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Stromherkunft - Im Spannungsfeld

Wie grün ist der Strom, den wir geliefert bekommen, wirklich? Wir geben Antwort.

Das Umweltbewusstsein der Österreicher steigt stetig, und ein großer Teil der Bevölkerung ist bereit, für ein nachhaltiges Produkt tiefer in die Tasche zu greifen. Ein solches Umdenken geht auch an den Anbietern von Strom nicht spurlos vorüber und so kam es, dass jene Produkte am Markt immer präsenter wurden, die dem Kunden die heile Welt des grünen Stromlieferanten vorgaukeln.

Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar "Strom- und Gasmarkt: Keine Bindung für Lieferanten?"

Mythos vom elektrifizierten SaubermannCartoon Strommarkt (Bild: Pitter)

Es stellt sich allerdings die Frage, wo der zusätzliche saubere Strom herkommt, wenn nur wenige Anlagen neu gebaut werden, die ihn produzieren könnten. Wer stellt also sicher, dass der Kunde auch jenes nachhaltige Produkt erhält, für das er bezahlt? Wir haben die wichtigsten Antworten zum Thema "grüner Strom" zusammengefasst und räumen mit dem Mythos des elektrifizierten Saubermanns auf.

Wann spricht man eigentlich von Ökostrom?

Von Ökostrom oder grünem Strom sprechen wir, wenn die elektrische Energie ausschließlich aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wird. Dazu zählen Wind, Sonne, Erdwärme, Biomasse und Wasserkraft sowie exotischere Energieträger wie Wellen- und Gezeitenenergie, Deponie-, Klär- und Biogas.

Mein Anbieter verspricht mir 100 % Strom aus regenerativen Quellen. Darf ich mich auf diese Aussage verlassen?

Leider nicht immer. Nicht in allen angebotenen Ökostrom-Produkten ist auch tatsächlich nur Ökostrom drinnen. Viele Stromanbieter in Österreich haben Strom aus fossilen Energieträgern und auch Atomstrom in ihrem Mix. Der angegebene Anteil wird allerdings durch Tricks gering gehalten. Ist die Herkunft des Stroms nicht eindeutig eruierbar, wird er mit dem Kürzel "ENTSO-E Mix" gekennzeichnet. Im Jahr 2010 setzte sich dieser aus 16,94 % Wasserkraft, 48,92 % fossilen Energie­trägern, 26,61 % nuklearer Energie, 7,21 % sonstiger erneuerbarer Energie und 0,32 % anderer Energie zusammen.

Zertifikate, Kleingedrucktes

Was sind sogenannte Strom-Zertifikate?

Unternehmen, die Strom aus erneuerbarer Energie herstellen, können sich dafür Zertifikate ausstellen lassen, mit denen sie handeln dürfen. Das in Europa bekannteste Zertifi­kate-System heißt RECS (Renewable Energy Certificate System). Der Haken dabei: Ein ­solches Zertifikat darf auch ohne den dazugehörenden Strom verkauft werden. Das heißt, ein Stromanbieter kauft sich von einem anderen ein Zertifikat und darf fortan behaupten, grünen Strom im Portfolio zu haben. So kann ungeliebter Atomstrom auf einfache Art und Weise grüngewaschen werden – klassischer Etikettenschwindel.

Wieso kann ein Anbieter mit Ökostrom werben, wenn er gleichzeitig nukleare und fossile Energieträger verwendet?

Wenn sich ein Kunde ausschließlich Ökostrom wünscht, so wird bei einem anderen Kunden der Anteil an Ökostrom reduziert. In der Regel ist es die Industrie, die dann den Atomstrom geliefert bzw. verrechnet bekommt, da Unternehmen meist auf den Preis und weniger auf die Herkunft des Stroms achten. Selbstverständlich funktioniert das nur in der Theorie und auf dem Papier, da sich Atomstrom nicht von grünem Strom trennen lässt. Den Stromanbietern gibt es aber die Möglichkeit, dem Kunden verschiedene Produkte anbieten zu können.

Woran kann ich erkennen, dass es sich nicht um reinen Ökostrom handelt?

Was der Anbieter in schön aufbereiteten ­Tabellen und Grafiken bewirbt, ist die eine Seite der Medaille. Aus welchen Quellen der Stromlieferant seine Kapazitäten aber tatsächlich bezieht, ist die andere. Das ist nämlich nicht an bunten Kreisen und Balken ersichtlich, sondern muss meist mühsam im Kleingedruckten recherchiert werden. Dort findet der Kunde die Auflistung der eingesetzten Energieträger. Die Aufsichtsbehörde E-Control eruiert den Gesamtmix der von den Anbietern genutzten Energiequellen und ­dieser muss auch von den Stromanbietern auf der Jahresrechnung angeführt werden. So bekommt der Kunde eine Übersicht, mit welcher Art von Energieträgern gearbeitet und gehandelt wird.

Anbieter, Kriterien, Sinnhaftigkeit

Wer bietet echten Ökostrom und woran ist das ersichtlich?

Österreich hat in diesem Bereich eine echte Vorreiterrolle inne. Hierzulande werden Tarifmodelle bzw. Stromprodukte von drei Ökostromhändlern, die zur Gänze aus erneuer­baren Energieträgern stammen, mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert. Durch die strengen Vorgaben des Umwelt­zeichens wird verhindert, dass es zu einer Vermischung mit nicht erneuerbaren Energieträgern kommt. Klare Definitionen und transparente Kriterien garantieren eine ordnungsgemäße Herkunft. In Österreich sind derzeit die oekostrom Vertriebs GmbH, AAE Naturstrom Vertrieb GmbH und die Naturkraft Energievertriebsgesellschaft m.b.H. mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet.

Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Anbieter das Österreichische Umweltzeichen erhalten?

Nebst der Tatsache, dass der Strom nur aus erneuerbaren Energieträgern gewonnen werden darf, müssen die Anbieter zusätzlich bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Der angebotene Strom muss zumindest ein Prozent aus Photovoltaik beinhalten. Der Ökostrom im Portfolio muss zu mindestens zehn Prozent in Anlagen produziert werden, die nicht älter als zehn Jahre sind oder in den letzten zehn Jahren erneuert wurden. Damit der grüne Strom auch wirtschaftlich interessant ist – also preisgünstig angeboten werden kann –, darf ein großer Anteil an Strom aus Wasserkraft verwendet werden, der jedoch aus ökologisch vorbildlichen Kraftwerken stammen muss. Und zuletzt muss der Ökostromhändler seine Stromeinkaufs- und Verkaufsbilanzen jährlich von ­einem unabhängigen Gutachter prüfen lassen, denn nur so können alle Energieträger eindeutig den jeweiligen Tarifmodellen zu­geordnet werden.

Wieso rentiert es sich überhaupt, Ökostrom zu kaufen, obwohl aus der Steckdose stets derselbe Strom kommt?

Es ist das Prinzip von Angebot und Nach­frage, das der Umwelt letztlich doch zugute kommt. Denn je mehr Stromkunden auf Anbieter von erneuerbaren Energien zurückgreifen, desto mehr Ökostrom muss ins Netz eingespeist werden. Jeder Ökostrom-Kunde macht das Netz ein wenig grüner. Aber das gilt nur, wenn es sich garantiert um grünen Strom handelt – ohne Etikettenschwindel.

Zusammenfassung

  • Umweltzeichen. Nur das Umweltzeichen garantiert Ihnen Strom aus nachhaltigen Quellen. Es gibt in Österreich kein weiteres unabhängiges und seriöses Label. Weiter­führende Infos zu den Anbietern finden Sie unter www.umweltzeichen.at.
  • Kleingedrucktes. Bunte Grafiken und Tabellen sind plakativ, aber sie lenken leicht von den realen Stromquellen ab. Die Anbieter sind verpflichtet, ihre Quellen anzugeben – aber das machen sie meist nur im Kleingedruckten.
  • Öko lohnt sich. Langfristig kann sich ein Wechsel zu Ökostrom-Anbietern durchaus auch finanziell lohnen, da sie von den stark schwankenden Ölpreisen weitgehend unabhängig sind. Anbieter mit Umweltzeichen: www.oekostrom.at, www.aae.at, www.naturkraft.at.
  • Anbieterwechsel. Durch die Liberalisierung dürfen Sie – sofern Sie sich nicht auf einen bestimmten Zeitraum verpflichtet haben – jederzeit den Anbieter wechseln. Nach Tariferhöhungen ist ein Wechsel auch bei Vertragsbindung möglich. Weitere Hinweise zum Wechsel finden Sie unter www.e-control.at.
  • Versteckte Kosten. Der billigste Anbieter ist nicht immer der günstigste. Achten Sie bei Angeboten auf versteckte Kosten und einmalige Bonuszahlungen

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