten der Gesamtqualität beim Schneiden des Rohmaterials großzügig vorgehen und die Zielgruppe des Films im Auge haben sollte. Im Fall des ­Privatvideos stellt sich die Frage, ob es eine Erinnerung für die Dabeigewesenen sein soll oder ein „Werbefilm“ für die Daheimgebliebenen. Entsprechend unterschiedlich müssen die Informationen sein.

    Professionelle Möglichkeiten für weniger als 100 Euro

    Das ist die inhaltliche Seite des Video­schnitts, wobei natürlich noch die künst­lerisch-gestalterische Ebene hinzukommt. Nicht weniger kompliziert ist die tech­nische Seite. Grundsätzlich bieten die aktuellen Videoschnittprogramme schon für weniger als 100 Euro professionelle Möglichkeiten. Um diese auszuschöpfen, muss man allerdings regelmäßig üben, sonst ­beherrscht man sie nicht bzw. passieren Fehler.

    Mit welchem Programm man arbeitet, ist an sich zweitrangig, denn erlernen muss man den Umgang auf jeden Fall. Und wenn ein Hersteller auf ein anderes Bedienkonzept setzt, dann werden dies nur Umsteiger bemerken, nicht aber Neueinsteiger.

    Selbsterklärend

    Trotzdem gibt es bei näherer Betrachtung Produkte, die es den Benutzern etwas einfacher machen als der Rest, indem sie ­einen großen Funktionsumfang mit vertretbarem Lernaufwand koppeln und weniger oft Handbuch und Hilfefunktion erfordern. Im Test waren dies Adobe Premiere Elements 7, Magix Video deluxe 15 Plus und Pinnacle Studio Plus version 12.

    Zeitaufwendiges Hobby

    Wer noch nicht sicher ist, ob der zeitaufwendige Videoschnitt (Faustregel: eine Stunde Bearbeitungszeit pro Minute fertiger Film) überhaupt das richtige Hobby ist, kann sich fürs Erste aber auch an den kostenlos mit den Betriebssystemen mitgelieferten Programmen Microsoft Movie Maker HD (Windows Vista Home Premium) bzw. iMovie (Mac OS X) versuchen. Ihre Basisfunktionen reichen zum Hineinschnuppern aus. iMovie zählt übrigens (gemeinsam mit den kostenpflichtigen Apple Final Cut Express 4.0 und Sony Vegas Movie Studio Platinum 9.0) zu ­jenen Programmen, die mit einem anderen Konzept aus der Reihe tanzen. In diesem Fall ist keine Brennmöglichkeit für DVDs integ­riert, deren Erstellung kann nur über ein zweites, im jeweiligen Betriebssystem aber enthaltenes Programm erfolgen.

    Gängige Brennprogramme als Alternative

    Eine preiswerte Alternative zu den Kaufprogrammen sind theoretisch die gängigen Brennprogramme Nero 9 und Roxio WinOnCD 2009. Allerdings sind hier die Schnittmöglichkeiten auf ein Minimum ­reduziert und die Bedienung ist ziemlich umständlich. Besonders bei Nero 9 hat man verschiedene Programmteile zusammengestellt, ohne sie mit einer einheitlichen Benutzeroberfläche zu verschmelzen.

    Abwarten bei HD

    Im Allgemeinen wenig überzeugend ist das Schneiden von hochaufgelöstem Video­material, obwohl bereits seit einigen Jahren Digitalcamcorder mit HD-Qualität auf dem Markt sind. Sie liefern die bei größeren Flachbild-TV-Geräten übliche Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten. Nach dem verwendeten Videoformat werden sie AVCHD-Camcorder genannt (Advanced Video ­Codec High Definition = fortgeschrittener Videostandard hoher Auflösung), nicht zu verwechseln mit HDV-­Camcordern, die auf miniDV-Bändern aufzeichnen. Das ­Problem dabei: Keines der ­geprüften Schnittprogramme kann AVCHD direkt verarbeiten, sie wandeln es von MPEG4 (Blu-ray-Disc, AVC oder H.264) in das ältere Format MPEG2 (DVD) um. Dies ermöglicht ­eine genauere und schnellere Bearbeitung.

    Für einen Umstieg noch zu früh

    Wenn man den Film danach auf DVD brennt, spielt das keine Rolle, weil eine herkömm­liche DVD die Detailschärfe des HD-Mate­rials ohnehin nicht wiedergeben kann. Will man echte HD-Qualität erhalten, benötigt man dazu eine Blu-ray-Disc sowie das passende Schnittprogramm und einen geeig­neten Brenner. Muss das geschnittene Videomaterial in ein anderes Format umgerechnet werden, nimmt das selbst auf leis­tungsfähigen Rechnern sehr viel Zeit in ­Anspruch. Oft leidet darunter auch die Bildqualität. Fazit: Noch ist es für einen Umstieg auf High Definition zu früh. Es empfiehlt sich, die Entwicklungen der kommenden ein bis zwei Jahre abzuwarten.

    Für Fortgeschrittene: Bildverbesserung

    Verwackelte, fehlbelichtete oder falsch­farbige Aufnahmen müssen nicht in jedem Fall hingenommen werden. Manche Programme korrigieren solche Fehler auto­matisch, allerdings gelang dies nur mit Pinnacle Studio Plus version 12 einiger­maßen überzeugend. Bei einem zweiten Versuch mit manueller Einstellung legte Pinnacle sogar noch zu. Mit etwas Abstand folgten dann Apple Final Cut Express 4.0, Magix ­Video deluxe 15 Plus und Sony ­Vegas Movie Studio Platinum 9.0.

    Tabelle: Videoschnittprogramme

    EDIUS Neo 2

    Für alle, die sich intensiv mit dem Videoschnitt beschäftigen möchten, bietet sich als Alternative auch das sehr vielseitige Programm EDIUS Neo 2 der Firma grass valley an (ca. 180 Euro). Es ist für die Bearbeitung von AVCHD geeignet, wobei die Datei hier ins AVI-Format umgerechnet wird. Der Speicherbedarf ist sehr hoch, die Qualität der Umwandlung aber gut, und es ­kommen auch ältere PCs damit zurecht. Der große Wermutstropfen: Bisher gibt es lediglich eine englischsprachige Anleitung zum Selberausdrucken, die 600 Seiten umfasst.

    Upgrade: iMovie ´09

    In der Nachfolgeversion von iMovie bietet Apple zahlreiche Verbesserungen wie den „Präzisions-Editor“, mit dessen Hilfe man besonders genau schneiden kann. Mit der Version ’09 können jetzt auch direkt im Schnittprogramm Kapitelmarken für die spätere DVD gesetzt werden. Neue Funktionen sind weiters die Stabilisierung verwackelter Videoclips oder der Effekt „Greenscreen“, der unter bestimmten Voraussetzungen das Einfügen von Personen in ein anderes Video ermöglicht. Ausgebaut wurde auch die Effekte-Sammlung. iMovie ’09 ist Bestandteil der Programmsammlung iLife ’09 und wird mit jedem Apple-Computer mitgeliefert. Für Benutzer der Version ’08 lohnt sich das kostenpflichtige Upgrade (79 Euro).

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    Ergänzung 

    Zum Programm Edius Neo 2 ist anzumerken, dass dieses nunmehr als vollfunktionierende deutsche Testversion (30 Tage) heruntergeladen werden kann (250 MB) und nach dem Entzippen im Installationsordner auch ein deutsches Handbuch als PDF vorliegt.

    Erwin Gasser
    E-Mail
    (aus Konsument 10/2009)

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