Gefrierpunkt stimmt nicht immer
Fast jeder Autofahrer hat das schon einmal erlebt: Winterliche Schneefahrbahn entweder knapp um den Gefrierpunkt oder nach der Salzstreuung, Matsch vom Fahrzeug davor auf der Windschutzscheibe, man betätigt die Scheibenwaschanlage und das Wasser zieht eisige Schlieren über die gesamte Windschutzscheibe. Folge: Blindflug – und das oft mit fatalen Folgen. Schlechte Sicht ist die Hauptursache für Unfälle im Winter.
Es kann auch passieren, dass sich gar nichts tut beim Betätigen der Scheibenwaschanlage. Wenn sie nämlich eingefroren ist und Sie sich wundern, weil Sie meinen, eigentlich ausreichend Scheibenfrostschutzmittel eingefüllt zu haben. Grund: Bei manchen Frostschutzmitteln stimmt – wie unser Test zeigt – der angegebene Gefrierpunkt nicht.
Methanol und chlorierte Kohlenwasserstoffe
Gefrierpunkt, Methanolgehalt und chlorierte Kohlenwasserstoffe (CKW´s) waren die Hauptkriterien unseres Kurztests. Da Scheibenfrostschutzmittel Saisonware ist, konnten wir aus Zeitgründen nicht alle Untersuchungen durchführen, die für ein Testurteil notwendig gewesen wären. Um es klar zu sagen: Reinigungswirkung und Materialverträglichkeit haben wir nicht untersucht. Wir haben die Produkte daher in zwei Gruppen geteilt. Jene, die unseren Anforderungen entsprochen haben, erfüllen zwei wesentliche Kriterien: Sie halten den angegebenen Gefrierpunkt auch bei einer Verdünnung mit Wasser relativ genau ein. Und sie enthalten weniger als 50 mg/l Methanol.
Mit giftigem Methanol
Das Senken des Gefrierpunkts auf bis zu minus 70 Grad wird hauptsächlich durch die Zugabe von Alkohol erreicht. Bei den meisten Fahrzeugen befindet sich die Frischluftzufuhr direkt unter der Windschutzscheibe. Dadurch dringt der Geruch des Mittels deutlich riechbar ins Innere des Fahrzeugs. Es wird vorwiegend Ethanol (auch Äthylalkohol) in Form von Weingeist oder Spiritus eingesetzt. Zu unserer Überraschung enthielten vier der getesteten Produkte einen deutlich über 50 mg/l liegenden Anteil des giftigen Methanols (Methylalkohol).
Konsumenten getäuscht
Bemerkenswert ist, dass drei vom Autoersatzteile-Händler Forstinger vertriebene Scheibenfrostschutzmittel zu viel Methanol enthielten. In der Marke „5plus“ konnten wir darüber hinaus auch noch 6,8 mg/Liter des chlorierten Kohlenwasserstoffs Dichlormethan, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein, nachweisen. Negativer Spitzenreiter ist „berachemie“: Neben dem höchsten Methanolgehalt (obwohl auf der Verpackung „Methanol-frei“ steht) weicht hier der angegebene Gefrierpunkt um sieben Grad ab, dabei ist das Produkt eines der teuersten!
Scheibenfrostschutzmittel werden entweder in gebrauchsfertigen Verdünnungen angeboten oder in Konzentraten, die man selbst in der Waschanlage mit Wasser mischen kann. Dabei gibt es zwei Haken: Zum einen sind die Mittel oft nicht linear verdünnbar. Das heißt: Wenn man eine Substanz, die Frostschutz bis –70 Grad garantiert, 1:1 verdünnt, ergibt das nicht unbedingt einen Frostschutz von –35 Grad, sondern z. B. von –25 Grad. Zum anderen gibt es erstaunliche Unterschiede zwischen den Angaben auf den Gebinden und dem tatsächlichen Gefrierpunkt.
Konzentrate selten billiger
Wir haben bei Konzentraten den Literpreis im Vergleich zu verdünnten, also gebrauchsfertigen Scheibenfrostschutzmitteln ausgerechnet und sind auch hier zu einem überraschenden Ergebnis gekommen: Konzentrate sind selten billiger. Ausnahme ist das nicht mehr im Handel befindliche Sonderangebot „Vertrieb chemischer Produkte“ im Penny-Markt mit 0,60 Euro pro Liter. Tipp: Es ist auf jeden Fall sinnvoll, bei Konzentraten den Literpreis für den erwünschten Gefrierpunkt auszurechnen.
.