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Auto-Assistenzsysteme - Autopilot an Bord

Eigentlich fährt das Auto seit Jahrzehnten ziemlich problemlos, die längste Zeit davon auch noch ohne Elektronik. Heute, da immer mehr Elektronik zur Verfügung steht, will diese auch im Auto angewendet werden. Die Sinnhaftigkeit von Antiblockiersystemen, Stabilitätsprogrammen, jeglicher Art von Schleuderkontrolle und Airbags wird wohl niemand infrage stellen.

Sind sie das Geld auch wert?

Darüber hinaus beginnen aber schon die Zweifel. Wie weit bringen elektronische Systeme, die etwa dem Komfort dienen, womöglich mehr Ablenkung für den Fahrer als Sicherheitsgewinn? Funktionieren sie überhaupt ausreichend verlässlich, dass sie eine Hilfe darstellen? Sind sie das Geld, das sie zusätzlich kosten, auch wert?

ABS und ESP verpflichtend

Die ersten Assistenzsysteme tauchten Mitte der 1980er-Jahre auf. Es handelte sich überwiegend um Einrichtungen, welche die aktive Sicherheit des Fahrzeugs unmittelbar erhöhen sollten: zuerst das Antiblockiersystem (ABS), bald auch Fahrdynamiksysteme wie das ESP (= Elektronisches Stabilitäts-Programm). 2004 haben sich die europäischen Autohersteller verpflichtet, nur mehr Pkw mit ABS anzubieten.

Seit 1. November 2011 gilt für Pkw-Modelle, die neu typisiert werden, auch ESP-Pflicht; somit kann es noch mehrere Jahre dauern, bis tatsächlich keine Pkw ohne ESP mehr in den Auslagen stehen. Derzeit findet man am Markt noch etliche Modelle, die nicht mit ESP erhältlich sind, auch nicht gegen Aufpreis.

Fahrzeugumfeld-Beobachtung

Fahrzeugumfeld-Beobachtung

Ein neues Kapitel wird nun mit jenen Assistenzsystemen aufgeschlagen, die im weiteren Sinn auf Fahrzeugumfeld-Beobachtung basieren. Recht verlockend lauern die elektronischen Helfer in den Listen der Aufpreis-Extras und warten darauf, von uns angekreuzt zu werden. All diese Einrichtungen sind bereits konkrete Vorboten eines künftigen hochautomatisierten und langfristig vielleicht sogar vollautomatisierten Verkehrs.

Spurverlassenswarnung und adaptiver Tempomat

Schon die Kombination Spurverlassenswarnung und adaptiver Tempomat enthält im Grunde bereits die gesamte Technik, um ein Auto automatisch im Konvoi von Wien nach Graz fahren zu lassen. Allerdings haben erst wenige Menschen bereits Erfahrungen damit gemacht, und bei einer kurzen Probefahrt ist es kaum möglich, sich ein schlüssiges Urteil über die Funktionsweise zu bilden.

Vielfältige Aufrüstungsvarianten

Die Varianten der Aufrüstung sind also vielfältig. Was hinter den einzelnen Angeboten wirklich steckt, ist aber nicht immer leicht zu durchschauen, zumal oft mehrere Extras gemeinsam in Paketen angeboten werden, weil sie sich mehr oder weniger sinnvoll ergänzen. Die hier angegebenen Preise sind nur Richtwerte. Sie schwanken stark, je nach Funktionsumfang und Hersteller. In Paketen werden die Assistenzsysteme mitunter günstiger angeboten.

Geschwindigkeitsregelung und Tempomat

Automatische Geschwindigkeitsregelung

300 Euro (Tempomat)

Lässt das Auto immer mit voreingestellter konstanter Geschwindigkeit fahren.

Sehr sinnvolle Einrichtung bei wenig Verkehr und eintöniger Autobahn- oder Schnellstraßenfahrt. Bei gut ausgestatteten Modellen meist serienmäßig.

Aktive Geschwindigkeitsregelung

ab 1.500 Euro (Abstandstempomat)

Eine automatische Geschwindigkeitsregelung, die nicht nur die Geschwindigkeit konstant hält, sondern sie auch dem vorausfahrenden Fahrzeug automatisch anpasst.

Meist sehr teuer, da die Sensorik auf kostspieliger Radarbasis arbeitet. Funktioniert dort am besten, wo man sie eigentlich nicht benötigt, nämlich bei sehr geringem Verkehrsaufkommen. Macht eher Stress im dichten Verkehr. Die darin (nicht immer) enthaltene umfassende Notbremseinrichtung, die auch bei höheren Geschwindigkeiten als 30 km/h arbeitet, ist unumstritten sinnvoll.

Autoassistenzsystem Abstandstempomat (Bild: Daimler) 

Automatische City Notbremse

(serienmäßig z.B. bei einigen Modellen von VW und Volvo)

Unterstützt den Fahrer bei niedrigen Geschwindigkeiten unterhalb von 30 km/h.

Durch einfachere Sensorik (Kamera) billiger als in Kombination mit Abstandsregelung. Übersieht der Fahrer ein Hindernis, bremst das System automatisch ab und sorgt für eine Verringerung der Aufprallgeschwindigkeit; im Idealfall werden Auffahrunfälle so gänzlich vermieden. Sinnvolle Einrichtung, um Kollisionen im unteren Geschwindigkeitsbereich zu verhindern oder deren böse Folgen zumindest zu verringern.

Autoassistenzsystem automatische City-Notbremse (Bild: Bosch) 

 

Abbiegelicht, Kurvenlicht, automatisches Abblenden

Abbiegelicht, Kurvenlicht

ab 500 Euro

Der Scheinwerfer leuchtet in die Kurve hinein.

Es gibt mittlerweile mehrere Möglichkeiten, die Fahrbahn in einer Kurve besser auszuleuchten. Die Systeme beginnen mit einem Zusatzscheinwerfer, der beim Abbiegen aufleuchtet, und reichen bis zu automatisch drehbaren Hauptscheinwerfern, die dem Fahrbahnverlauf folgen und mitunter auch noch automatisch abblenden, wenn Gegenverkehr auftaucht (siehe unten). Absolut sinnvolle Einrichtung, aber je nach Komplexität der Technik oft sehr teuer.

Autoassistenzsystem Kurvenlicht (Bild: Continental) 

 Automatisches Abblenden

200 Euro

Bei Gegenverkehr wird das Fernlicht automatisch abgeblendet und schaltet sich danach wieder ein. In Kombination mit dem Kurvenlicht oder auch als eigenes System.

Hoher Komfort- und Sicherheitsgewinn, bei Autos der unteren Preisklassen aber meist gar nicht erhältlich. Verlangt trotzdem noch Aufmerksamkeit, da es nicht immer perfekt arbeitet. Blendet den Gegenverkehr, wenn man bei Versagen nicht manuell abblendet.

Autoassistenzsystem automatisches Abblenden (Bild: Continental) 

Totwinkelwarnung

1.000 Euro

Automatisches Warnsignal, wenn sich ein Auto im toten Winkel nähert.

Warnt bei Spurwechsel durch akustische und/oder optische Signale. Der Blick in den Rückspiegel und eine kurze Kopfdrehung nach seitlich hinten vor dem Spurwechsel sollte aber ohnehin selbstverständlich sein. Darüber hinaus machen diese Systeme durch Piepsen und Blinken eher Stress.

Autoassistenzsystem Totwinkelassistent (Bild: Continental) 

 

Verkehrszeichenerkennung

750 Euro (Kamerasystem)

Das Fahrzeug erkennt selbstständig gerade aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote und zeigt diese auf der Instrumententafel an.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie das Auto Geschwindigkeitslimits und Überholverbote erkennen kann: einerseits über das Navigationssystem, andererseits über eine Kamera am Fahrzeug, die Verkehrszeichen zu „lesen“ vermag. Auf diese Einrichtungen ist nur bedingt Verlass – etwa, wenn die Daten des Navigationssystems nicht ganz aktuell sind. Sehr oft ist auch die Kamera an Bord nicht in der Lage, das Verkehrszeichen am Straßenrand zu erkennen.

Autoassistenzsystem Verkehrszeichenerkennung (Bild: Continental) 

 

Spurhalteassistent

1.000 Euro

Automatische Warnung beim Verlassen der Fahrspur.

Das System erkennt Bodenmarkierungen (nicht immer) und warnt in der Regel durch Vibrieren des Lenkrads oder des Sitzes. Gefährlich bei missbräuchlicher Verwendung – etwa dann, wenn man sich beim Telefonieren oder anderen ablenkenden Tätigkeiten darauf verlässt.

Autoassistenzsystem Spurwarnung (Bild: Continental) 

Nachtsichtsysteme

2.000 Euro

Helfen in der Nacht und bei dichtem Nebel, Menschen und Tiere leichter zu erkennen.

Sie basieren auf Wärmebild-Kamerasystemen. Nur für Luxusfahrzeuge erhältlich. Kaum praktischer Nutzen, da hohe Ablenkung durch ständigen Blick auf das Display. Intelligentere Systeme auf Wärmebildbasis, die Personen am Straßenrand mit einem Zusatzscheinwerfer direkt anleuchten, erst in Entwicklung.

Autoassistenzsystem Nachtsichtassistent (Bild: Continental) 

Einparkhilfe

500 bis 1.000 Euro

Unterstützung beim Einparken durch Piepsen oder Kamera.

Die Abstandswarnung hinten ist bei jüngeren Autos durchwegs nützlich, wenn nicht sogar notwendig, da die Rundumsicht seit Einführung dieser Systeme tendenziell immer schlechter wird. Rückfahrkamera mit Bildschirmdarstellung nur bei sehr großem Display sinnvoll. Manche Systeme sind sogar in der Lage, automatisch in die Parklücke hinein zu lenken – aber nur, wenn diese deutlich länger ist als das Auto.

Autoassistenzsystem Einparkassistent (Bild: Continental) 

Müdigkeitswarner

1.000 Euro

Ein Symbol am Armaturenbrett, meist in Form einer Kaffeetasse, warnt vor Übermüdung.

Eher fragwürdige Einrichtung, aber manchmal sogar serienmäßig. Wenn dieses Symbol aufleuchtet, sollte man längst eine Pause eingelegt haben (man spürt die Müdigkeit selber nämlich schon viel früher) – oder aufhören zu telefonieren oder mit dem Beifahrer zu streiten, weil es da nämlich auch anschlägt.

Autoassistenzsystem Müdigkeitswarnung (Bild: Continental) 

Leserreaktionen

Probefahrt genügt nicht

Ich hatte Gelegenheit, Mietautos mit diesen Fahrassistenzsystemen länger zu fahren.

  • Adaptiver Tempomat: Die Nutzung erfordert Vertrauen in diese Technik. Erst nach mehrmaligen Autobahnfahrten sowie Staufahrten lernt man diese Funktion sehr zu schätzen. Insbesondere im Stau in der Stadt ist das toll (Automatik vorausgesetzt). Das Auto fährt ganz alleine. Nur nach einem Stillstand von mehr als 10 Sekunden (z.B. Ampel) muss man nur das Gaspedal kurz antippen, um die Funktion wieder zu aktivieren. Problematisch ist diese Funktion im Kreisverkehr, da das vorausfahrende Auto plötzlich aus dem Radarbereich des Systems verschwindet und das Auto abrupt beschleunigt, dito in sehr engen Kurven.
  • Toter-Winkel-Assistent: Blick über die Schulter ist sowieso notwendig. Daher nur beschränkt sinnvoll, vor allem für Vielfahrer.
  • Side assist: Das Rütteln im Lenkrad ist eher störend. Ausnahme sind Systeme, die automatisch gegenlenken. Das ist toll.
  • Automatische Tempolimitanzeige: Meistens ist ein Navi dafür erforderlich.
  • Head-up Display: Vor allem in Verbindung mit den Assistenzsystemen und NAVI toll, aber für Private ein Luxus.

User "zangerleroland"
(aus KONSUMENT 4/2012)

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